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Was bei der Koalition fehlt, ist der politische Wille einen Mindestlohn durchzusetzen

Magdeburg, 01.03.2012

Im Landtag fand eine öffentliche Anhörung zu den Vergabegesetzentwürfen von CDU und SPD sowie der Fraktion DIE LINKE statt.

Zwei Argumentationsfronten hatten sich klar herauskristallisiert und dennoch zeigte die Anhörung zur Einführung eines Vergabegesetzes eines ganz deutlich:  Die Initiative der Fraktion DIE LINKE, einen eigenen Gesetzentwurf für ein neues Vergabegesetz einzubringen, war richtig und wichtig. Seit 2001 besteht in Sachsen-Anhalt ein Regelungsvakuum. Längst wurden in vielen anderen Bundesländern Vergabe- und Tariftreuegesetze eingeführt.
Circa 50 Vertreter von Gewerkschaften, Arbeitsgeberverbänden und Kammern hatten an der Anhörung teilgenommen. Kritik seitens der Arbeitgeber und Wirtschaftsverbände war zu erwarten gewesen -  vor allem bezüglich weitergehender Anforderungen an die Vergabe, zum Beispiel soziale, umweltbezogene und innovative Aspekte in den Auftragsgegenstand einfließen zu lassen. Eine Tariftreuereglung lehnten sie ab. Immer wieder wurde auf die Tarifautonomie und die Rechte von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden verwiesen, Tarifverträge auszuhandeln. Jedoch wurde dabei ausgelassen, dass in Sachsen-Anhalt nur noch ca. 30% der Arbeitnehmer tarifgebunden sind und dieser Anteil auch noch rückläufig ist. Ignoriert wurde auch die Forderung anderer Verbände, dass eine Bindung der Vergabe von Aufträgen an geltende Tarife, das Arbeitnehmerentsendegesetz und eine eventuelle Mindestentlohnung, den Verdrängungswettbewerb über die Lohnkosten verhindern und zu einem Qualitätswettbewerb weiterentwickeln würde.
Die Fraktion DIE LINKE bleibt dabei, dass der öffentliche Auftraggeber hier mit gutem Beispiel voran gehen muss. Bei der Vergabe von Aufträgen muss eine Bindung des Auftragnehmers bei der Entlohnung seiner Angestellten an die im Arbeitnehmerentsendegesetz fixierten Löhne, aber auch für den Fall, dass es für die Branche keinen Tarifvertrag gibt oder der vorgesehene Tarifvertrag unter dem Lohn von 8,50 Euro pro Stunde liegt, an ein Mindestentgelt von 8,50 Euro fixieren. Dieses Mindestentgelt ist mittlerweile in fünf Bundesländern in Vergabegesetzen verankert. Weitere drei Länder planen die Aufnahme eines solches Mindestentgelt.
Enttäuschend blieb im Übrigen das Verhalten der Gewerkschaften und Dachverbände. Trotz inhaltlicher Übereinstimmungen konnte DIE LINKE nicht mit der Unterstützung etwa von ver.di oder dem DGB rechnen. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt war die einzige Gewerkschaft, die sich mit einer ausführlichen Stellungnahme auch zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE geäußert hatte. Trotz der immer wiederkehrenden Forderung von ver.di und dem DGB nach einer Lohnuntergrenze von 8,50 Euro und weitergehender sozialer und umweltbezogener Kriterien, hielten es beide Organisationen nicht für nötig, auf den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE der genau diese Kriterien aufgreift, überhaupt Bezug zu nehmen. Lediglich eine leichte Rüge in Richtung der Koalitionsfraktionen bezüglich fehlender Lohnuntergrenze kam ihnen über die Lippen. Diese Regierungshörigkeit von den Gewerkschaften ist schon bemerkenswert, vor allem vor dem Hintergrund der Diskussionen in anderen Bundesländern.
Von vielen Anzuhörenden wurde zudem bestätigt, dass die Aufnahme von weitergehenden Anforderungen, wie soziale, umweltbezogene und innovative Aspekte richtig ist und einen wichtigen Beitrag hin zu einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung leistet. DIE LINKE sieht sich dabei vor allem bei ihren Forderungen nach Regelungen zur Ausbildungs- und Familienförderung, sowie umweltverträglicher Beschaffung bestätigt.
Letztlich gab es in der Anhörung den klaren Hinweis, dass Mindestlöhne, soziale und ökologische Kriterien durchaus rechtskonform und keine vergabefremden Kriterien sind. Was bei der Koalition fehlt, ist der politische Wille diese Dinge durchzusetzen: Bei der CDU was den Inhalt betrifft, bei der SPD was ihre Durchsetzungskraft betrifft. An dieser Stelle darf man auch mal fragen, wo eigentlich die zuständige CDU-Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff die ganze Zeit steckte. Sie war der Anhörung gänzlich fern geblieben und überhaupt hatten sich die CDU-Reihen stark gelichtet, nachdem Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände ihre Statements losgeworden waren.
Interessant blieb die Einschätzung mehrerer Anzuhörender, dass die von den Koalitionsfraktionen getroffene Regelung zu den Schwellenwerten den größten Teil der zu vergebenden Aufträge von vornherein ausschließt, weil diese unterhalb der geregelten Schwellenwerte liegen. Der Gesetzentwurf der Koalition würde damit seinen eigentlichen Zweck verfehlen und zu einem reinen Nischengesetz werden.
Auf die Vergabestellen zu schimpfen, dass sie schon jetzt nicht an den Bieter mit dem wirtschaftlichsten Angebot vergibt, weil sie nicht in der Lage wäre, dies richtig einzuschätzen, ist seitens der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände eine Scheindebatte. Eine Einschätzung allein nur an dem Preis ist nicht sinnvoll, denn die Vergabestelle muss sich immer gegenüber der Fachaufsicht rechtfertigen, wenn sie nicht an den preisgünstigsten vergibt. Mit zusätzlichen sozialen, umweltbezogenen und innovativen Aspekten im Zusammenhang mit dem Auftrag würde den Vergabestellen schließlich die Möglichkeit gegeben, nicht nur nach dem Preis zu entscheiden.

Jb/km

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