Kein Zurück zu Hartz IV – „Armut per Gesetz“ überwinden – Bürgergelddebatte versachlichen
Eva von Angern, Fraktionsvorsitzende, betont in der heutigen Debatte um die Verschlechterungen beim Bürgergeld:
„Die Proteste gegen Hartz IV waren ein Weckruf. Im Juli 2004 verteilte Andreas Ehrholdt die ersten Handzettel gegen Hartz IV in Magdeburg. Zur ersten Demo kamen 600 Leute. Nur eine Woche später waren es bereits sechstausend, und kurz darauf folgten fünfzehntausend Menschen seinem Aufruf. Ehrholdt traf damit einen Nerv – er wusste, was die Abschaffung der bisherigen Arbeitslosenversicherung für das Leben bedeutete. Vor allem wusste er, dass er der Arbeitslosigkeit nicht mehr entfliehen konnte. Das lag nicht an fehlender Motivation, sondern an fehlenden Arbeitsplätzen.
Die Hartz-IV-Proteste breiteten sich im Sommer 2004 rasch in der gesamten Bundesrepublik aus. Vor allem im Osten, aber auch im Westen, wo ehemalige Kohleregionen unter hohen Arbeitslosenzahlen litten, waren die Einschnitte spürbar. Kippen konnten die Demonstrantinnen die Gesetze nicht, doch der Frust und das Misstrauen gegenüber der Politik wuchsen. Die von SPD und Grünen beschlossenen Hartz-Gesetze markierten einen fundamentalen Einschnitt in die sozialen Sicherungssysteme. Hartz IV schrumpfte die Arbeitslosenversicherung auf das Niveau der Sozialhilfe. Nur noch wer seine Ersparnisse aufbrauchte, den engen Rahmen für die Miete einhielt und Wertanlagen verkaufte, konnte Ansprüche geltend machen – ein Fall auf Null. Wer nicht mittellos sein wollte, war gezwungen, jede verfügbare Arbeit anzunehmen.
Und jetzt kommt es mit der Friedrich Merz noch schlimmer: Eine neue Koalition zwischen Union und SPD wird verhandelt. Aus der Agenda 2010 soll nun die Agenda 2030 werden. Die Antwort auf Sozialabbau ist also noch mehr Sozialabbau. Das Hauptziel dieses erneuten Angriffs von oben ist wieder die soziale Grundsicherung. Über 20 Jahre brauchte die SPD, um sich zumindest rhetorisch von Hartz IV zu distanzieren.
Konkrete Verbesserungen blieben weitgehend aus. Unter der Ampelregierung gab es lediglich eine Inflationsanpassung – 50 Euro mehr im Monat. Bei einer Preissteigerung von 30 Prozent bei Lebensmitteln seit 2021 ist das alles andere als ausreichend. Und dennoch betreibt die CDU monatelange Druckkampagnen gegen diese minimale Erhöhung. Ausgerechnet das Bürgergeld soll jetzt das Sparschwein des öffentlichen Haushalts sein? Spitzenpolitiker der CDU fordern dafür die vollständige Streichung aller Leistungen des Jobcenters für sogenannte Totalverweigerer. Sie verschweigen, dass die Verfassung ein Existenzminimum garantiert und die Menschenwürde unantastbar ist.
Die Angriffe auf die bereits finanziell Abgehängten vergiften den Ton und das gesellschaftliche Klima. Migration und Bürgergeld werden zu Baustellen der Nation erklärt – während dringend benötigte Themen wie Digitalisierung, Bildung, Überalterung und Steuerflucht vernachlässigt werden. Das muss sich ändern!
Für die Linke ist klar: Wir stehen auf der Seite der Arbeitnehmerinnen, der Mieterinnen, der Geflüchteten, der Familien – Wir haben die jungen und die älteren Generationen im Blick. Wir müssen Debatten wieder versachlichen und Regierende müssen verantwortungsvoll handeln. Wir brauchen keinen neuen Angriff auf den Sozialstaat, wir brauchen keine Agenda 2030, sondern eine Agenda sozial! Dazu gehört für Die Linke: Eine deutliche Anhebung des Bürgergeldes und des Mindestlohns. Eine gerechtere Vermögens- und Reichtumsbesteuerung. Ein Ende der Sündenbockrhetorik, die vor allem die Schwächsten trifft. Einen Kurswechsel in den Bundesverhandlungen – weg von neoliberalen Denkweisen hin zu einer Politik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt.“
Magdeburg, 27. März 2025