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Wir brauchen eine Überwindung von Hartz IV – ein neuer Name ändert nichts

Monika Hohmann betont heute in der Diskussion über die Einführung des Bürgergelds und die Folgen für die Menschen in Sachsen-Anhalt:

„Seit 17 Jahren erklären wir als Linke, dass Hartz IV menschenunwürdig und Armut per Gesetz ist. Mit dem Entwurf zum Bürgergeld kann Hartz IV nicht überwunden werden! Folglich bilden die niedrigen Regelleistungen und die Leistungsminderungen charakteristische Kennzeichen des Hartz-IV-Systems. Positiv zu benennen ist, dass bei der Arbeitsvermittlung und beim Neu-Bezug von Grundsicherungsleistungen Erleichterungen für die Leistungsbeziehenden spürbar werden. Dies betrifft insbesondere die Schonfristen bei der Anrechnung von Vermögen, bei der Anerkennung der Wohnkosten und die Weiterbildungsmöglichkeiten. Diese helfen aber nur bestimmten Personengruppen. Doch für eine Vielzahl der Leistungsberechtigen ergeben sich keine spürbaren Verbesserungen. So müssen wir feststellen, dass Langzeiterwerbslose, chronisch Kranke, Bezieher*innen der Erwerbsminderungsrente oder auch Personen mit aufstockenden Leistungsbezug keine hilfreiche Berücksichtigung im Referentenentwurf finden. Dies ist unter Berücksichtigung der aktuellen Zahlen mehr als bedauerlich und zeigt, dass die Überwindung von Hartz IV für Kompromisse und Symbolpolitik einer vermeidlich geeinigten Koalition der Ampel ad acta gelegt wurden.

Es bedarf höhere Leistungsbezüge für unter 18-jährige Kinder und Jugendliche und auf lange Sicht eine bedingungslose Kindergrundsicherung, die nicht auf die Transferleistungen von Familienangehörigen angerechnet werden kann und generell sanktionsfrei ist. Die Aussichten langzeiterwerbsloser Menschen auf eine Erwerbstätigkeit sind insgesamt niedrig und in den vergangenen Jahren gesunken. Es steht daher außer Frage, dass der Markt die Langzeiterwerbslosigkeit und die dadurch bedingte Perspektivlosigkeit der Betroffenen nicht lösen wird.

Neben dem Aspekt der verfehlten Problembehebung ist die Erhöhung der Regelsätze um 50 Euro zwar besser als nichts, aber ist keine Wohltat der Regierung, sondern gleicht lediglich die Inflation dieses Jahres aus. Die bestehende Kleinrechnerei beim Regelsatz geht einfach weiter. Die Erhöhung ist viel zu niedrig und lässt Menschen in Hartz IV bis Januar im Stich. Wir fordern einen Regelsatz von mindestens 687 Euro. Das kleingerechnete Bürgergeld lässt auch immer noch Sanktionen zu. In diesem Fall kann gesagt werden, dass diese nun „Leistungsminderungen“ heißen und die Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2019 einhalten, doch die Charakteristik der „Leistungsminderungen“ ist eindeutig. Neben dem Punkt, dass das Verhängen von Sanktionen auch immer die im Haushalt lebenden Kinder und Jugendlichen unverschuldet betrifft, sind diese menschenunwürdig und die Folgen von Sanktionen wiegen schwer.

Zudem konnte nie die Wirksamkeit der Sanktionen nachgewiesen werden und schon in den Jahren 2006 bis 2008 konnte erkannt werden, dass die erfolgreichen Widerspruchsverfahren gegen Sanktionsbescheide zunahmen. Notwendig ist, dass sich Sachsen-Anhalt für eine sanktionsfreie Grundsicherung mit einer menschenwürdigen Berechnungsgrundlage auf Bundesebene einsetzt. Die Landesregierung sieht zwar keine Bedenken in der Umsetzung der Systemreform und keinen Handlungsbedarf, um den Landkreisen bzw. zuständigen Jobcentern personell, technisch oder infrastrukturell Unterstützung anzubieten; doch die Hilferufe aus den zuständigen Verwaltungsstrukturen sind vorhanden und können nicht ignoriert werden! Die Kommunen beklagen, dass Überlastungen und lange Wartezeiten für Betroffene zustande kommen können, nicht weil der Kreis der Aufstocker:innen sich erweitert, sondern weil den Kommunen Personal und Mittel fehlen, um die steigenden Bedarfe personell sowie finanziell zu decken. Eine Abwälzung der Lösungsfindung auf die zuständigen Mitarbeitenden in den Jobcentern und Landkreisen ist unzulässig. Noch haben wir die Möglichkeit präventiv zu unterstützen, lassen Sie die Menschen nicht allein!“

 

Magdeburg, 13. Oktober 2022