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Wer Integrationsbedingungen verbessern will, muss nicht nur über Unterbringung reden

Zu dem laut Medienberichten angekündigten Vorhaben eines Asylgipfels für Sachsen-Anhalt erklärt die Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik Henriette Quade:

„Die Möglichkeiten für eine Verbesserung der Unterbringung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen und Asylsuchenden gemeinsam mit den Kommunen auszuloten, ist zweifellos richtig. Doch um die Situation für Geflüchtete und die Aufnahmekommunen insgesamt zu verbessern, braucht es aus Sicht der LINKEN drei Dinge:

1. Kommunen und Land müssen endlich ein gemeinsames und verbindliches Konzept zur Unterbringung und sozialen Betreuung von Flüchtlingen und Asylsuchenden entwickeln, das vom politischen Willen der dezentralen Unterbringung in Wohnungen geprägt und geleitet ist. Es entspricht eben nicht der Realität, dass die meisten Betroffenen dezentral untergebracht sind. Im Gegenteil entstehen gerade angesichts der aktuell steigenden Zahlen von Schutzsuchenden überall im Land neue Gemeinschaftsunterkünfte, sind bereits bestehende überfüllt und arbeitet die ZAST an ihren Grenzen. Angesichts dessen ist das Leben von Menschen, die auf Hilfe und Schutz angewiesen sind, zusätzlich erschwert. Der seit knapp zwei Jahren wirksame Erlass des Innenministers zeigt eben nur begrenzte Wirkung und ist letztlich nicht verbindlich. Zu viele Kann- und Soll-Bestimmungen und zu viele und hohe Hürden und Ausschlusskriterien stehen einer gelingenden dezentralen Unterbringung in Wohnungen, Integration und Teilhabe entgegen. Teil eines 'Asylgipfels' muss deshalb unbedingt auch die gemeinsame offene und kritische Evaluation des Erlasses des Innenministers mit verbindlichen Konsequenzen sein. Wie bisher auf die interne Evaluation nach zwei Jahren Gültigkeit hinzuweisen, darf, soll ein Asylgipfel erfolgreich sein, gerade angesichts der aktuellen Entwicklungen nicht weiter die politische Linie der Landesregierung sein.

2. Es müssen deutlich mehr Menschen und Interessengruppen einbezogen werden, als bisher verlautbart. Kommunen und Land sind politisch verantwortlich und zweifellos wichtige Akteure. Wer aber Integrationsbedingungen verbessern will, muss nicht nur über Unterbringung reden, sondern auch über die Möglichkeiten, zu arbeiten, die Sprache zu erlernen und Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Es müssen Betroffene, Migrantenselbstorganisationen, Migrationsfachdienste, Beratungsstellen, Flüchtlingsrat, Wohnungsbauverbände und -genossenschaften, Sozialverbände und möglichst alle Akteurinnen und Akteure der Integrationsarbeit in die Analyse und Positionsentwicklung einbezogen werden.

3. Wir leben und agieren in Zeiten, in denen in Deutschland tausende Menschen unter unterschiedlichen Labeln gegen vermeintliche Überfremdung, angebliche ‚Asylflut‘ und Zuwanderung demonstrieren. Alte und neue Nazis schaffen es teilweise, Zukunfts- und Abstiegsängste und die Entfernung der Politik von Bürgerinnen und Bürgern für sich nutzbar zu machen und Anschlussstellen an gesellschaftliche Debatten und Empfindungen zu finden. Die Zahl der Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte steigt ebenso wie die Zahl der rassistischen Straftaten alarmierend. Nahezu täglich findet bundesweit mindestens eine dezidiert rassistische Kundgebung oder Demonstration statt. Auch in Sachsen-Anhalt gibt es rassistische Mobilisierungen, Stimmungsmache und Übergriffe. Angesichts dessen muss ein Asylgipfel immer auch Rassismus thematisieren und unmissverständlich deutlich machen: Nicht die Asylsuchenden und Flüchtlinge, nicht die Zugewanderten und Eingewanderten sind das Problem.Um Integrationsbedingungen und Teilhabechancen zu verbessern, müssen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit klar als Problem benannt und geächtet werden. Politik und Staat müssen sich der Wirkung ihrer Signale sehr bewusst sein. Wie offen eine Gesellschaft mit Migrantinnen und Migranten umgeht, hängt maßgeblich davon ab, welche Rechte ihnen gegeben werden.


Magdeburg, 16. Dezember 2014