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Untersuchungsausschuss zu Müllentsorgung war so notwendig wie gerechtfertigt

Der 11. Parlamentarische Untersuchungsausschuss wird in der kommenden Landtagssitzung beendet. Dazu erklärt der Obmann der Fraktion André Lüderitz

Der 11. Parlamentarische Untersuchungsausschuss wird in der kommenden Landtagssitzung beendet. Dazu erklärt der Obmann der Fraktion André Lüderitz:

„In seiner fast dreijährigen Arbeit unter Leitung der Vorsitzenden Angelika Hunger (DIE LINKE), führte der von der Koalition nicht gewollte Untersuchungsausschuss 24 Sitzungen durch und vernahm 59 Zeugen. Er konnte nicht wie geplant im Dezember 2010 beendet werden, da CDU und SPD den von der Ausschussvorsitzenden vorgelegten Schlussbericht ablehnten. Die von der CDU erarbeitete Schlussbewertung wurde mit den Stimmen der SPD zum Mehrheitsvotum. Die beiden Oppositionsparteien lehnten dieses ihrerseits ab und erstellten eigene Schlussfolgerungen als Sondervoten. (s. auch Drs. 5/3089)

Das Sondervotum der LINKEN verweist - anders als die Bewertung der CDU - auf die politische Verantwortung der Minister Haseloff und Aeikens nicht zuletzt dafür, dass für das Land Sachsen-Anhalt absehbar allein für Vehlitz und Möckern mehr als 30 Mio. Euro Kosten zur Gefahrenabwehr anfallen werden. Darin nicht mit eingerechnet sind die weiteren Aufwendungen für die geordnete Stilllegung und Rekultivierung beider Tongruben.  

DIE LINKE kann die Auffassung der CDU, es handle sich hier um Einzelfälle, ausdrücklich nicht nachvollziehen. Wie problematisch die Entsorgungspraxis bundesweit ist, zeigen nicht allein die Vorfälle in Sachsen-Anhalt und Brandenburg, sondern auch in Sachsen, wo gerade ein weiterer Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufgenommen hat. Und auch in Sachsen-Anhalt waren sehr unterschiedliche Standorte und Betreiber betroffen, so zum Beispiel in Riestedt, Braunsbedra, Naundorf, Obernessa, Rietzel. Jüngste Problemfälle in Farsleben, Wüst oder Angersdorf zeigen zudem, dass Wiederholungen nicht auszuschließen sind.

Für DIE LINKE steht fest, dass das Agieren der Landesregierung und der Landesbehörden kriminelles Agieren und erhebliche illegale Ablagerungen (allein in Vehlitz und Möckern sind es mehr als 1 Mio. Tonnen) durch inkonsequentes und unabgestimmtes Handeln begünstigt hat.

Hier nur einige der im Zuge der Ausschussarbeit offenkundig gewordenen Defizite:

  • Es gab große Kommunikationsdefizite innerhalb der Ministerien und Behörden und zwischen ihnen. So „entscheiden“ Behörden- bzw. Abteilungsleiter, was der jeweiligen Hausspitze mitgeteilt wird. Das führte im Wirtschaftsministerium u.a. dazu, dass Minister Haseloff erst im März 2008 von den Problemen in Vehlitz Kenntnis erhielt, obwohl die ihm unterstellten Behörden und Ministeriumsmitarbeiter bereits im Juni 2007  davon Kenntnis hatten.
  • Quantität und Qualität der Kontrollen durch die Behörden erwiesen sich oftmals als mangelhaft. So war es in Sachsen-Anhalt Praxis, die gesetzlich vorgesehenen zwei Kontrollen in den meisten Fällen vorher auch noch anzukündigen.
  • Fachkenntnisse in den Behörden erwiesen sich teilweise als unzureichend. So musste der Staatssekretär Pleye noch im Vorjahr im Untersuchungsausschuss einschätzen, dass die Mitarbeiter im Bergamt, die bekanntlich die Verbringung von Abfällen in die Tongruben genehmigt hatten, über unzureichende abfallrechtliche Kenntnisse verfügten.
  • Die Koordination zwischen den Ministerien und  Behörden war oftmals mangelhaft. Es dauerte z.B. mehr als zwei Jahre, bis der damalige Landkreis Sangerhausen eine abschließende Stellungnahme des Landesverwaltungsamtes zu den Vorgängen zur Genehmigungslage in Riestedt erhalten hat. Bei den Abfalleinlagerungen bestanden zwischen dem Umwelt- und  Wirtschaftsministerium fast zwei Jahre lang unterschiedliche Erlasslagen.
  • Zertifizierten und öffentlich rechtlichen Betreibern wurde seitens der Behörden ein nicht immer gerechtfertigter Vertrauensvorschuss eingeräumt. Man vertraute den Betreibern in aller Regel und kontrollierte nur sehr oberflächlich, Stoffstromkontrollen kamen de facto nicht vor.
  • In den obersten (Ministerien), den oberen (LAGB, LVwA) und zwischen den der oberen und unteren (Landkreise) Behörden wurde eine unvertretbare Zuständigkeitszersplitterung zugelassen. So war etwa das Bergamt der Auffassung, dass es weder für den Bodenschutz noch für das Abfallrecht zuständig sei. Und der Landkreis Jerichower Land vertrat die Position, das Bergamt habe die Genehmigung verfügt und sei somit zuständig. Im Resultat fühlte sich keiner verantwortlich.

Diese Mängel haben zuallererst die Minister Haseloff und Aeikens zu verantworten, in ihrem Verantwortungsbereich wurde illegales Handeln zugelassen und geduldet. Erste Schlussfolgerungen wurden zwar durchaus gezogen, sie bleiben jedoch nach Auffassung der LINKEN unzureichend und zu wenig auf Nachhaltigkeit gerichtet.

Aus Sicht der LINKEN hat der Ausschuss eine wichtige und umfangreiche Arbeit geleistet, seine Einsetzung war in vollem Umfang gerechtfertigt und notwendig. Die politisch Verantwortlichen konnten für die Problematik illegaler Müllentsorgung wenigstens teilweise sensibilisiert werden. Zu kritisieren bleibt, dass die Ausschussarbeit durch die weitgehende Verweigerungshaltung von CDU und SPD nicht immer in der erforderlichen Konsequenz durchgeführt werden konnte. Legislative wie Exekutive werden auch künftig vor der Herausforderung stehen, illegalen Praktiken bei der Müllentsorgung das Handwerk zu legen.“

Magdeburg, 29. Januar 2011