Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Kerstin Eisenreich zu TOP 2: Aktuelle Debatte: Die Menschen im Land sofort verlässlich entlasten - staatliche Preiskontrolle auf den Energiemärkten durchsetzen

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

aktuell belastet eine Inflationsrate von mehr als 10 Prozent die Menschen im Land. Das klingt abstrakt, ist aber für die Menschen tagtäglich deutlich spürbar und nicht erst seit ein paar Wochen oder Monaten. Die Preissteigerungen vor allem bei Strom, Gas, Wärmeenergie, Sprit und Lebensmitteln, die bereits im letzten Jahr einsetzten und fast ungebremst weitergehen, spitzten sich mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine weiter zu. Darunter leiden insbesondere Menschen mit geringem bis mittlerem Einkommen. Sie können sich die allernotwendigsten Dinge des täglichen Lebens schon kaum noch leisten. Die Armut der Menschen wächst und ganz ehrlich: Der Bundesregierung fällt dazu nichts Gescheites ein. Sie reagiert immer erst, wenn die Not so groß ist, dass sie reagieren muss. Doch statt die Ursachen und Auswirkungen der Inflation ernsthaft zu bekämpfen, kommt sie mit kleinen Pflastern daher.

Einmalzahlungen und die als Bürgergeld getarnte Aufbesserung staatlicher Sozialleistungen werden die wachsende Armut nicht aufhalten. Dazu werden Spartipps erteilt, die für jene, die sich nur noch das Allernötigste leisten können, zynisch sind. Und gleichzeitig torpediert die CDU/CSU das aus unserer Sicht unzureichende Bürgergeld. Da werden die Menschen als faul und arbeitsunwillig diffamiert und behauptet, dass es sich ja nicht damit gar nicht mehr lohne zu arbeiten. Diese Behauptungen sind schlichtweg falsch. Und das von zwei Parteien, die auch in den 16 Jahren Regierungsverantwortung dafür gesorgt hat, dass in einem reichen Land wie der Bundesrepublik einer der größten Niedriglohnsektoren erhalten bleibt. Sie spielen die Armen gegen die Ärmsten aus. Das ist perfide!

Seit Sommer dieses Jahres ist nun mehr als klar, dass ein Preisdeckel kommen muss. Aber wieder wurde viel Zeit damit verschwendet, und über eine Gaspreisumlage diskutiert. Das hat für sehr viel Verunsicherung und Ängste in der Bevölkerung gesorgt. Zum Glück kam die Einsicht, dass eine solche Umlage schlichtweg Unsinn ist. Nur wann und nun endlich Gaspreis- und Strompreisdeckel tatsächlich für die Menschen wirksam werden, bleibt immer noch unklar. Und der Winter steht vor der Tür. Hinzu kommt, dass die vorgesehene Regelung, 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs bei Gas für die Haushalte zu deckeln, zutiefst ungerecht ist. Da werden eben mal die Eigentümer von Villen mit beheizbarem Pool und anderen Annehmlichkeiten und einem hohen Verbrauch getätschelt. Und ein Anreiz zum Sparen ist das für diese Menschen auch nicht. Das kann doch wohl nicht wahr sein!

Deshalb haben wir als Linke schon sehr lange eine Deckelung der Energiepreise gefordert, die einen Grundbedarf an Strom, Gas usw. zu bezahlbaren Preisen sichern. Und was darüber hinaus geht dann entsprechend teurer zu bezahlen ist.

In der gegenwärtigen Situation kommen wir also nicht umhin, die Preise durch den Staat zu kontrollieren, wenn die Situation für viele Menschen nicht in einem Desaster enden soll. Auch Verbraucherzentralen bestätigen, dass nicht alle Preissteigerungen mit höheren Produktionskosten zu begründen sind. Denn es ist ja nicht so, dass die Preise einfach steigen, nein sie werden erhöht. Da wird nämlich munter spekuliert, ob wir nicht im nächsten Jahr doch eine Gasmangellage bekommen. Dementsprechend sehen Verträge aus, die gerade für das nächste Jahr am Terminmarkt geschlossen werden. Das führt zu weiter explodierenden Preisen einerseits. Und andererseits explodieren die Profite dieser Unternehmen, verursacht durch eine fehlende Marktregulierung. Hier versagt der so vielgepriesene Markt, weil es eben nicht mehr nur um tatsächliches Angebot und Nachfrage, sondern um Spekulationen geht. Und wenn der Markt versagt, müssen die Marktmechanismen beschränkt, die Preise kontrolliert und effizient beaufsichtigt werden, damit unverzichtbare Güter bezahlbar bleiben.

Der Preisdeckel ist Teil einer solchen staatlichen Preiskontrolle. Und Preiskontrollen sind kein sozialistisches Hexenwerk. Auch in der Marktwirtschaft wurde sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart in Krisensituation darauf zurückgegriffen. Allein 9 EU-Länder haben dieses Instrument bereits eingeführt. In Deutschland wird immer noch geredet.

Im Interesse der Gesellschaft brauchen wir in der Bundesrepublik und europaweit eine Regulierung des Energiemarktes. Die Preiskontrolle soll verhindern, dass sich Konzerne weiter daran bereichern, dass Grundbedürfnisse der Menschen befriedigt werden. Wir müssen verhindern, dass Unternehmen auch nur auf die Idee kommen, die Notlage für enorme Preiserhöhungen auszunutzen.

Doch erst in der letzten Woche kündigten nunmehr enviaM und Mitgas weitere Preiserhöhungen an. So soll die Kilowattstunde Strom am dem 1. Januar kommenden Jahres gut 48 ct kosten. Die Preise steigen somit um mehr als 20 ct. Derartige Unternehmensentscheidungen dürfen nicht einfach hingenommen werden. Hier braucht es staatliche Eingriffe. Gleichzeitig überkommt mich bei der Ankündigung dieser Preissteigerungen ein ungutes Gefühl, könnte doch die mit 40 Cent pro Kilowattstunde sehr hoch angesetzte Strompreisbremse ein Anreiz für Unternehmen sein, den Spielraum auszuschöpfen. Das geht letztendlich zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Wer bitte schön soll sich denn einen Strompreis in dieser Höhe leisten können? Staatliche Preiskontrolle muss also durchdacht sein und in erster Linie die Interessen der Menschen und deren Grundbedarfe sichern. Denn das Beispiel zeigt, dass pauschal festgelegte absolute Preisdeckel, wie sie gerade von der Bundesregierung diskutiert werden, nicht funktionieren. Hier sollten ähnlich wie beim Mietendeckel maximale Steigerungen in Prozent herangezogen werden. Preise, die darüber hinaus aufgerufen werden, sollten anders als derzeit diskutiert, nicht einfach mit Steuergeld finanziert werden. Denn diese Ankündigung wird gerade selbst zum Preistreiber und damit für den Staat sehr teuer.

Dass aber Energieunternehmen die Preise einfach hochsetzen können, zeigt die fehlende Kontrolle und Aufsicht. Das war bis zum Juli 2007 anders. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es eine funktionierende Strompreisaufsicht der Bundesländer. Darauf habe ich hier in zahlreichen Debatten hingewiesen. Wollte ein Energieunternehmen die Preise erhöhen, musste dies von dieser Aufsicht genehmigt werden. Doch trotz aller Kritik damals, schafften CDU/CSU und SPD die Strompreisaufsicht einfach ab. Dies führte zu einer Deregulierung des Marktes und auch das Kartellrecht bleibt meistenteils ein zahnloser Papiertiger. Diese Fehler der Vergangenheit müssen korrigiert und rückgängig gemacht werden.

Damit die täglichen Grundbedarfe der Menschen, Strom, Heizen und Lebensmittel für alle bezahlbar bleiben, muss der Staat kurzfristig in die Preismechanismen eingreifen, Preise kontrollieren und beaufsichtigen. Dafür ist der Staat gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern in der Pflicht.

Und wer die Inflation bekämpfen will, muss auch dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Geld in die Tasche bekommen. Löhne und Gehälter müssen angehoben werden. Dieses Mittel wurde übrigens auch in der Ölkrise in den 1970er Jahren zur Bekämpfung der Inflation eingesetzt. Deshalb begrüßen und unterstützen wir die aktuellen Forderungen der IG Metall und von Ver.di von 8 bzw. 10 Prozent mehr Einkommen für die Beschäftigten.

Gleichzeitig müssen wir aber aus unserer linken Sicht auch ernsthaft darüber diskutieren, wie wir langfristig die Grundbedarfe der Menschen bei Energie, Lebensmitteln und anderen Bereichen wie Gesundheit, also die Daseinsvorsorge zu sicherstellen und dies zu bezahlbaren Preisen. Sollen einzelne Konzerne weiter Rendite für ihre Aktionäre erwirtschaften oder ist es nicht vielmehr endlich an der Zeit, die Bereiche der Daseinsvorsorge in öffentliche Hand zu überführen, weil sie auch allen zugutekommen. Das schließt im Übrigen auch die Leitungsnetze ein, für die Verbraucherinnen und Verbraucher zusätzlich zahlen und den Betreibern die Gewinne sichern.

Darüber hinaus müssen die Ursachen für die Inflation bekämpft werden. Die Energiepolitik der letzten Jahrzehnte hat zur heutigen Situation geführt. Ein Zurück darf es nicht geben und es darf nicht darum gehen, die fossilen Energieträger weiter zu subventionieren. Dagegen müssen wir massive Investitionen in die erneuerbaren Energien und in alternative Energieprojekte setzen.