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Thomas Lippmann zu TOP 3: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

vor vier Monaten haben wir von den LINKEN noch vor der Einbringung des Haushaltes durch die Landesregierung der Öffentlichkeit unsere Schwerpunkte für die Haushaltsberatungen vorgestellt. Die wichtigen Entwicklungslinien und vordringliche Handlungsfelder für die Ge-staltung des Landes, die wir damit benannt haben, liegen aus unserer Sicht kurz zusammen-gefasst in drei Bereichen:

Erstens bleibt die bessere Finanzausstattung der kommunalen Haushalte einschließlich klarer Signale für eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung für uns die zentrale Aufgabe für die Landespolitik. In den Kommunen können viele Dinge bürgernah entschieden und die Mittel zielgenauer und effizienter eingesetzt werden als durch das Land und eine ausufernde Förderpolitik. Da geht es den Kommunen gegenüber dem Land übrigens nicht anders als es jetzt gerade den Ländern im Streit mit dem Bund um die Digitalpaktmittel geht. Deshalb werden wir auch im Frühjahr unsere Vorstellungen für die dringend gebotene Reform der Kommunalfinanzierung auf den Tisch legen.

Zweitens brauchen Bildung und Kultur als wesentlichste Ressource für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des Landes deutliche höhere Investitionen in die Personal- und in die Sachausstattung. Das betrifft die Förderung in den Kindertagesstätten ebenso wie die Bedingungen in den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen und an den Hochschulen des Landes. Hier ist jeder Euro, den wir aufbringen können, gut investiert. Denn was gut ist für unsere Kinder und Jugendlichen, ist gut für Sachsen-Anhalt.

Drittens ist ein deutlich größeres Engagement des Landes zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung erforderlich. Hier entscheidet sich ebenso wie übrigens auch in den Bereichen Wohnen und Mobilität, ob Sachsen-Anhalt für seine Bürgerinnen und Bürger ein lebenswertes Land bleibt bzw. ein lebenswertes Land wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute ziehen wir nun Bilanz, wie unserer Forderungen für ein bürgerfreundliches und vor allem für ein kinder- und jugendfreundliches Sachsen-Anhalt in den Haushaltsberatungen Widerhall gefunden haben und was davon auf der Strecke geblieben ist.

Im Ergebnis fordern wir das Parlament heute noch einmal auf, im Umfang von knapp 130 Mio. Euro Änderungen an der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vorzunehmen. Dabei haben wir natürlich der inzwischen veränderten Lage aufgrund verschiedener Ent-scheidungen der letzten Wochen Rechnung getragen. So wird es z.B. weder beim KiFöG noch bei den Straßenausbaubeiträgen zeitnah zu den von uns geforderten Verbesserungen der Qualität und zur Entlastung der Eltern und Bürgerinnen und Bürger kommen. Deshalb müs-sen hierfür auch keine weiteren Gelder in den 2019er Haushalt eingestellt werden, was mehr als nur schade ist. Unser Fazit fällt sehr gemischt aus und ich will gern mit den positiven Ergebnissen beginnen.

Das eine ist: Das geplanten Haushaltsvolumen soll in bescheidenem Umfang steigen. Und wenn sich der Finanzminister diesmal eine Haushaltssperre verkneifen kann, wachsen ja vielleicht die Chancen, dass das Geld auch tatsächlich so, wie es jetzt geplant wird, eingesetzt werden kann.

Das andere ist: Wir erkennen an, dass sich die Koalition einige unserer – teilweise schon uralten Forderungen – zu eigen gemacht hat. Sicher nicht ganz freiwillig und oft nicht völlig überzeugt, aber immerhin z. B. dem Druck einer Volksinitiative folgend. Insofern werden sie bei der Abstimmung sehen, wo wir trotz großer Unzufriedenheit mit ihrer Gesamtplanung dennoch Schritte in die richtige Richtung erkennen. Hervorheben will ich etwa die Umset-zung der Personalstrategie in der Justiz und die Breitstellung der 1.800 Vollzeitstellen für pädagogische Mitarbeiter*innen, aber auch die Finanzierung der Theater und Orchester und zumindest den Einstieg in eine aufgabengerechte Bezahlung des Personals in institutionell geförderten Einrichtungen ebenso wie den zuletzt noch beschlossenen Hebammenfonds.

Aber liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, damit ist der Vorrat an Über-einstimmungen auch schon weitgehend erschöpft. Denn eines war und ist klar: Die Decke, an der alle drei Koalitionäre oft in entgegengesetzter Richtung gezerrt haben, sie ist zu kurz. Und als ob das nicht schon schwierig genug wäre, werden an dieser Decke immer noch wei-tere Zipfel abgeschnitten. Denn statt das ohnehin zu wenige Geld in die Zukunft des Landes zu investieren, bilden sie weiterhin unnütze Rücklagen.

Ihnen fehlen in der Koalition Vorstellungen, wohin sich das Land entwickeln soll und wie man mit geradem Rücken und breiter Brust und eben nicht mit gesenktem Blick in die Zukunft schauen will. Worüber würden wir denn in diesem Land reden, wenn wir nicht die Jubiläen der Reformation und des Bauhauses hätten? Viel fällt einem da nicht ein, was vorzeigbar wäre. Das ist die traurige Realität, wenn man das Land zum Schlusslicht macht.

Dieser Haushalt ist als Haushalt der Enttäuschungen von der Landesregierung eingebracht worden und er ist es auch nach den Beratungen geblieben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, sie werden für diese unzulängliche Leistung kein Lob ernten. Und wenn die Haushaltsumset-zung dann weiter so schlecht laufen sollte, wie bisher, dann wird die Unzufriedenheit und der Protest bei den Bürgerinnen und Bürgern weiter wachsen und sich einen Weg suchen.

Die unzureichende Finanzierung der Kommunen habe ich schon angesprochen ebenso wie die missglückte KiFöG-Novelle und die Straßenausbaubeiträge. Sie haben aber auch die Schulsozialarbeit natürlich längst nicht langfristig gesichert. Sie wollen sich mit den Verpflichtungsermächtigungen lediglich für ein Jahr Luft verschafft, um nach weiteren EU-Mitteln zu suchen. Was aber, wenn das nicht gelingt? Wie geht es dann weiter mit der Schulsozialarbeit? Diese Frage müssen sie bis zum Sommer beantworten und wir dürfen gespannt sein, wie die Antwort ausfallen wird. Die Debatte dazu werden wir ja morgen noch führen.

Und dann verlangen die Lehrkräfte in den Grundschulen weiterhin zu Recht eine Bezahlung wie die anderen Lehrkräfte nach der A13. Auch darauf müssen Sie mit dem nächsten Dop-pelhaushalt eine Antwort geben. Und vom schleppenden Ausbau des Breitbandnetzes, von kaputten Straßen und Brücken, von fehlenden Entlastungsstrecken und maroden Schulen können wir alle ein Lied singen. Sie schieben den Investitionsstau weiter vor sich her.

Und so ist heute auch der Tag, an dem wir bereits auf die Aufstellung des dritten und dann letzten Haushaltes dieser Regierung schauen – und das mit großer Sorge. Wegen der vielen unerledigten Aufgaben und der Defizite in der Daseinsvorsorge muss das Haushaltsvolumen real steigen, d.h. stärker als es allein die zu erwartenden Tarifsteigerungen und die allgemeine Inflation erfordern werden. Das bedeutet, dass im Jahr 2021 die Marke von 12 Mrd. Euro erreicht werden muss, wenn sich das Land nicht wieder rückwärts entwickeln soll.

Genau das Gegenteil aber prognostiziert der Finanzminister in seiner mittelfristigen Finanz-planung, die einen erneuten Niedergang voraussagen. Solche Prognosen werden von ihnen wie ein Naturgesetz hingenommen, satt endlich ernsthafte Initiativen zu ergreifen, um die Haushalte auf der Einnahmeseite zu konsolidieren. Da ist sehr viel mehr möglich, man muss es nur wollen und sich zu einem starken Sozialstaat bekennen, den die Menschen erwarten.

Allein die rot-grünen Steuergesetze von 2000 führen heute zu jährlichen Mindereinnahmen von mehr als 50 Mrd. Euro. Außerdem werden durch unzureichende Betriebsprüfungen und Steuerschlupflöcher bis zu 20 Mrd. Euro Steuern nicht erhoben. Zusammen mit einer Reform der Erbschaftssteuer und der Wiedereinführung einer Vermögenssteuer wären ohne Probleme und mit positiven wirtschaftlichen Effekten Mehreinnahmen von insgesamt ca. 100 Mrd. Euro jährlich möglich. Davon würden etwa 2,5 Mrd. Euro zusätzlich in Sachsen-Anhalt ankommen. Dann gäbe es die Gestaltungsspielräume, die uns heute fehlen.

Es gibt aber nicht nur diese Einnahmeprobleme, es gibt auch eine sehr unausgewogene Verteilung zwischen den einzelnen Ebenen – dem Bund, den Ländern, den Landkreisen und kreisfreien Städten und den Gemeinden. Und genau in dieser Reihenfolge, von oben nach unten, nehmen die Defizite zu. Dabei können sich die reicheren Länder, Kreise und Gemein-den immer noch so einigermaßen über Wasser halten, während alle anderen von einer Kon-solidierung zur nächsten taumeln. Auch daran muss und kann in den nächsten Jahren etwas geändert werden. Dazu werden wir Sie immer wieder auffordern und daran werden wir sie messen.

Sie müssen also noch nicht einmal die großen Räder in der EU oder gar global drehen, wenn die Ihnen zu groß und zu weit weg sind. Es reicht, sich hier auf der Bundesebene zu engagieren, in den jeweiligen Bundesparteien, im Bundestag und im Bundesrat. Und das ginge am Ende sogar alles relativ schnell, wenn es dafür politische Mehrheiten gäbe. Wenn sich also die öffentlichen Einnahmen in den kommenden Jahren nicht grundlegend verbessern, dann nicht, weil es nicht geht, sondern weil es die politischen Mehrheiten bisher nicht wollen. Deutschland hat aber keine Perspektive als Billiglohnland und Steueroase.

Solange sie sich weiter mit der kurzen Decke abfinden wollen, die ihnen der Finanzminister hinhält, müssen sie sich über kalte Füße nicht wundern. Gleichwohl gibt es aber auch dann Möglichkeiten, die Decke so zu nutzen, dass einem dabei nicht die Zehen abfrieren. Wie wir ihr Treiben im Koalitionsbett so beobachtet haben und welche Alternativen wir Ihnen bieten, das wird ihnen jetzt meine Kollegin Heiß erläutern.