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Thomas Lippmann zu TOP 21: Gewährung des Rechtsanspruches auf Ganztagsangebote an Grundschulen gut vorbereiten

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag vom 14. März 2018 das bildungspolitische Ziel gesetzt, bis 2025 in Abstimmung mit den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter zu schaffen. Dafür will der Bund 2 Milliarden Euro zur Verfügung stellen.

Vor diesem Hintergrund hatte der Koalitionsausschuss am 08. Mai 2018 in einem Eckpunkte-Papier zur KiFöG-Novelle u.a. auch die folgende Passage beschlossen: „Es wird geprüft, unter welchen Rahmenbedingungen die Horte noch in dieser Legislaturperiode in das Schulgesetz aufgenommen werden können, um die Entwicklung der Grundschulen zu Ganztagsschulen zu befördern.“

Das war vor einem reichlichen halben Jahr und wenn dieser Beschluss tatsächlich ernst ge-meint war, müsste sich ja nun so langsam etwas tun. Denn dass ein solches Rollback für die Schulhorte nach mehr als 15 Jahren im Kinderfördergesetz nicht von heute auf morgen zu erreichen ist, sollte ja wohl jedem klar sein. Und so sehr lange dauert ja ihre Regierungszeit nun nicht mehr.

Jedenfalls wurden alle Beteiligten erst einmal ordentlich aufgeschreckt und verunsichert. Die Einrichtungsträger, die Eltern und nicht zuletzt die Beschäftigten wissen nicht, was die Koalition tatsächlich vorhat, welche Veränderungen geplant sind und welche Konsequenzen ein Übergang der Horte aus dem Bereich des KiFöG in das Schulgesetz hätte. Die meisten befürchten Schlimmes, wenn diese Koalition das Thema Schulhorte anfasst – und wir meinen, dass diese Befürchtungen berechtigt sind.

Denn Verbesserungen sind dabei nicht zu erwarten, im Gegenteil. Wie beim KiFöG insgesamt ist auch hier absehbar, dass es Versuche gegeben wird, dieses Bildungs- und Betreuungsangebot einzuschränken, vor allem aber billiger zu machen. Außerdem besteht offenbar die Hoffnung, dass man mit dem Geld und dem Personal, das dann aus den Kindertageseinrichtungen in die Grundschulen gehen würde, dort die Lücken in der Unterrichtsversorgung schließen kann, die der Bildungsminister ja bis heute nicht in den Griff bekommt.

Vor allem aber besteht bei den Betroffenen die Sorge, dass sie an einem solchen Prozess wieder einmal nicht beteiligt sind, sondern dass Entscheidungen über ihre Köpfe hinweg getroffen werden. Die Horte haben sich seit der Übertragung in das KiFöG 2003 in einem schwierigen aber erfolgreichen Entwicklungsprozess ihren Platz in den Kindertageseinrich-tungen erarbeitet, ja mancherorts auch erkämpft. Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum Bildungs- und Erziehungsauftrag der Kindertageseinrichtungen und der Schulen. Die gute Arbeit in den Horten darf durch Strukturänderungen nicht infrage gestellt werden.

Dennoch, liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz dieser Eingangskritik und vielfältiger Beden-ken stehen wir dem Grunde nach einer Rückführung der Horte an die Schulen aufgeschlos-sen und positiv gegenüber. Das sollte aus unserem Antrag ausreichend deutlich werden. Nur darf diese Rückführung nicht zum Selbstzweck verkommen. Sie darf auch nicht aus rein öko-nomischen Gründen erfolgen. Und es muss einen transparenten und fachlich fundierten Ar-beitsprozess geben, an dem die Betroffenen von Beginn an beteiligt werden. Das sind unsere Grundforderungen, die wir bereits vor der Sommerpause in einem Workshop mit interessierten Vertretern der Träger, der Eltern, der Beschäftigten und der Ministerialverwaltung diskutiert haben.

Denn wie so oft gibt es auch beim Thema Schulhorte ebenso großen Chancen und wie Risiken. Es hängt sehr von den handelnden Akteuren ab, wohin sich die Waage neigt. Man könn-te auch sagen, die Liste der möglichen Nebenwirkungen für die gewachsene Ganztagsbe-treuung im Land ist lang und es kommt darauf an, ob und wie man diesen begegnet. Damit beschäftigt sich unser Antrag im Kern in der Ziffer 3 mit den vielen Unterpunkten. Es geht uns darum, die bereits heute erkennbaren Nebenwirkungen zu benennen, die einen Behandlungserfolg vollständig zunichtemachen können.

Bisher haben es die Koalitionsfraktionen ja bei ihrer Ankündigung belassen und man könnte versucht sein, sich darauf zu verlassen, dass sie in dieser Legislatur zur Hortüberführung oh-nehin nichts mehr zustande bringen werden und somit alles einfach so bleibt wie es jetzt ist. Dann wäre das mit den Nebenwirkungen zumindest erledigt. Das wollen wir aber nicht, denn das Thema der Schulhorte hat eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung und wir wollen, dass es bearbeitet wird und uns durch die Landesregierung ein seriöses Konzept dazu vorgelegt wird

besuchen 70 bis 75 % der Grundschulkinder in Sachsen-Anhalt einen Hort. Das sind über 52.000 Schülerinnen und Schüler. Die bereits angesprochenen Risiken können aus unserer Sicht bei entsprechendem Willen und der nötigen Fachkompetenz gemeistert werden. Was uns bewegt sind die Perspektiven, die eine Rücküberführung der Horte an die Schulen und damit die Entwicklung aller Schulen zu Ganztagsschulen mit einem Rechtsan-spruch bis zum 14. Lebensjahr bieten. Hier können Bildung und Erziehung für alle Kinder in einem eng verbundenen System von unterrichtlichen und sozialpädagogisch geprägten außerunterrichtlichen Angeboten gemeinsam und von unterschiedlichen Professionen organisiert werden. Das wäre ein wirklicher Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit für alle Kinder und Jugendlichen und dafür liebe Kolleginnen und Kollegen, lohnt es sich, zu kämpfen und zu streiten.

Mit unserem Antrag wollen wir die Koalition nachdrücklich ermuntern, sich dieser Aufgabe zu stellen und dabei nicht vom Weg abzukommen. Deshalb haben wir ein paar Leitplanken aufgestellt und ein paar Lichter angemacht. Wir benötigen für eine Diskussion über die Rückführung der Horte an die Schulen eine grundlegende Verständigung darüber, wie wir neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor allem eine qualitative Weiterentwicklung dieses Ganztagsangebotes für Schulkinder erreichen können. Das muss das Ziel bei diesem Transformationsprozess sein.

Aus diesem Grund legen wir jetzt unsere Forderungen und Erwartungen an die Erarbeitung eines Hortüberleitungskonzeptes durch die Landesregierung auf den Tisch. Wir gehen davon aus, dass bis zum Sommer klar sein muss, ob es ein umsetzbares Konzept geben kann und geben wird. Dann hatte die Landesregierung nach dem Beschluss im Koalitionsausschuss auch mehr als ein Jahr Zeit, um zu prüfen und abzuwägen, wie es gehen könnte, was dabei zu bedenken und was alles geregelt werden muss. Wenn die Landesregierung allerdings bis zum Sommer keine Klarheit herstellen kann, wie eine Hortüberleitung angegangen werden soll, dann hat sich aus unserer Sicht das ganze Projekt zumindest für diese Legislatur erledigt. Dann sollte man das aber auch erklären und die Diskussionen dazu offiziell beenden.

Wir hoffen aber auf ein besseres Ende als dass die Koalition vor den Herausforderungen einknickt. Wir sollten auf jeden Fall die jetzt vorhandene Zeit nutzen, um uns darauf vorzuberei-ten, für alle Grundschulkinder einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz an Grundschu-len sicherstellen zu können, ohne damit in Konkurrenz zur jetzigen Hortbetreuung nach dem KiFöG zu treten. Das ist die Aufgabe, darin liegen die Chancen, dafür haben wichtige Vorar-beiten geleistet und dafür stehen wir auch weiter mit unsrer Fachexpertise zur Verfügung. Was wir allerdings nicht mittragen werden, sind ein „Sparprogramm Hort“, ein Verzicht auf die Festlegung von verbindlichen Personalschlüsseln, eine Reduzierung der Angebote an die Hortkinder, eine Verschlechterung der Beschäftigungsbedingungen für die Erzieherinnen und Erzieher und eine Abkehr von familienfreundlichen Regelungen für die Eltern