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Thomas Lippmann zu TOP 11: Sprachlehrkräften schnell unbefristete Stellen anbieten

Es ist bedrückend, dass die schulische Realität im Bildungsministerium und hier im hohen Haus noch immer so wenig zur Kenntnis genommen wird, wodurch Debatten und Entscheidungen immer wieder von Fehleinschätzungen geprägt sind.

Grundlage für die vorliegende Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses war eine vom Bildungsminister vorgelegte Bedarfsermittlung, die nicht belastbar ist. Der tatsächliche Bedarf ist durch das Ministerium nicht unter realistischen Annahmen ermittelt worden. So wurde u.a. unterstellt, dass von den etwa 6.000 Migrant*innen an den allgemeinbildenden Schulen nach dem Jahreswechsel nur noch für 2.500 Kinder und Jugendliche ein bedarfsbestimmender Anspruch auf Sprachförderung besteht, während die anderen 3.500 Migrant*innen bereits dem normalen Regelunterricht folgen könnten.

Dabei wurde völlig ausgeblendet, dass es vielfach gar keine organisierte Sprachförderung durch spezielle Lehrkräfte gab bzw. gibt und dass weiterhin täglich neue Migrant*innen mit Sprachförderbedarf in die Schulen aufgenommen werden. Es wurde auch ignoriert, dass die Anzahl der Sprachförderlehrkräfte in den zurückliegenden Monaten trotz aller Bemühungen der Schulbehörden nie ausreichend gewesen ist. Erst seit dem letzten Schuljahr werden überhaupt Sprachlehrkräfte eingesetzt, aber auch diese konnten nicht einmal die Hälfte des Bedarfs abdecken. Und letztlich wurde verdrängt, dass das Arbeitsvolumen der Sprachlehrkräfte vollständig auf die normale Unterrichtsversorgung der Schulen angerechnet wird – und zwar ganz unabhängig davon, in welchem Umfang sie tatsächlich Sprachförderunterricht oder Regelunterricht erteilen.

Ausnahmslos alle Reaktionen auf unsere Beratungen – ob nun von Schulleitungen und Schulkollegien oder Eltern, Vormündern und Kommunalpolitikern – sie alle weisen darauf hin, dass derzeit an keiner einzigen Stelle auf die Arbeit der Sprachlehrkräfte verzichtet werden kann, ohne den Bildungserfolg der betroffenen Schülerinnen und Schüler nachhaltig zu beeinträchtigen. Es ist eine eklante Missachtung des besonderen Engagements der Akteure vor Ort und der von ihnen mit viel Mühe aufgebauten Strukturen, wenn diese Lehrkräfte jetzt einfach abgezogen werden. Besonders kritisch zu sehen ist die in diesem Zusammenhang verfügte Entlassung von Schulamtsdirektor Klieme, der ganz persönlich und zusammen mit den Mitarbeitern im Landesschulamt einen großen Anteil an diesem Stück erfolgreicher Bildungsgeschichte in Sachsen-Anhalt hat. Ich möchte ihm von hieraus dafür ausdrücklich danken.  

Die Weigerung von Minister Tullner, die Sprachlehrkräfte mindestens bis zum Ende des Schuljahres weiter zu beschäftigen, ist und bleibt eine klare Fehlentscheidung. Die Folgen für die Schulen und alle Betroffenen werden nach dem Jahreswechsel ganz unmittelbar zu spüren sein. Das Vertrauen in die Kompetenz und die Handlungsfähigkeit der Koalition und des Ministers wird bei allen Betroffenen nachhaltig erschüttert werden.
Es wird auch keine neun Monate dauern, bis der Minister und die Koalition diese Entscheidung bereuen werden. Denn spätestens in der ersten Sitzung des Landtags nach der Sommerpause, wenn wir die Personalausstattung und die Unterrichtsversorgung im nächsten Schuljahr zur Kenntnis nehmen müssen, werden sich alle wünschen, wir hätten diese Kolleginnen und Kollegen noch.

Es besteht jetzt die letzte Möglichkeit, den Rausschmiss dieser Lehrkräfte noch abzuwenden und der Vernunft eine Chance zu geben. Dazu haben wir einen Änderungsantrag vorgelegt, der die unzureichende Beschlussempfehlung aus dem Ausschuss für Bildung und Kultur korrigieren soll.

Kern der Änderung ist die Weiterbeschäftigung aller Sprachlehrkräfte, die hierzu ihre Bereitschaft bekundet haben, zumindest bis zum Ende des Schuljahres. Dies ist unverzichtbar, um die Kontinuität des Sprachförderunterrichtes nicht zu gefährden und die allgemeine Unterrichtsversorgung im laufenden Schuljahr nicht noch weiter zu verschlechtern.

Darüber hinaus sollen klare Aussagen zur weiteren Perspektive für diese Kolleg*innen nach dem Ende der Befristung getroffen werden. Denn der weitaus größte Teil von ihnen hat sich bereits in unseren Schulen bewährt und hat dabei eine hohe Motivation, großes Engagement und auch Flexibilität unter Beweis gestellt. Auf solche Kolleg*innen jetzt einfach zu verzichten, lässt erhebliche Zweifel aufkommen, ob im Bildungsministerium planvoll an der mittel- und langfristigen Entwicklung des Personals gearbeitet wird.

Ich fordere deshalb die Koalitionsfraktionen auf, unserem Änderungsantrag zuzustimmen und den drohenden Schaden von den Schulen noch abzuwenden.