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Swen Knöchel zu TOP 18: Kapitalerträge gerecht besteuern

Zu später Stunde, aber aus gegebenen Anlass, ein Antrag meiner Fraktion zum Steuerrecht.

Es geht um zweierlei. Zum einen um die Reflexion einer steuerrechtlichen Fachdiskussion zur Wirkung der 2009 eingeführten Abgeltungssteuer. Zum anderen um eine Gerechtigkeitsdebatte.

Und ja, die Herren, die rechts in diesem Hause sitzen, wird es freuen, es geht auch um Flüchtlinge. Konkret um die Kosten und Wirkungen einer verfehlten Flüchtlingspolitik. Die Flüchtlinge, um die es hier geht, sind die teuersten Flüchtlinge, die ich kenne, nämlich Steuerflüchtlinge.

Anlass der Debatte ist ein Antrag des Landes Brandenburg im Bundesrat, der eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Abgeltungssteuer zum Gegenstand hat. Es handelt sich dabei um die Bundesratsdrucksache 643/16 und meine Fraktion meint, dass die Landesregierung dieser zustimmen soll.

Was ist der Hintergrund dieser Initiative? Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurden ab 2009 die Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der progressiven Einkommensteuer herausgenommen und einem Steuersatz von 25 Prozent unterworfen, die sogenannte Abgeltungssteuer. Bei dieser Abgeltungssteuer handelt es sich faktisch um einen Höchststeuersatz, da nach § 32 d Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes, für Steuerpflichtige mit niedrigerem individuellem Steuersatz, dieser im Rahmen einer Günstigerprüfung Anwendung findet.

Man kann also sagen, die Abgeltungssteuer ist eine Begünstigung derer, deren individueller Steuersatz über 25% liegt. Das sind bei Alleinstehenden diejenigen, die ein zu versteuerndes Einkommen von über 45.000 Euro haben, bei Ehegatten über 90.000 Euro. Wohlgemerkt, zu versteuerndes Einkommen nicht Einnahmen oder Einkünfte. Das Durchschnittseinkommen von Arbeitnehmern in Deutschland - und hier gemeint sind die durchschnittlichen Einnahmen pro Jahr -  lag laut Statistischem Bundesamt 2015 bei 32.634 Euro. Wenn man dann die Abzüge vornimmt, kann man sagen, das durchschnittliche zu versteuernde Einkommen in Deutschland liegt weit weg vom Abgeltungssteuersatz.

Für wen also hat man ihn geschaffen? Ein Blick in die Begründung für die damalige Steuerreform verrät es. Die Abgeltungssteuer wurde mit der Begründung eingeführt, dass sie der Eindämmung der Steuerflucht diene und deshalb aus fiskalischen Gründen gerechtfertigt sei. Diese Kapitulation des Staates vor Steuerflüchtlingen führte allerdings nicht zu dem gewünschten Ergebnis. Steigerungen bei den Steuereinnahmen aus Kapitalvermögen konnten, so weist es auch die Bundesratsdrucksache aus, nur durch die intensivere Tätigkeit der Finanzbehörden erreicht werden. Ich erinnere hier an die sogenannten Steuer-CD´s. Verbesserte Kontroll- und Mitteilungsverfahren waren hier effektiver als alle Nachgiebigkeit gegenüber den Steuerflüchtigen.

Aber vielleicht noch einige Erläuterungen: Einkünfte aus Kapitalvermögen sind nicht nur die Zinsen auf Omas Sparbuch. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören vor allem Dividenden, Gewinnanteile, Investmenterträge sowie Zinsen aller Art, nachzulesen im § 20 des Einkommensteuergesetz. Als Einkünfte aus Kapitalvermögen gelten dabei nur solche Einnahmen, die einem Privatvermögen zuzuordnen sind. Sobald diese Einnahmen einem Betriebsvermögen gehören, sind sie dort zu erfassen und mit dem für das Unternehmen zutreffenden Steuersatz zu versteuern. Einschlägig ist dann das Teileinkünfteverfahren, zu dem viel zu sagen wäre, das aber nicht Gegenstand dieses Antrages ist. Von dem Antrag erfasst sind also nicht Unternehmen, sondern ausschließlich private Einkünfte, Privatvermögen.

Wer jetzt wieder an Omas Sparbuch denkt, den kann ich beruhigen. Nach § 20 Absatz 9 des Einkommensteuergesetzes gibt es dafür einen sogenannten Sparer-Pauschbetrag, von 801 Euro für Alleinstehende und 1.602 Euro für Ehegatten. Da aber der größte Teil der Steuerbürger keine Zinseinnahmen von mehr als 800 Euro hat, ist von der im Antrag genannten Regelung der überwiegende Teil der Bevölkerung nicht erfasst. Ausweislich der Einkommensteuerstatistik des Bundes 2012 wurden 9,8 Milliarden Euro Einkünfte aus Kapitalvermögen von 2,2 Millionen Steuerpflichtigen erfasst. Das war je Steuerpflichtigen Durchschnittseinkünfte aus Kapitalvermögen von 4.402 Euro, der Median lag bei 1.533 Euro. Diese Einkünfte wollen wir künftig wieder mit einem individuellen Steuersatz erfassen.

Für alle, die meinen, das führe zu einem aufwendigerem Verfahren, denen sei gesagt, am Steuerabzugsverfahren an der Quelle ändert sich durch diese Regelung nichts. Auch künftig werden die Banken eine Zinsabschlagsteuer abführen und bescheinigen, so wie jetzt auch. Auch im Veranlagungsverfahren ändert sich nicht viel, dank elektronischer Übermittlungsverfahren. Auch das Argument der mangelnden Kontrolle dieser Einkünfte trägt nicht mehr.

Mit dem Gesetz zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen wird die Grundlage für eine effektive Besteuerung auch ausländischen Kapitals geschaffen. Künftig findet hier ein Austausch zwischen den Mitgliedsstaaten der EU und zahlreichen OECD Ländern statt. Die Koalition von CDU und SPD in Berlin beraten zur Zeit das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz, dass die Streichung des § 30a der Abgabenordnung zum Gegenstand hat. Für alle die ihn nicht kennen, das ist das Bankgeheimnis. Auch sollen nach dem Gesetzentwurf zahlreiche Anzeige- und Mitteilungspflichten für Banken neu begründet werden.

Man muss also künftig nicht mehr aus Angst vor Steuerflüchtlingen Steuergeschenke verteilen.

Das Gesetz soll am 28. April vom Bundestag verabschiedet werden. Wichtig ist auch, die in der Bundesratsinitiative geforderte Rechtsformneutralität bei der Besteuerung von Kapitalerträgen zwischen Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften und Einzelunternehmen herzustellen. Auch die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen muss gleichgestellt werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. In den Ausschüssen des Bundesrates fand die Initiative einer Mehrheit. Der Finanzausschuss des Bundesrates empfahl zudem die Prüfung der Auswirkung auf das Steueraufkommen im Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen.

Meine Fraktion denkt, dass sich unsere Landesregierung dem Anliegen nicht verschließen sollte und beantragt hiermit, sich der guten Initiative Brandenburgs anzuschließen. Ich hörte, Sie wollen den Antrag überweisen. Der Finanzausschuss ist dafür ein guter Ort. Dort kann das Finanzministerium dann ausführlich über die Beratungen und die Auswirkungen eines solchen Gesetzes berichten. Vielen Dank.