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Swen Knöchel zu TOP 05: Zweifelhafte Vergabe von Beraterverträgen / Transparenz von Beratungsverträgen

Dass guter Rat nicht billig ist, gelegentlich teuer ist, gelegentlich sehr teuer ist, beschäftigte in diesem Hohen Hause in den Jahren 2004 bis 2006 einen Untersuchungsausschuss. Unsere Führungsfiguren im Land - in Sachsen-Anhalt heißen sie Kabinett - hatten wenig Lust, das, was sie wollten, zu vertreten. Was also haben sie gemacht? Sie haben sich massenhaft Gutachter bedient, die ihnen aufgeschrieben haben, was sie dachten. Gutachteritis heißt das. Das war das Problem, das diesen Untersuchungsausschuss beschäftigt hat, und man hat gesagt, hier müsse man ein Stoppzeichen setzen.

Gutachten sollen nach Möglichkeit selten vergeben werden, und wenn sie über 20.000 Euro betragen, dann haben wir die Notbremse Finanzausschuss, der darüber diskutiert. Es sind auch nicht alle Gutachterverträge durch den Finanzausschuss gegangen.

Wir haben in der vorletzten Legislaturperiode Herrn Exminister Deubel damit beauftragt, die Finanzsituation Sachsen-Anhalts zu begutachten. Ich war etwas im Zweifel, als ich das hörte. Ich dachte, für die Begutachtung unserer Landesfinanzen haben wir ein Ministerium, dafür haben wir eine Landesregierung. Herr Deubel kam auch tatsächlich zu dem Ergebnis, es gibt zwei große Stellschrauben im Land. Die eine heißt Personal und die andere heißt Kommunen. Er kam auf die Idee, dass es in Sachsen-Anhalt so sein müsste wie im Rest der Republik, also dem, was westlich der Elbe liegt, dass nämlich in dem Fall, in dem die Kommunen mehr Geld einnehmen, sie auch mehr Geld haben. Er vergaß dabei, dass die Einnahmesätze bei uns nur 60 % betragen, dass also diese These nur dann eintreten kann, wenn wir bei Einnahmesätzen von 100 % sind, wie sie in den westdeutschen Kommunen gelten. Nichtsdestotrotz erhielt er noch einen Gutachterauftrag. Für 98.500 Euro hat Herr Deubel die Kommunen begutachtet und hat das jetzige FAG sozusagen in Grundzügen beschrieben. Dazu bestand die Angst der Landesregierung, dass sie genau das als politischen Willen nicht durchbekommen. Also hat sie sich Fremdkompetenz gesucht und hat viel Geld ausgegeben, damit ihr einer aufschreibt, was sie will. Das hat 98.000 Euro gekostet.

Das Ergebnis dieses Gutachtens ist Ihnen bekannt. Hat schon einmal jemand über Schadenersatzforderungen gegenüber Herrn Deubel geredet? Ich weiß es nicht, es wäre vielleicht nötig. Das ist das Problem bei Gutachten.

Dann ist Zeit ins Land gegangen. Der Untersuchungsausschuss war vergessen. Der nächste Beschluss war gefasst, die Studien waren herausgestrichen. Und wieder brach die Gutachteririts aus. In Sachsen-Anhalt gilt das Prinzip: Wenn zwei sich streiten, vor allem in der Regierung, dann freut sich der Gutachter. Demzufolge wurden Strukturen geschaffen, die alles anderen als durchsichtig waren.

Was ist die Investitionsbank, habe ich mich als neuer Abgeordneter in diesem Hohen Haus gefragt. Was macht die denn? Bank klingt wie Bank. Mittlerweile habe ich gelernt, dass eine Bank nicht immer eine Bank ist. Manchmal macht eine Bank auch völlig andere Dinge. So hat die IB Strukturkompasse erstellt, hat Programme des Landes begleitet, hat einen Finanzmonitor erstellt. Im gleichen Zeitraum musste ich erfahren, dass das dem Ministerium des Innern unterstellte Statistische Landesamt an die Grenzen seiner Arbeitsfähigkeit kommt, weil keine ausreichende Personalausstattung vorhanden ist, Herr Innenminister. Da wäre doch die Institution, die die Zahlen liefert, die die Zahlen hat, die sie auch veröffentlichen könnte, wenn sie von der Landesregierung in die Lage versetzt würde, ihre Arbeit zu machen, die sie nach dem Gesetz zu tun hat. Also hatte sich das Land Sachsen-Anhalt ausgedacht, die Investitionsbank für viel Geld zu beauftragen. Dann kam man auf die Idee, man könne das alles zusammenfassen. Dort steht: Ein Strukturkompass ist zu erarbeiten, wissenschaftliche Begleitung der Stark-Programme, wissenschaftliche Begleitung des Stark-III-Programms, der Stabilitätsrat in Sachsen-Anhalt, in dem Landesregierung und Kommunen miteinander reden. Die konzeptionelle analytische Unterstützung der Konsolidierungspartnerschaft des Landes mit den Kommunen sollte die Investitionsbank begleiten. Weiterhin: begleitende Evaluierung künftiger Förderprogramme außerhalb der EU, Begleitung und Evaluierung der Kommunikations- und Dialogprozesse zu Zukunftsthemen des Landes, Vernetzung der EU-Förderperiode 2014 bis 2019 mit Politikern von Bund und Ländern, konzeptionelle Begleitung bei Fragen der öffentlichen Daseinsvorsorge, Evaluierung, Bewertung und Neuausrichtung aller bisherigen strategischen Ansätze im Bereich der integrativen Finanzpolitik, Begleitung von Aspekten der strategischen Ausrichtung der vorgesehenen Föderalismuskommission III. All das hat die Investitionsbank begleitet und begutachtet.

Herr Ministerpräsident, wozu brauchten Sie eigentlich noch Minister? Das ist eine Beschreibung dessen, was Regierungshandeln ist. Die Frage hätten wir Ihnen auch nicht erspart, wenn wir davon erfahren hätten. Wir hätten es auch erfahren müssen. Also haben Sie sich Gedanken gemacht, wie Sie diese Fragen umgehen können. Sie haben das Ganze in einen Vertrag gepackt, haben es Inhouse-Geschäft genannt und haben gesagt, es habe mit Beraterverträgen gar nichts zu tun. Es hat sehr wohl etwas mit Beraterverträgen zu tun.

Alle Probleme - das habe ich der Akteneinsicht entnommen - sind von der Arbeitsebene des Finanzministeriums benannt worden. Erstens war zu klären, ob ein Inhouse Geschäft vorliegt oder ob mit dem Vertrag Vergaberegeln umgangen werden. Ob diese Tätigkeiten mit den Regularien der Investitionsbank vereinbar sind, war die aufgeworfene Frage. Und es wurde die Frage aufgeworfen, ob nach der geltenden Beschlusslage das Parlament zu beteiligen ist. Die Fragen wurden auch beantwortet. Die Hausspitze hat entschieden.

Nun ist so eine Opposition nicht untätig. Am 1. April 2014 hat das Ministerium der Finanzen, hat die Landesregierung eine Kleine Anfrage meiner Kollegin Angelika Klein beantwortet, in der stand, was Gegenstand des Vertrages war, wie hoch die Kosten des Vertrages waren und was die Absicht der Landesregierung war. Wir haben daraufhin nachgefragt. Wir haben uns damit im Ausschuss befasst. Es hat nur keinen interessiert, nicht die Abgeordneten, nicht die Regierung und auch nicht die Presse. Nein, man hat gewartet.

Deshalb frage ich mich, was der eigentliche Skandal ist: Das, was dort passiert ist, oder der Zeitpunkt, an dem wir darüber reden? Denn gewusst haben es alle, die in diesem Hause saßen. Dann frage ich mich, was die Diskussionen um Personalien an dieser Stelle überhaupt sollen. Sie wussten es. Sie haben es nur nicht als Skandal benannt.

Lassen Sie uns die Schlussfolgerungen daraus ziehen. Wir werden dem Antrag der Regierungsfraktionen zustimmen, auch in dieser Legislaturperiode die Praxis beizubehalten, die wir in diesem Parlament geübt haben. Die Landesregierung - so habe ich es der Stellungnahme des Herrn Finanzministers entnommen - wird sich in Zukunft noch strenger an diese Regeln halten. Wir haben gefragt, was die erste Konsequenz aus diesem Vorgang, über den wir heute sprechen, sein kann. Die Konsequenz kann nur sein, dass wir in der Beschlussfassung auch den Fall formulieren, der eingetreten ist, wenn nämlich Inhouse-Geschäfte, die eindeutig als Beratungsleistungen vergeben werden sollen, gemeint sind. Das haben wir Ihnen als Änderungsantrag vorgelegt.

Vielleicht noch ein Wort zur AfD. Sie haben in Ihrem Antrag von der Arroganz der Macht geschrieben. Ja, starke Worte, die Rede kam da nicht ganz mit. Aber Arroganz der Macht ist ein Begriff der Diktatur. Wir leben in einer Demokratie.

Liebe Landesregierung, wie Sie wissen, kommt in einer Demokratie alles raus, die Frage ist nur, wann. Ich glaube, an diesen Halbsatz haben Sie selber nicht geglaubt. Ich möchte Ihnen diesen Satz deshalb für diese Legislaturperiode eingehend ans Herz legen.