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Swen Knöchel zu TOP 03: Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2017/2018 / Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 / Änderung ...

Dass das, was lange währt nicht immer gut werden muss, können wir an dem von der Landesregierung vorgelegten Haushalt vortrefflich studieren. Steht in der Landeshaushaltsordnung (§ 30 Abs. 1), dass ein Haushaltsplan in der Regel bis zum 01. Oktober in den Landtag einzubringen ist. Heute ist der 24. November, reichlich spät um ihn pünktlich zu Beginn des kommenden Haushaltsjahres in Kraft zu setzen.

Ihre Absicht, die Ziele ihres Koalitionsvertrages in den Haushalt zu quetschen, mag eine gute gewesen sein, die Folgen sind Unsicherheiten allenthalben. Der Landeshaushalt ist eben mehr als Papier, er ist Handlungsgrundlage für die Regierung. Und die wird bis zu seiner Beschlussfassung im März eben nicht handeln können. Das ist nicht gut, nicht gut für die Investitionen und die Förderprogramme des Landes und eben nicht gut für die Institutionen, Verbände und Vereine die für unser Land kulturelle oder soziale Arbeit leisten. Nicht gut für Projekte der Jugendarbeit, der demokratischen Bildungsarbeit und nicht gut für die eigentlich dringend zu leistende Unterstützung des Engagements von Menschen für unser Land.

Sie haben sich Zeit genommen, die Erwartungen hoch geschraubt an diesen Doppelhaushalt 2017 / 2018. Die Frage, die ich schon bei der ersten Regierungserklärung des Ministerpräsidenten gestellt habe: „Was wiegt mehr in diesem Koalitionsvertrag, die vielen Ziele oder der auf Seite 7 formulierte Haushaltsvorbehalt?“ beantworten Sie mit diesem Haushaltsgesetz.

Der Koalitionsvertrag steht unter dem Motto „Zukunftschancen für Sachsen-Anhalt – verlässlich, gerecht und nachhaltig“, und dies sind seine Leitgedanken:

  • Neue Impulse für wirtschaftliche Dynamik
  • Nachhaltige Entwicklung
  • Bildungsgerechtigkeit sichern, gute Arbeit schaffen und sozialen Zusammenhalt stärken
  • Willkommenskultur und Integration
  • Demokratie – lebendig und bürgernah
  • Solide Finanzen für nachhaltiges Gestalten


Das haben Sie vereinbart, das werden Sie nicht oder nur in Ansätzen umsetzen. Denn es fehlt dem Koalitionsvertrag das konkrete Moment.

Der vorgelegte Haushalt wiederum gibt schon etwas konkreter Auskunft darüber, was an diesem Koalitionsvertrag nicht umzusetzen ist. Im Übrigen fischen Sie im Trüben und setzen die veranschlagten Koalitionsziele mit einer globalen Minderausgabe von 250 Millionen Euro im Jahr 2017 auf Warteliste des Ungewissen.

Relativ schnell wird deutlich, dass die sich ja ganz gut zu lesende Koalitionsvereinbarung eher zum Papiertiger taugt.
Der jetzt vorgelegte Haushaltsentwurf allerdings taugt noch nicht einmal zum Bettvorleger, und auf die Hoffnung, er werde den Landtag besser verlassen, als er nun hereinkommt, können wir aus Erfahrung nicht bauen.
Schon, wenn man an den Haushaltsentwurf Ihre eigenen Maßstäbe anlegt, muss das Urteil lauten: Gewogen und zu leicht befunden.

Allerdings – wir als Opposition werden uns nicht Ihrer Maßstäbe bedienen, wir legen unsere eigenen an:

  • Sichert dieser Haushalt gleichwertige Lebensverhältnisse und Daseinsvorsorge?
  • Bringt dieser Haushalt ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit und Zusammenhalt?
  • Fördert dieser Haushalt Wirtschaft, gute Arbeit und Nachhaltigkeit?
  • Ermöglicht dieser Haushalt Fortschritte in Bildung, Kultur und Wissensgesellschaft?
  • Entwickelt dieser Haushalt das demokratische Zusammenleben?
  • Signalisiert dieser Haushalt endlich eine Abkehr von der verhängnisvollen Finanz- (sprich Spar-) -politik der vergangenen Jahre?


Die Antwort wird nicht verwundern, sie lautet unumwunden NEIN. Und dieses NEIN ist – leider – gut begründbar.

Die Rahmenbedingungen, die wir nach 15 Regierungsjahren der CDU in Sachsen-Anhalt vorfinden sind denkbar ungünstige. Das Wirtschaftswachstum verharrt auf niedrigem Niveau, es kann nicht an die Entwicklung in Gesamtdeutschland, ja nicht einmal an die in den neuen Bundesländern anknüpfen. Diese relative wirtschaftliche Schwäche hat vorwiegend strukturelle Gründe. Neben ungünstiger demographischer Entwicklung spielen Faktoren, wie zu wenige Investitionen in Bildung und Forschung, zu wenig Internationalität und zu wenige Innovationen eine wichtige Rolle.

Die Bevölkerungszahl stagniert bzw. geht zurück, wenn auch in geringerem Maße als prognostiziert. Das auf die Aufnahme von Flüchtlingen zurückgehende Plus in der Wanderungsbilanz des vergangenen Jahres relativiert sich durch die geringe Verbleibensquote von Schutzsuchenden in unserem Bundesland. Das bedingt, dass unser Bundesland trauriger Rekordhalter in Lebensbereichen ist, wo es niemanden nach Rekorden drängt.

In den Städten Halle und Magdeburg müssen jeweils ein Drittel der Kinder von Sozialleistungen, also in Armut leben. 10 Prozent der Schülerinnen und Schüler verlassen unsere Schulen ohne einen Abschluss. Die Anzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit geringen Löhnen nach Hause gehen müssen, die Arm trotz Arbeit sind finden sich ebenfalls überdurchschnittlich in Sachsen-Anhalt. Und die Menschen, die im Alter nicht von ihrer Rente leben können steigt ebenfalls, was die Fallzahlen bei der Grundsicherung im Alter belegen. Und Politik die, wie wir es in den vergangenen Jahren erleben durften, darauf reagiert indem sie sagt, wir müssen uns kleinmachen, kaputtsparen, Investitionen vernachlässigen, Lehrer, Polizisten und andere Landesbedienstete abbauen – welche die Daseinsvorsorge wie öffentlichen Nahverkehr, Kultur- und Bildungseinrichtungen wegkürzt und nur ein Ziel, nämlich das der schwarzen Null kennt, sendet nur ein Signal – erwartet nichts von diesem Land. Es ist die Perspektive, die vielen Menschen in unserem Land fehlt. Oder anders -  Hoffnung darauf, die Unterstützung zu finden, die sie in die Lage versetzt ihre eigene Lebenssituation zu verändern. Das führt zu einer tiefen Entfremdung zwischen Land und Leuten, führt zu Wegzug oder Resignation, aber auch zu Abschottung und Engstirnigkeit, wie wir immer wieder in diesem Land und seit März auch in diesem Haus erfahren müssen.

Gut ist, dass die Landesregierung offensichtlich erkannt hat, dass man nicht bis zur Unendlichkeit beim Personal sparen kann. Deshalb begrüßt auch meine Fraktion den Sinneswandel der Landesregierung, das alte Personalkürzungskonzept ist mit diesem Haushalt zumindest vom Tisch.
Ein Konzept, wie sich Landespersonal in Zukunft gestaltet soll, fehlt. Wir erwarten, dass das Personalbudget der erste Schritt zu einem Konzept ist, welches dazu führt, dass unser Land perspektivisch das Personal zur Verfügung hat, welches es für seine Aufgaben braucht.

Richtig ist, die Anwärterzahl der Polizei drastisch aufzustocken, damit wir mittelfristig wieder zu einer Sollstärke von 6.400 Polizisten im Einsatz zurückkehren. Aber das ist noch nicht alles, es fehlt an allen Ecken und Enden, die Abbauschäden, die in den vergangenen 15 Jahren angerichtet wurden gehen tiefer. Wir werden hier noch mit gesonderten Anträgen zu den Forstbediensteten über einen kleinen Ausschnitt aus der Landesverwaltung zu sprechen haben.

Und wir sollten endlich mit dem fatalen Irrtum aufhören, dass man durch Personalabbau spare.

Bei der Landesstraßenbaubehörde erhöht sich der Ansatz für Dienstleistungen Außenstehender um jährlich fünf Millionen Euro. Die Hälfte davon ist für Bauwerksprüfungen vorgesehen – vor dem segensreichen Personalentwicklungskonzept konnte die Landesstraßenbaubehörde (LSBB) das noch mit eigenen Leuten erledigen.
Die Kosten für den Winterdienst verdoppeln sich nahezu von 2,6 Millionen Euro in 2015 auf 4,8 Millionen Euro im Jahr 2018. Auch hier fehlen eigene Leute: Knapp 900 werden gebraucht, nur die Hälfte stehen der LSBB zur Verfügung. Über einige Jahre hat die Regierung versucht, die Löcher über Leiharbeiter und Saisonkräfte zu stopfen. Das ging dann nicht mehr, weil die Saisonkräfte nach der dritten Befristung Anspruch auf ein anständiges, reguläres Arbeitsverhältnis gehabt hätten. Höchstes Ziel der Landesregierung war es, das zu verhindern.
Die Lösung: Privatisierung
Die Folgen: Doppelte Kosten.
Das Beispiel Thüringen hat gezeigt: Die Privatisierung des Winterdienstes führt zu schlechterer Qualität und höheren Preisen. Dort versucht man gerade, die Privatisierung rückgängig zu machen.

Das Landesverwaltungsamt, welches laut Koalitionsvertrag der zentrale Dienstleister des Landes sein soll, findet in diesem Haushaltsplan ebenfalls keine hinreichende personelle Perspektive. Das Ergebnis kennen wir, statt qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zahlt das Land für teure Beraterverträge drauf. Aber auch das Ausmaß ausgelagerter Aufgaben ist teuer, die Erstattungen an die Investitionsbank werden bis 2018 auf 33,1 Millionen Euro ansteigen. Dort werden die Förderprogramme bearbeitet, die eigentlich in die Landesverwaltung gehören.

Interessant in diesem Zusammenhang, dass das Finanzministerium am 29. Oktober diesen Jahres die Verordnung über die Errichtung der Investitionsbank im Paragraphen 4 dahingehend geändert hat, dass sie nun nicht mehr das zentrale Förderinstitut des Landes ist und von der Beschränkung nur im Rahmen der übertragenen Förderprogramme tätig zu werden, befreit wurde. Besonders pikant Herr Finanzminister ist, dass Sie ihr als zusätzliche Aufgabe die Erbringung von Beratungs- und anderen Dienstleistungen in die Satzung geschrieben haben. Und das, ohne den Finanzausschuss zu informieren. Darüber wird noch zu sprechen sein.

Sachsen-Anhalt steuert auf eine bisher hier nicht bekannte Krise in der Unterrichtsversorgung zu. Der Trümmerhaufen vergangener Personalpolitik kann nicht über Nacht beseitigt werden. Es muss beherzter zugepackt werden. Der Haushalts-Planentwurf gibt nicht die erforderlichen Spielräume, um durch Neueinstellungen ausgeschiedene Lehrkräfte zu ersetzen und aufgerissene Lücken zu schließen. Wir fordern, mehr ausfinanzierte Stellen in den Landeshaushalt.
Gleiches gilt für die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es ist im Übrigen unverständlich und widerspricht den Aussagen Ihres Koalitionsvertrages, dass bei den pädagogischen Mitarbeitern nicht die Zielzahl von vereinbarten 1.800 Vollzeitäquivalenten erreicht wird, sondern im Jahr 2017 1.525 geplant sind und im Jahr 2018 nur noch 1.468.

Wir wollen die Staatlichen Seminare weiter ausbauen. Schon ein Blick auf die Alterspyramide der Lehrerschaft zeigt: Wir haben einen hohen und wachsenden Ersatzbedarf. Hinzukommen wieder steigende Schülerzahlen – erfreulich – und die Notwendigkeit, die in den letzten Jahren gewachsenen Versorgungslücken zu schließen. Dazu müssen wir mehr ausbilden und auch Seiteneinsteigern den Weg in die Schulen öffnen. Es geht aber auch darum, sie adäquat zu qualifizieren und die Voraussetzungen zu schaffen, dass sie nicht auf Dauer als Lehrkräfte zweiter Klasse bezahlt werden. Dazu brauchen wir auch neue und erweiterte Angebote der Staatlichen Seminare, auch einen berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst.

Um soziale Bildungsbarrieren abzubauen, wollen wir eine vollständig eigenbeitragsfreie Schülerbeförderung auch in der Sekundarstufe II.

Bildung ist eine wesentliche Grundlage für die demokratische Entwicklung der Gesellschaft, gerade jetzt, wo grundlegende humanistische Werte in Frage gestellt werden. An Bildungseinrichtungen, Hochschulen und Erwachsenenbildungsstätten wurden vor allem in den letzten Monaten durch großes Engagement erhebliche Integrationsleistungen erbracht. Was vor allem an den allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen geschafft wurde, wie hier Kinder ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger, geflüchtete Jugendliche aufgenommen wurden, verdient größte Hochachtung. Dafür müssen weiter gute Bedingungen geschaffen werden. Wir brauchen die Sprach- und Integrationslehrkräfte. Wir brauchen aber auch solche Angebote wie die Servicestelle für interkulturelles Lernen. Sie darf nicht der Finanznot zum Opfer fallen. Wir brauchen eine höhere Wertschätzung für die Arbeit an den Einrichtungen der Erwachsenenbildung und keine immer neue Kürzungsspirale auf diesem Gebiet. Und wir brauchen die Netzwerke, die Akteure und Kampagnen für Demokratie, die bei der Landeszentrale für politische Bildung, im Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration und anderswo finanziert und begleitet werden – Kürzungen in diesen Bereichen lehnen wir ab.

Und noch eine Anmerkung zu den Sprachlehrern. Deren Weiterbeschäftigung ab 01.01.2017 scheitert nicht an fehlender Qualifikation, sondern am politischen Willen.
Die Verlängerung der Befristung bis zum Schuljahresende ist keine Frage der Qualifikation, denn die Lehrkräfte sind ja eingestellt und arbeiten in der Sprachförderung zur allgemeinen Zufriedenheit. Selbst wenn der Bedarf an Sprachförderunterricht ab dem 01.01.2017 tatsächlich geringer würde (was eindeutig zu bestreiten ist), dann müssen die „ehemaligen“ Sprachförderkinder aber den „normalen“ Unterricht der Regelschüler erhalten. Auch dies erzeugt einen entsprechen Unterrichtsbedarf, wofür entsprechende Lehrkräfte benötigt werden. Mit dem Ausscheiden von Sprachlehrkräften müssten also zeitgleich in fast gleichem Umfang andere, „normal“ ausgebildete Lehrkräfte eingestellt werden. Davon ist aber seitens der Landesregierung bisher keine Rede, sondern das Arbeitsvolumen der Sprachlehrkräfte soll schlicht wegfallen. Das bedeutet, dass die Unterrichtsversorgung von 99,5% (Stichtag der Unterrichtserhebung, Antwort der Landesregierung auf KA – Drs. 7/541) dann landesweit auf deutlich unter 99% absinken wird.

Auch der von uns geforderten Übernahme auf feste Stellen (spätestens nach dem Ende des Schuljahres) steht bei den meisten Beschäftigten nicht eine zu geringe Qualifikation entgegen. Die übergroße Mehrheit (mehr als 80%) verfügt über einen wissenschaftlichen Hochschulabschluss (Diplom, Staatsexamen, Master oder Magister) oder über einen DDR-Lehrerabschluss. Solche Abschlüsse werden inzwischen auch bei den „normalen“ Stellenausschreibungen längst gesucht und zugelassen.
Hier stellt sich also die Frage: Wie ernst ist es Ihnen mit den im Koalitionsvertrag vereinbarten Zielen zur Sprachförderung, wie ernst ist es ihnen mit dem Ziel der Integration?

Zweifel darf man haben, auch wenn ich an die vereinbarte elektronisch Gesundheitskarte für Asylbewerberinnen denke. Zur elektronischen Gesundheitskarte für Asylbewerber_innen steht im Koalitionsvertrag:
 „Das Land setzt sich für eine bundesweit einheitliche Reglung zum Zugang zu medizinischen Leistungen ein. Bis dahin wird das Land eine Asylbewerberkarte einführen. Diese enthält alle Registrierungsdaten und ermöglicht damit den unmittelbaren Gang zum Arzt. Die Abrechnung erfolgt wie bisher zwischen Arzt und Landkreis. Damit fallen der hohe Verwaltungsaufwand im Landkreis und die Verwaltungsausgaben für den Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte weg. Zwei Jahre nach Einführung dieser Asylbewerberkarte erfolgt eine Überprüfung.“

In der Sitzung des Sozialausschusses am vergangenen Mittwoch fand ein  Fachgespräch zum Thema Gesundheitsversorgung in der ZASt statt (von uns auf die Tagesordnung gebracht.). Wir fragten nach dem Arbeitsstand der Karte, und von einem Vertreter des Innenministeriums (Johannes Wiedemeyer) hieß es sinngemäß: Die Lage des angespannten Haushaltsplanes sei ja bekannt. Im Startjahr würden dafür Kosten von etwa 4 Mio. Euro anfallen und danach jeweils von ca. 2,8 Mio. Euro per anno (u.a. seien angeblich extra Lesegeräte in allen Arztpraxen erforderlich). Und man müsse jetzt eine Prioritätenabwägung machen. Heißt was? Will die Koalition die Karte nun oder nicht?

Die Vertretung der Kommunen machte uns in diesem Fachgespräch klar, dass es schon seit Monaten kein Gespräch mehr dazu gab. Es stellt sich jetzt also heraus, dass mit den Verweis auf die angeblich hohen Kosten, die wir hier völlig in Frage stellen müssen, die Einführung der Karte auf Sankt-Nimmerlein vertagt werden soll. Dabei ist es schlicht nicht notwendig, ein neues System einzuführen. Die Gruppe derer, die tatsächlich nach Asylbewerberleistungsgesetz versorgt werden muss, wird ohnehin immer kleiner.
Mindestens die CDU scheint aber grundlegend von der Frage gepeinigt zu sein, wie denn – koste es was es wolle – zu 100% sichergestellt werden kann, dass dieser Personenkreis bloß nicht eine kleine Leistung in der Gesundheitsversorgung mehr bekommt, als § 4 Abs. 1 AsylbLG vorsieht (Akutversorgung).  Indes gibt es Bundesländer, die im Sinne einer humanen Versorgung tatsächlich zusätzliche Mittel eingestellt haben. In Thüringen: 1 Mio. Euro für psychologische Versorgung und  500.000 für anonyme Krankenscheine. In Brandenburg hat man im Rahmen der Novellierung des Aufnahmegesetzes nicht zuletzt den Sozialarbeiter_innenschlüssel deutlich verbessert (zuvor war eine Fachkraft für 120 Geflüchtete zuständig, nun nur noch für 80.). Auch hier stellt sich wieder die Frage nach der Ernsthaftigkeit der vereinbarten Ziele.

Ausdrücklich begrüßen wir die Erhöhung der Grundfinanzierung für unsere Hochschulen als längst überfällige Maßnahme. Allerding - keine Auskunft gibt der vorliegende Planentwurf, wie die Investitionen der Universitätsklinika gestemmt werden können. Hier sieht meine Fraktion Handlungsbedarf, wir fordern, dass kurzfristig die Investitionssumme auf 7 Millionen Euro angehoben wird, das entspricht der Summe des Jahres 2015, mittelfristig sind je Klinik 10 Millionen Euro vorzusehen. Dazu sind auch im Einzelplan 20 die Bauvorhaben abzusichern, hier sollten wir auch nach Finanzierungsalternativen suchen, um unsere Kliniken zügig auf den für die Forschung und Lehre sowie die Maximalversorgung unserer Bürgerinnen und Bürger notwendigen Stand zu bringen.

Und mit diesem Haushalt ist auch endlich die Frage der Finanzierung des Rechtsmedizinischen Institutes abzuräumen. Es kann nicht sein, dass die Aufgabe der Gewaltopferambulanzen aus den Mitteln der Lehre oder der Krankenversorgung abgezweigt werden. Hierüber, Frau Grimm-Benne sollten sie nachdenken, statt über die Zusammenlegung von Aufsichtsräten zu schwadronieren.
Und nachzudenken gibt es viel im Ministerium für Arbeit und Soziales, zum Beispiel über die Frage, wie die seit Jahren brachliegende Aufgabe der Krankenhausinvestitionen gelöst werden kann. Das duale Finanzierungssystem weist dem Land als originäre Aufgabe die Finanzierung der Investitionen in Krankenhäusern zu. Alle Bundesländer haben in den vergangenen Jahren dieses Aufgabenfeld sträflich vernachlässigt. In den neuen Bundesländern fiel das lange Zeit nicht so auf, da es auf Grundlage des Artikels 14 Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) einen Sonderfonds  gab, aus dem viele umfassende Investitionen finanziert werden konnten. Aber mit Rückgriff auf diese Gelder wurde diese genuin landespolitische Aufgabe immer mehr als Einsparpotential der Landesspolitik missbraucht. Inzwischen liegen die neuen Bundesländer wieder ganz hinten, und Sachsen-Anhalt stellt auch im reinen Ostvergleich das Schlusslicht dar. Prof. Schütte, Vorsitzender der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt (KG-SAN), hat dies am vergangenen Donnerstag beim zweiten Krankenhaus-Expertenforum in Magdeburg  eindrücklich dokumentiert. Die Studie, die die KG-SAN im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben hatte, geht von einem anwachsenden Investitionsstau im Bereich der Pauschalförderung in Höhe von 963 Mio. Euro aus (Stand: 2013). Der derzeitige Investitionsbedarf (ebenfalls Stand 2013) beträgt demnach 164 Mio. Euro. Darüber hinaus prognostizierte die Studie einen Krankenhausinvestitionsbedarf bis zum Jahre 2025 in Höhe von 191 Mio. Euro. Selbst wenn wir „bösartig“ unterstellen, dass der Bedarf nur halb so hoch ist, wie in dieser Studie angegeben, sehen wir, dass der Haushaltsplan nicht annähernd adäquate Summen ausweist. Es besteht die große Gefahr, dass wir uns auf dem Weg zur monistischen Finanzierung der Krankenhäuser begeben. Die Krankenkassen weisen nicht zu Unrecht seit langem darauf hin, dass sie die Gestaltungsvorgaben der Politik infrage gestellt sehen. Wenn in Wirklichkeit die Investitionen aus den DRG´s (Diagnosis Related Grpups) gepresst werden (zu allererst auf dem Rücken des Pflegepersonals, wie wir als LINKE unterstreichen), dann wollen die Kassen auch alleine in der Krankenhausplanung Regie führen. Das kann man ihnen vor dem Hintergrund der Säumnisse in der Haushalts-Politik nicht wirklich übel nehmen. Wir sagen aber, dass Politik diesen Gestaltungshebel nicht aus der Hand geben darf.

Was an dem vorliegenden Haushalts-Plan besonders bedenklich ist: Es sind – trotz der Bundesmittel (Krankenhausstrukturgesetz) – nicht nur immer noch zu wenige Mittel eingesetzt, sondern diese Mittel werden offenkundig unterschiedlich verteilt. Es sieht eben so aus, dass ausgerechnet die kommunalen Krankenhäuser besonders schlecht gestellt sind.

Uns drängen sich da einige Fragen auf, die wir auch schon in Vorbereitung für die Beratung im zuständigen Fachausschuss formuliert haben: Warum um Himmels willen – und damit beginnt das Ganze – wurde die Pauschalförderung für die kommunalen Häuser in das FAG (Finanzausgleichsgesetz) überführt, wo es sich doch ganz klar um eine Landesaufgabe handelt? Die sich anschließende Frage lautet: Warum wird diese Pauschalförderung zumindest für 2017 um ca. 3,6 Mio. Euro gekürzt, während die Mittel der Pauschalförderung für die freien-gemeinnützigen und privaten Kliniken für 2017 mehr als eine Verdoppelung erfahren und 2018 sogar schon bei einem Plus von ca. 10 Mio. Euro im Vergleich zu 2016 liegen (von ca. 6,4 Mio. auf ca. 16,4 Mio. Euro)? In der Einzelfallförderung wird dieser Vergleich noch viel irritierender: Hier ist bei den kommunalen Krankenhäusern für 2017 und 2018 eine übersichtliche „Null“ ausgewiesen, während für die anderen Kliniken in 2017 bereits 4 Mio. Euro eingestellt sind und für das 2018 dann sogar gute 12 Mio. Euro? Gibt es dafür irgendeine verständliche Erklärung? Das müssen wir in der vor uns liegenden Beratung dringend klären. Denn als LINKE liegen uns die kommunalen Häuser selbstverständlich ganz besonders am Herzen. Eine Schlechterstellung ausgerechnet dieser Kliniken werden wir nicht hinnehmen.

Wenn auch in einer kleineren Größenordnung stellt sich die gleiche Frage nach der Ungleichbehandlung auch bei den Anlagegütern. Die kommunalen Häuser jeweils „Null“ die anderen 700.000 Euro in 2017 und 800.000 Euro in 2018.
An dieser Stelle erweisen sich mindesten 15 Millionen Euro der Aufstockung der Mittel für die Kommunen als Mogelpackung. Denn nehmen die Kommunen die Herausforderung an, kann es passieren, dass sie ganz schnell die ganze Finanzierung der kommunalen Krankenhäuser tragen müssen.

Und noch an einer anderen Stelle droht den Kommunen Ungemach. Im Haushaltsbegleitgesetz, im Artikel 3, ändern Sie das Grundsicherungsgesetz des Landes. Statt der bisher 122 Millionen Euro Festbetrag im Gesetz wollen Sie den Betrag dynamisiert an das Finanzausgleichgesetz des Bundes koppeln. Am 04. November 2016 hat der Bundesrat die Änderungen beschlossen, die Zuweisung an Sachsen-Anhalt wurden darin von 145 Millionen Euro auf 94 Millionen Euro reduziert. Die so harmlose Regelung im Haushaltsbegleitgesetz bedeutet also einen Einnahmeausfall für die Kommunen von netto mindestens 45 Millionen Euro aus. Diese Frage wird uns in den folgenden Haushaltsberatungen noch beschäftigen.

Beschäftigen wird uns auch eine Reihe von Einzelfragen, zum Beispiel der, wie ernst Sie Beschlüsse des Landtages nehmen. Wir haben beschlossen, im Zusammenhang mit den Frauenschutzhäusern die Präventions- und Beratungsarbeit zu verbessern, den beschlossenen Punkt der Kinderbetreuung finden wir nicht im Haushalt.

Wir wundern uns, warum der Landeszentrale für politische Bildung die Zuwendungen für Bildungsveranstaltungen um 100.000 Euro gekürzt wurden.

Und Frau Grimm-Benne, wir finden, dass es unredlich ist, bei der Eingliederungshilfe, wo meine Kolleginnen Zoschke und von Angern das Auskunftsrecht über die genaue Verteilung der Investitionszuschüsse vor dem Landesverfassungsgericht erstritten haben, diese nunmehr in der Gesamtsumme der Eingliederungshilfe im Titel 671 01 aufgehen zu lassen. Seien Sie sicher, auch diesen Titel hinterfragen wir.

Die vor uns stehenden Haushaltsberatungen sind mit vielen Fragezeichen versehen. Uns, der LINKEN, kommt es darauf an sicherzustellen, dass sich in unserem Land etwas bewegt. Wir werden die Defizite Ihrer Planung offenlegen und Alternativen aufzeigen. Wir sind uns bewusst, diese Haushaltsberatungen sind die Fortsetzung der Koalitionsverhandlungen mit anderen Mitteln. Doch wie es einem Haushalt zu Eigen ist, kann man da weniger in blumigen Worten mit Finanzierungsvorbehalt verstecken. Der hier eingebrachte Haushalt zeigt die Schwächen dieser Koalition nur zu deutlich auf.

All dies belegt nur: Dieser Haushaltsentwurf genügt nicht einmal den Ansprüchen Ihres eigenen Koalitionsvertrages, geschweige denn den unseren – und schon gar nicht den drängenden Gestaltungsanforderungen für Sachsen-Anhalt.