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Swen Knöchel zu TOP 02: Entwurf eines Gesetzes zur Ablösung des Finanzausgleichsgesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze

Ich habe beim letzten Mal gesagt, was wir  in Ihrem Gesetzentwurf besser als im Gesetz finden. Heute werde ich Ihnen sagen, warum wir den Gesetzentwurf dennoch ablehnen werden, denn nicht alles, was besser ist, ist auch gut. Es kommt immer auf den Punkt an, von dem man startet. Der Punkt war in Sachsen-Anhalt der, dass die Kommunen in den vergangenen Jahren der Bereich waren, vor allem im Hinblick auf die Rückführung der FAG-Summe, für die die Mittel im Landeshaushalt signifikant gesunken sind. Das ist so. Sie haben es erwähnt: Kommunale Vertreter sagen immer wieder, sie gäben sich die allergrößte Mühe, um zu konsolidieren, aber jedes Mal, wenn sie den Schritt gemacht hätten, dann kämen Sie mit der nächsten Rückführung.

Ich kenne eine Kommune - ich wohne dort -, die konsolidiert hat. Sie hat in den letzten Jahren eine Summe von 100 Millionen  € konsolidiert. Das ist ein Fünftel des Haushalts. Ich denke, wenn Sie gute Ratschläge geben wollen, dann machen Sie es dieser Kommune erst einmal nach. Ich verweise auf die Ausführungen zum Nachtragshaushalt meiner Kollegin Frau Dr. Klein, in denen wir uns mit Ihrer Art zu sparen auseinandergesetzt haben. Das müssen wir heute nicht tun.
 
Unsere andere Sicht auf Kommunen finden Sie zuallererst in unserem Änderungsantrag zu § 1 Abs. 2, den Sie in den Ausschussberatungen abgelehnt haben. Wir wollen im Gesetz ein Anerkenntnis dessen festschreiben, dass Kommunen freiwillige Aufgaben haben.
 
Ein zweiter Punkt ist, dass sich in der kommunalen Familie ab dem nächsten Jahr eine ganze Menge ändern wird, insbesondere im Rechnungswesen durch die  Umstellung auf die Doppik. Unter Ihrer Kassenstatistik steht: Die Zahlen sind  schon gar nicht mehr mit dem Vorjahr vergleichbar, weil sich systematische  Änderungen ergeben haben.  Wir hätten das gern als Planungsvorgabe für das Ministerium mit im Gesetz gehabt, deswegen dieser Änderungsantrag zu § 1 Abs. 2.
 
Sie sagten, über Angemessenheit könne man jahrelang reden und Angemessenheit gehe in alle Richtungen. Das ist richtig. Aber eine aufgabenangemessene Finanzierung mithilfe der Kassenstatistik zu ermitteln, die zum Beispiel nicht getätigte Ausgaben nicht enthält, und alle Einnahmen gegenzurechnen, das führt zu einem geschlossenen System, das immer weiter nach unten geht.
 
Wir haben eine andere Sicht auf die kommunale Finanzierung. Unsere Sicht auf die kommunale Finanzierung ist, dass die Kommunen an den Erfolgen, aber auch an den Einnahmeschwankungen des Landes teilhaben sollen. Deshalb haben wir ein anderes System vorgeschlagen, einen Einnahmeverbund. Das ist nicht der alte Steuerverbund. Der Annahme, dass die kommunalen Einnahmen steigen werden, trägt dieses System Rechnung. Wenn die Kommunen erfolgreich sind, geht in unserem System der Landesanteil zurück.
 
Da man, wie gesagt, jahrelang über Aufgaben und über das, was angemessen ist, reden kann, haben wir gesagt: Wir reden lieber über die Mindestfinanzausstattung, die zum Tragen kommt, wenn die über den Einnahmeverbund kommenden finanziellen Mittel nicht auskömmlich sind. Über eine Mindestausstattung zu sprechen ist etwas anderes, als eine Angemessenheitsdebatte zu führen, die in alle Richtungen gehen kann.
 
Im Prinzip haben Sie vorgemacht, wie eine Mindestausstattung funktionieren kann und welche Überlegungen zur Finanzierung kommunaler Aufgaben anzustellen sind. Sie haben unlängst einen Betrag von 1,602 Milliarden € ermittelt. Dann haben Sie die Remanenzkostenpauschale von 30 % in die Rechnung aufgenommen und neu gerechnet. Und was kam bei Ihrer neuen Betrachtung heraus? - 1,602 Milliarden €. Selbst wenn die Welt am 21. Dezember 2012 untergeht, kommen wieder 1,602 Milliarden € heraus. Sie rechnen immer wieder neu. Es gab Änderungen in den §§ 4 und 5. Die Zahlen sind okay, aber Sie zeigen: Das ist ein permanenter Rechnungsprozess und wenn Sie neu rechnen, kommt jedes Mal eine andere Zahl heraus. Deswegen ist, glaube ich, das Verbundsystem sinnvoller als der Versuch, immer wieder neu zu rechnen und sich dann über die Mathematik zu streiten.
 
Ja, wir haben vorgeschlagen, dass die Mindestausstattung gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden ermittelt wird.  Bei den Ergänzungszuweisungen haben wir uns weiter angenähert. Bei den Kreisstraßen haben Sie unseren Vorschlag sogar übertroffen. Ich finde das System, die Zuweisungen an den Kosten zu  orientieren, sogar relativ sinnvoll. Wir hätten das auch mittragen können, wenn das nicht alles zulasten der Schlüsselzuweisungen gehen würde, also des Bereiches, der tatsächlich die Umverteilung bewirkt.
 
Sie hatten die Überlegung, ein U6-Kriteri um einzuführen. Das kann man tun. Man kann sagen: Wir wollen die Betreuung der  unter Sechsjährigen besonders fördern. Aber wir bleiben dabei: Das gehört eigentlich in das Kinderfördergesetz und nicht in das FAG. Denn damit verstetigen Sie nur den negativen Trend für die Gemeinden, die nur wenige unter Sechsjährige haben. Deswegen schlagen wir mit den §§ 11a und 11b Ergänzungszuweisungen vor, die die notwendigen Anpassungsprozesse tragbar machen.  

Ganz besonders wichtig ist § 17. Der Ausgleichsstock - das unbekannte Wesen im Land Sachsen-Anhalt, der Ort, woher der Finanzminister die Schecks holt, die er verteilt, womit er die Doppik finanziert, womit der Innenminister schnell einmal den Digitalfunk finanziert. Niemand weiß, wie dieser Ausgleichsstock funktioniert. Wir denken, hierfür sollte es verbindliche Regeln geben. Wir wollen eine Rechtsverordnung, damit derjenige, der einen Antrag stellt, nachvollziehen kann, nach welchen Kriterien das Finanzministerium hierüber entscheiden wird. Das geht nämlich im Moment nicht so einfach. Auch hierauf haben wir eine etwas unterschiedliche Sicht.  
 
Dass die Leistungen für Asylbewerber im nächsten Jahr aus dem Ausgleichsstock genommen werden sollen, halten wir übrigen s für zielführend; denn die Kosten sind noch nicht ermittelbar. Insoweit tragen wir diese Übergangslösung mit.
 
Aber Schecks verteilen Sie gern. Sie haben ganz „starke“ Programme aufgelegt. Stark II geht auf das Problem ein, zu dem der Finanzminister sagt: Armut sieht anders aus. Ja, klar: Der Reichtum, den wir  sehen, ist über Kredite finanziert worden, und die Kommunen haben nicht die  Möglichkeit, diese Kredite aus eigenen Mitteln zurückzuzahlen. Deswegen brauchen sie den Finanzminister.
 
Bei Stark III wird der Herr Finanzminister zum besseren Schulminister und sagt, was nach seinen Vorstellungen gemacht werden muss. Das Problem ist richtig erkannt, die Art, wie Sie es angehen, halten wir für problematisch.

Bei Stark IV erkennen Sie eigentlich an, dass die Kommunen in den letzten Jahren unterfinanziert waren. Sie waren insoweit unterfinanziert, als  Kassenkredite auflaufen mussten, weil die Landeszuweisungen zurückgegangen sind. Aber gerade mit diesem Lenken aus Magdeburg, bei dem Sie nicht nur Finanzminister, sondern auch unser bester IT-Administrator und unser bester Bauverwalter sind - jetzt  wollen Sie auch noch der beste Kämmerer und der beste Schulplaner werden -, geht alles ein bisschen in Richtung Planwirtschaft. Wir haben eine andere Sicht auf kommunale Selbstverwaltung.

Ich glaube, Entscheidungen werden am besten vor Ort getroffen und nicht im Finanzministerium. Deswegen stehen wir für eine auskömmliche Ausstattung der Kommunen, statt über „starke“ Programme nachzusteuern, was in der Vergangenheit versäumt worden ist.