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Stefan Gebhardt zu TOP 30: Sinnvollen Interessenausgleich zwischen Wirtschaft, Vereinen sowie ehrenamtlich Tätigen und Kulturschaffenden ermöglichen

Wenn alle Fraktionen des Landtages sich zusammenfinden und gemeinsam einen Antrag in den Landtag einbringen, muss es hierfür schon einen wichtigen Hintergrund bzw. Anlass geben, denn so häufig kommt dies ja auch nicht vor.

Der Anlass für diesen Antrag ist die Ankündigung der GEMA, ab dem kommenden Jahr ein neues Tarifsystem einzuführen, welches schon jetzt massive Proteste nach sich zieht. Seit Monaten protestieren Veranstalter von Musik- bzw. Konzertevents, Tanzveranstalter, Clubbetreiber, sowie Besitzer bzw. Betreiber von Musikkneipen und Discotheken gegen die geplante Tarifreform, weil sie um ihre Existenz fürchten, weil sie ganz einfach die berechtigte Sorge haben, dass ihre Veranstaltungen nicht mehr finanzierbar sind, weil eben die GEMA-Tarife so sehr steigen sollen, dass die Kosten, die hierfür dann fällig wären, schlicht nicht bezahlbar wären.

Diese Sorgen müssen wir ernst nehmen und aufgreifen. Und genau dies tun wir hier mit dem vorgelegten gemeinsamen Antrag.

Wenn man den bundesweit stattfinden Protest verfolgt, stellt man fest, dass er in Berlin am größten ist. Hier finden fast wöchentlich Demonstrationen und ähnliches statt. Klar, in der Bundeshauptstadt ist natürlich die Musik- und Clubszene am dichtesten. Aber auch aus Sachsen-Anhalt gibt es immer mehr Stimmen, die darauf hinweisen, auf welches Desaster man zusteuern würde, wenn die geplante Tarifreform so umgesetzt werden würde, wie vorgesehen.

Mehrere Beispiele wurden uns allen in der letzten Zeit hier vor Augen geführt: Der Geschäftsführer eine Diskothek aus Bernburg äußerte sich in der Mitteldeutschen Zeitung und bezeichnete die geplanten GEMA-Erhöhungen wörtlich als „Wahnsinn“. Wenn dies so kommen würde, müsste seine Disco Eintrittspreise von ca. 30 Euro pro Besucher verlangen, was natürlich genau so Wahnsinn wäre. Der Disco-Geschäftsführer sieht eine solche Eintrittspreiserhöhung als völlig illusorisch an und prophezeite deshalb ein massives Discothekensterben, auch in Sachsen-Anhalt.

Auch in der Magdeburger Volksstimme kamen Kulturveranstalter zu Wort und äußerten ihre Sorgen, die auf sie zukommen würden, ganz unumwunden. Christian Czibor von der Magdeburger „Festung Mark“ sagte: „Wenn das so durchkommt, kann man eigentlich nur noch dichtmachen. Wir erwarten eine Kostenexplosion von fast 500 %!“ Im gleichen Beitrag meldete sich auch der Sprecher der „AG Innenstadt Magdeburg“ zu Wort. Er wies darauf hin, dass es im nächsten Jahr kein Stadtfest geben wird, wenn es wirklich so kommt.

Diese Beispiele sind ja nicht aus der Luft gegriffen, sie zeigen, wie ernst die Lage ist. Und diese Beispiele zeigen, dass Herr Mormann von der SPD-Fraktion Recht hat, wenn er in seiner Pressemitteilung sagt, dass die geplanten GEMA-Änderungen wirtschaftsfeindlich sind.

In meiner Fraktion werfen wir noch einen anderen Blick auf die vorgesehene Tarifreform. Aus Sicht der Linkfraktion ist sie nämlich auch kulturfeindlich. Denn wie will man es denn anders bezeichnen, wenn dadurch eine ganze Kulturszene (die in Sachsen-Anhalt bisher sehr lebendig ist) droht, den Bach herunter zu gehen? Wie will man es sonst bezeichnen, wenn ein großflächiges Verschwinden von Discotheken, Musikveranstaltungen, Konzerten und Stadtfesten einsetzen würde?

Natürlich wissen wir, dass die GEMA die Institution ist, welche sich darum kümmert, dass Autoren bzw. Komponisten für ihr geistiges Eigentum Tantiemen erhalten. Die GEMA ist die Institution, die dafür Sorge trägt, dass KünstlerInnen für ihr geschaffenes musikalisches Werk nicht leer ausgehen, sondern dafür vergütet werden. Ich will ganz unmissverständlich bekennen: Das ist völlig unstrittig. Und das soll auch so bleiben. Unser Anliegen ist es nicht, eine Kostenlos-Kultur zu etablieren, wo geistiges Eigentum nichts wert ist. Aber: Es ist eben immer alles eine Frage des Maßes und des Ausmaßes. Und hier fehlt es ganz offensichtlich am Augenmaß.
Denn was hätten Künstlerinnen und Künstler, Autoren, Komponistinnen und Komponisten davon, wenn niemand mehr ihre Musik live oder vom Band hören kann, wenn niemand nach ihrer Musik tanzt, weil eben ein großflächiges Sterben von Musikkneipen, Clubs und Discotheken einsetzen würde? Daran kann und darf niemand Interesse haben, auch nicht die Musikschaffenden und eigentlich auch nicht die GEMA selbst.

Daher handeln wir mit diesem Antrag im Interesse derer, die daran interessiert sind, auch künftig eine lebendige Musikkulturszene im Land zu haben. Dass es gelungen ist, einen fraktionsübergreifenden, gemeinsamen Antrag zu formulieren – dafür bin ich und dafür ist meine Fraktion sehr dankbar. Ich möchte mich hier ausdrücklich bei allen Fraktionen dafür bedanken, dass dies so möglich war. Besonderen Dank möchte ich Marcus Kurze von der CDU-Fraktion sagen, der hier völlig uneitel herangegangen ist und wo wir sofort Konsens miteinander fanden.

Dass sich die beiden Oppositionsfraktionen untereinander verständigen, ist ja nicht unnormal. Auch, dass sich die beiden Koalitionsfraktionen miteinander verständigen, ist normal. Aber dass es auch zwischen Regierungsfraktion und Opposition gelingt, ist ein nicht alltäglicher, positiver Vorgang. Marcus Kurze und ich waren uns schnell darin einig, dass es eben sinnvoller ist, einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen einzureichen, weil es den Druck auf die Verantwortungsträger erhöht, wenn wir hier im Landtag sagen und auch zeigen: Wir sind uns hier alle einig. Das ist wohl druckvoller, als wenn jede Fraktion hier einen Antrag eingebracht hätte.

Ich habe in der Arbeitsgruppensitzung des Kulturkonvents von diesem Anliegen berichtet und auch dort deutliche Unterstützung für unser gemeinsames Anliegen erfahren.

Nun noch ein paar Sätze zum Antragstext selbst: Beim Lesen des Textes wird schnell klar, dass der Handlungsspielraum der Politik und vor allem der Landespolitik nicht sonderlich groß ist. Die GEMA existiert auf Grundlage des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes, und dies ist ein Bundesgesetz. Eine Möglichkeit, die die Landespolitik dennoch immer hat, ist, mit den Verantwortlichen Gesprächen zu führen mit dem Ziel, diese davon zu überzeugen, dass ein Interessensausgleich notwendig ist. Dies fordern wir im Punkt 2 des Antrags, wo die Landesregierung die GEMA auffordern soll, die wirtschaftliche Tätigkeit von Musikveranstaltern im weitesten Sinne nicht so zu beeinträchtigen, dass eine solche Betätigung nicht mehr möglich ist.
Weiterhin soll die GEMA aufgefordert werden, Freistellungsregelungen und Rabattmöglichkeiten für ehrenamtliche Veranstalter mit gemeinnützigem Zweck einzuführen und schließlich insgesamt für eine transparente und gerechte Tariflösung zu sorgen. Außerdem bitten wir die Landesregierung, die Schiedsstelle beim deutschen Patent- und Markenamt zu kontaktieren, mit dem Ziel, dass diese Schiedsstelle in einem Schiedsverfahren den Interessensausgleich aller berücksichtigen möge.

Lassen sie uns heute diesen Beschluss einmütig im Landtag fassen. Ich habe die Hoffnung, dass die Messen noch nicht gesungen sind und dass es sich lohnt, hier offensiv zu intervenieren und in der Sache zu streiten. Das sind wir auch denen schuldig, die sich seit vielen Jahren für eine lebendige Musikszene, egal ob in Clubs, Discos, Kneipen, Cafés, oder bei Straßen- und Musikfesten engagieren.