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Stefan Gebhardt zu TOP 10: Theater- und Orchesterlandschaft in Sachsen-Anhalt stabilisieren

Kulturpolitisch war die letzte Legislaturperiode ein Totalausfall, neben diversen kulturpolitischen Fehlentscheidungen zu Bauhausstiftung und Kunststiftung gab es eine Entscheidung, die die Kulturszene in Sachsen-Anhalt tief ins Mark getroffen hat, nämlich die Kürzung bei der Theater- und Orchesterstruktur in unserem Land.

Neben zahlreichen Protestaktionen und Demonstrationen gegen die Theaterkürzungen, an denen sich tausende Leute aus Sachsen-Anhalt beteiligten, gab es auch eine Volksinitiative gegen diese Kürzungspläne.
Ich will daran erinnern, dass die Volksinitiative „Kulturland Sachsen-Anhalt retten“ über 31.000 Unterschriften in Sachsen-Anhalt sammelte und deshalb hier im Landtag sprechen durfte. Es kommt sehr selten vor, dass man genügend Unterschriften zustande bringt und eine Volksinitiative insofern auch erfolgreich ist.

Eigentlich hatte man in der vergangenen Legislatur eine kulturpolitische gute Idee, nämlich die Idee, einen Kulturkonvent zu installieren, der Empfehlungen für die künftige Kulturpolitik des Landes abgeben soll. Aus dieser guten Idee wurde jedoch ein Rohrkrepierer, weil man den Kulturkonvent nach über einjähriger Tätigkeit für seine über 160 Empfehlungen lobte, diese aber im Wesentlichen nicht umsetzte.

Eine der zentralen Empfehlungen des Kulturkonvents lautete, keine Kürzungen bei den Theatern und Orchestern vorzunehmen und stattdessen den Kulturetat auf 100 Millionen Euro zu erhöhen. Die damalige Koalition machte allerdings genau das Gegenteil, sie kürzte ca. 7 Millionen Euro bei den Theatern und Orchestern, und das explizit bei den Standorten Dessau- Roßlau, Halle und Eisleben.

Fortan bestimmten diese Kürzungen sämtliche Podiumsdiskussionen, die sich mit der Kulturpolitik dieses Landes beschäftigten. Je näher der Wahltermin rückte, desto größer wurden die Versprechungen, auch von den heutigen Kenia-Koalitionspartnern. Bündnis 90/Die Grünen als damalige Oppositionspartei sprachen sich  genauso wie DIE LINKE vehement dafür aus, dass die Kürzungen korrigiert werden sollen. Aber auch Vertreter von SPD und CDU positionierten sich so, namentlich will ich hier den jetzigen Kulturstaatsekretär Gunnar Schellenberger erwähnen.

Beim Blick in den Koalitionsvertrag der Kenia- Koalition wird klar, dass sich diese Koalition in vielen Punkten darauf verständigt hat, Fehler aus der alten Legislatur zu reparieren. Ich fordere sie hiermit im Namen meiner Fraktion auf, haben Sie den Mut, dies auch im Bereich der Kulturpolitik zu tun und drücken sie sich nicht vor Nachverhandlungen bei den drei gekürzten Theaterstandorten. Denn die Situation an den Häusern Halle, Dessau-Roßlau und Eisleben ist alles andere als gut.

In Eisleben haben wir ein Theater, das sich nicht mehr Theater nennen darf, sondern auf Druck hauptsächlich von Herrn Dorgerloh zu einem sogenannten Kulturwerk umgewandelt wurde. Von den vormals vom Land gezahlten etwa 1,3 Millionen Euro blieben lediglich 400.000 Euro übrig. Allein bei Betrachtung der Zahlen ist schon klar, dass das, was das Theater Eisleben früher geleistet hat, heute nicht mehr möglich ist. Ein schlechter Witz ist es dazu noch, wenn man vom Eisleber Ensemble verlangt, mehr in die Breite zu gehen, mehr Kooperationen mit anderen Kultureinrichtungen zu suchen, also sprich mehr zu leisten als früher, das dann aber mit deutlich weniger Mitteln. Diese Quadratur des Kreises kann nicht gelingen.

Auch in Dessau-Roßlau ist die Situation äußerst schwierig. Das Haus ist von seiner Bühne und der Kapazität her eines der größten Häuser in Deutschland überhaupt. Und alle Expertinnen und Experten waren sich darin einig, dass dieses Haus nur als Mehrspartenhaus eine Überlebenschance hat. Man hat zwar alle Sparten in Dessau erhalten können, aber in der Realität ist es so, dass sowohl das Schauspiel als auch das Ballettensemble nur noch aus acht Menschen bestehen. Welche Stücke soll man denn mit acht Schauspielern und Schauspielerinnen auf dieser großen Bühne noch aufführen? Dieses Problem drückt sich dann auch in den Spielplänen aus. Am Dessauer Schauspiel gibt es eben nur noch eine Premiere in der neuen Spielzeit. Hinzu kommt, dass der Spielplan des Alten Theaters erheblich zusammengeschrumpft ist und es auch keine dramaturgischen Einführungen mehr zu den Stücken gibt. Wie auch, wenn man kein Personal mehr dafür hat.

Ähnlich schwierig stellt sich die Situation auch in Halle dar. Hier ist zum Beispiel nach wie vor unklar, wie und mit welchen Mitteln man die Reduzierung der Orchesterstellen perspektivisch durchsetzen möchte. Hinzu kommt, dass mit den Kürzungen bei den Theatern und Orchestern durch das Land an allen drei Standtorten die kommunalen Träger deutlich höhere Mehrbelastungen haben, um zumindest punktuell die Kürzungen durch das Land zu kompensieren.

Es gibt eigentlich Einigkeit zwischen uns und der Koalition, was die Bewertung der finanziellen Situation der Kommunen betrifft. Aber wie kann man auf der einen Seite feststellen, dass die Kommunen im Land chronisch unterfinanziert sind und auf der anderen Seite sie hier zu deutlichen Mehrausgaben zwingen?

Kurzum Nachverhandlungen wären nicht nur für die Theater und Orchester ein Segen, sie würden auch den Kommunen in unserem Land helfen.

Um es klar zu sagen, wenn wir hier in unserem Antrag Verhandlungen fordern, wollen wir nicht die Ergebnisse einer solchen Verhandlung vorweg nehmen. Deshalb lautet unsere Forderung auch nicht, dass die Kürzungen eins zu eins zurückgenommen werden müssen, sondern wir sprechen lediglich von Korrekturen. Vielleicht findet man ja während einer solchen Verhandlungsrunde noch ganz andere Modelle und Ideen für eine Theaterstruktur in Sachsen-Anhalt.

In diesem Zusammenhang wollen wir, dass die Idee eines landesweit agierenden Kinder- und Jugendtheaters geprüft wird. Ich habe nach wie vor die Hoffnung, dass auch die Koalition Theater für Kinder und Jugendliche im Blick hat und hoffe, dass auch die Koalition die Einschätzung teilt, dass ein Kinder- und Jugendtheater mit seiner Ausrichtung auf das Publikum von morgen einen entscheidenden Anteil an der kulturellen Zukunftsfähigkeit unseres Landes hat. Fakt ist, dass wir in Sachsen-Anhalt kein eigenständiges Kinder und Jugendtheater mehr haben, seit das Thalia in Halle seine Eigenständigkeit eingebüßt hat. Kurzum, wir finden es notwendig, auch diese Debatte zu führen und bei der gemeinsamen Suche nach neuen Strukturen auch diese Intention eines Kinder- und Jugendtheaters im Blick haben.

Der letzte Punkt unseres Antrags betont noch einmal die Wichtigkeit der Freien Theaterszene als Bestandteil unserer Theaterlandschaft in Sachsen-Anhalt, und das ausdrücklich auch im Bereich von Kinder- und Jugendtheatern. Was den Freien Theatern fehlt, sind flexible Förderinstrumente. Aus unserer Sicht ist es notwendig, über Spielstättenförderung, höhere Planungssicherheit, überjährige Fördermöglichkeiten und auch inszenierungsunabhängige Förderungen nachzudenken und diese zu realisieren. Wir reden hier ausdrücklich nicht über eine Erhöhung des Etats für Freie Theater, sondern explizit von einer Änderung der Förderbedingungen.

Die Kenia- Koalition hat hier die Chance,  Fehler aus der vergangenen Legislaturperiode zu korrigieren und von Beginn an auf einen konstruktiven Dialog mit den Kulturschaffenden des Landes zu setzen. Im Interesse des Kulturlandes Sachsen-Anhalt bitte ich sie daher, diesen Dialog jetzt und offensiv zu führen und demzufolge unserem Antrag zuzustimmen.