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Stefan Gebhardt zu TOP 1: Kulturelle Verbandsarbeit in Sachsen-Anhalt stärken

Anrede,

Es geht heute um die Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage meiner Fraktion mit einem zugegebenermaßen etwas sperrigen Titel. Der Hintergrund unserer Anfrage war, dass die Landesregierung eine externe Evaluation für die institutionell geförderten Vereine im Kulturbereich in Auftrag gegeben hat. In Reaktion auf die Antwort der Landesregierung bringe ich unseren Antrag „Kulturland Sachsen-Anhalt stärken“ ein.

Zuerst möchte ich mich der Bezahlung der MitarbeiterInnen in den institutionell geförderten Verbänden widmen. Einschlägige Hochschulausbildung, zwei Fremdsprachen - sicher in Wort und Schrift - Erfahrungen im Kulturmanagement und in Rechnungsführung“ - das könnten die Eckpunkte für eine Stellenbeschreibung in einem Verband oder einem Verein im Kultur- und Kunstbereich sein. Am Ende steht dann eine Eingruppierung, die in keiner Behörde Bestand hätte. Und es steht ein Gehalt, das nicht selten nicht mal dieser Eingruppierung entsprach.

Anrede,

Diese untertarifliche Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Vereinen und Verbänden ist ein Schwerpunkt im Evaluationsbericht. Diese untertarifliche Bezahlung entwertet das kulturelle Engagement und birgt die Gefahr nachhaltigen Qualitätsverlusts. Das gefährdet den Nachwuchs im Kulturmanagement und vertreibt Spezialistinnen und Spezialisten aus Sachsen-Anhalt. Das gefährdet die Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts. Das ist einfach unanständig!

Mit dem aktuellen Doppel-Haushalt wird nun endlich ein erster Schritt unternommen, diesen Missstand zu beseitigen. Wir begrüßen das - auch wenn es spät kommt. Aber: Wir wollen, dass die MitarbeiterInnen so eingruppiert werden, wie es die Aufgabe gebietet, die ihnen übertragen wird. Eine entsprechende Überprüfung hat die Landesregierung angekündigt; darin wollen wir sie auch mit unserem Antrag bestärken und unterstützen.

Anrede,

Es dürfte in diesem Hause unstrittig sein, dass die Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts viel zu bieten hat. Deshalb dürfte es auch unstrittig sein, dass diejenigen, die diese Arbeit koordinieren und leisten und die dem kulturellen Schaffen neue Impulse verleihen, nicht länger hingehalten werden.

Meine Damen und Herren, der Evaluierungsbericht stammt vom Oktober 2015. Unsere Große Anfrage hierzu erfolgte über ein Jahr später. Wir hätten eigentlich erwartet, dass es nach über einem Jahr auf konkrete Fragen konkrete Antworten gibt. Aber viele Antwortsätze der Landesregierung tragen über weite Strecken noch Ankündigungscharakter. Viele Antwortsätze beginnen mit „prüfen“, „noch nicht abgeschlossen“, „es wird beraten“. Aber jetzt darf nicht mehr nur der Mund gespitzt, es muss auch endlich mal gepfiffen werden.

Dass das Kulturministerium verstärkt den Dialog mit den KünstlerInnen sowie den Vereinen und Verbänden suchen will, begrüßen wir ausdrücklich. Am Ende sollten aber greifbare Ergebnisse und verlässliche Abmachungen stehen. Wir schlagen in unserem Antrag konkrete Lösungen vor. Wir wollen anregen, neue Wege zu beschreiten. Denn wir sind davon überzeugt: wer das reiche geistige und kulturelle Leben, das künstlerische Schaffen auf hohem Niveau nachhaltig sichern und auch weiterentwickeln will, der muss die kulturelle Verbandsarbeit auf eine verlässliche Grundlage stellen.

Wir leben in einer Zeit, in der im wahrsten Sinne kulturelle Menschheitsfragen scharf und zugespitzt diskutiert werden. In diesem Diskurs sind ungewöhnlich laut Stimmen zu vernehmen, die Weltläufigkeit, aufgeklärte Toleranz, kulturelle Vielfalt in den heimischen Gefilden in Frage stellen. Bei vielen entsteht das Gefühl, von Globalisierungsprozessen gnadenlos niedergewalzt zu werden. Kunst und Kultur sind hierbei Akteur, Ziel, Mittler und Spiegel. Sie sind unverzichtbar, wenn es darum geht, Demokratie, die Werte der Aufklärung, Freiheit und Gerechtigkeit, Menschlichkeit zu verteidigen. Das ist die Dimension, die wir sehen, wenn wir über die Arbeit der künstlerischen und kulturellen Vereine und Verbände sprechen. Eine Nummer kleiner sollten wir es nicht machen.

In der institutionellen Förderung sehen wir ein wirksames Instrument, das sich gerade im Bereich Kultur und Kunst bewährt hat. Deshalb rufen wir dieses Thema regelmäßig mit einer gewissen Penetranz auf. Lassen Sie uns alle Möglichkeiten ausloten, um wenigstens die in unserem Antrag genannten Vereine, Verbände und Einrichtungen in den Kreis der institutionell Geförderten aufzunehmen. Der Berufsverband Bildender Künstler sollte besser in die Lage versetzt werden, die Funktion als landesweiter Dachverband im Bereich der bildenden Kunst wahrzunehmen. Das kann und muss im Landesinteresse liegen! Der Landesverband Sachsen-Anhalt im Deutschen Bibliotheksverband leistet eine unverzichtbare Arbeit zur Entwicklung der Bibliotheken. Wir sind davon überzeugt, dass der Bibliotheksverband sein Profil mit einer institutionellen Förderung schärfen kann und seine Arbeit als beratende Anlaufstelle und Dachverband für die zahlreichen Bibliotheken im Land profilieren kann.

Die Soziokultur ist gerade in der heutigen Zeit eine unverzichtbare Säule. Soziokulturelle Zentren sind Zentren im wahrsten Sinne des Wortes für eine wachsende Zivilgesellschaft, die wir dringend brauchen. Es muss im Interesse des Landes liegen, die LASSA als Koordinator dieser Arbeit zu stärken. Und schließlich das Heinrich-Schütz-Haus in Weißenfels. Mit Unterstützung des Bundes, des Landes, der Stadt Weißenfels und weiterer Förderer ist hier eine Perle der Pflege frühbarocker Musik, ein überregional bedeutendes Zentrum der Schütz-Pflege entstanden. Es gehört in eine Reihe mit den bereits institutionell geförderten Einrichtungen Gleimhaus Halberstadt und Synagoge Gröbzig.

Auch die Debatten zur Überarbeitung der Förderrichtlinien im Kulturbereich haben gezeigt: bei der Umsetzung der Kulturförderung in Sachsen-Anhalt muss nachjustiert werden. Die Ergebnisse der Evaluation der institutionell geförderten Vereine und Verbände und diese Diskussion sehen wir als Einheit. Die Vereine und Verbände fordern, die Einzelprojektförderung durch weitere Förderinstrumente zu ergänzen. Aber ihre Hauptprobleme sind Planbarkeit, Verlässlichkeit vor allem auch über Haushaltsjahre hinweg. Es darf nicht immer wieder zur Zitterpartie geraten, Festivals, Ausstellungen und andere kulturelle Projekte zu planen, vorzubereiten und zu gestalten. Hier kann doch der Horizont nicht am 31. Dezember des Haushaltsjahres enden. Hier ist der Haushaltsgesetzgeber – also wir - gefragt. Senden wir den Kulturschaffenden in unserem Land doch ein klares Signal!

Glanzlichter, wie das Impulsfestival für Neue Musik, das Heinrich-Schütz-Musikfest, das Neuland Festival der freien Theater, Jugend jazzt, die Werk-Leitz-Festivals und vieles andere mehr, die weit über unsere Landesgrenzen ausstrahlen, müssen wir pflegen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die solches immer wieder auf die Beine stellen, brauchen ihre Kraft für künstlerische Kreativität und schöpferische Gestaltung. Für das Einwerben, Beantragen, Einsammeln und Abrechnen des leidigen Geldes sollte ihnen etwas mehr Entlastung widerfahren – das ist möglich, wenn wir es wollen. DIE LINKE ruft dazu auf.

Wir haben uns in den vergangenen Wochen und Monaten in zahlreichen Kultureinrichtungen umgesehen. Wir konnten Erfreuliches erfahren, spürten Optimismus und den Willen, Neues anzupacken. Wir hören aber auch aufmerksam zu, wenn Probleme und Schwierigkeiten zur Sprache kommen. Sicherlich kommen sie nicht mit einem Federstrich aus der Welt. Aber sie müssen diskutiert werden. Und wo die Gespräche schon im Gang sind, müssen sie zu Ergebnissen gelangen. Solche Debatten wollen wir mit unserem Antrag anregen und befördern. Es geht um die Ausstellungstätigkeit der Kunstvereine.

Es kann doch nicht sein, dass hochrangige, in den Feuilletons beachtete Ausstellungen den Vereinen auf der einen Seite Lob und Wertschätzung, auf der anderen Seite aber fast den Ruin einbringen. Wir plädieren für eine stärkere Zusammenarbeit der Kunstvereine. Gleichzeitig sollten wir mit ihnen gemeinsam Wege suchen, wie ihr Wirken wertschätzender und langfristig verbindlicher gefördert werden kann. Das darf nicht mehr auf die lange Bank, die Zeit drängt! Es geht um die Bildung. Wir haben hervorragende kulturelle Gedächtnisorte. Wir nutzen sie aber noch unzureichend für die politische und musische Bildung der jungen Menschen. In zweifacher Hinsicht drückt hier der Schuh. Zum einen wird geklagt, dass die Möglichkeiten zu wenig genutzt werden; zum anderen fehlt es mancherorts an den personellen und auch materiellen Ressourcen, um der Aufgabe im erforderlichen Umfang und in guter Qualität nachkommen zu können. Wir treten deshalb dafür ein, die Kooperationen mit Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen auszubauen und hier „passgerechte“ Förderungen vorzusehen.

Ein letztes Problem will ich ansprechen: Die Gebäude und Liegenschaften kultureller Zeugnisse der älteren und neueren Geschichte befinden sich oft in Trägerschaft der Kommunen. Sie nehmen diese Trägerschaft in aller Regel sehr verantwortungsvoll wahr und leisten viel. Dennoch kommen sie sehr oft an ihre finanziellen Grenzen. Von daher beantragen wir eine Prüfung, ob denn nicht in einigen Fällen die neuprofilierte Landeskulturstiftung hier tätig werden könnte.

Die Kulturlandschaft, das künstlerische Leben in unserem Land braucht die Aufmerksamkeit der Politik und ihre Anerkennung. Damit zu geizen wäre sträflich. Sichern wir ihnen doch wirksamere und verlässliche Unterstützung zu und hierüber einen Diskurs führen.

Wir beantragen die Überweisung des Antrages in den Ausschuss für Bildung und Kultur.