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Stefan Gebhardt zu TOP 09: Entwurf eines Vierten Medienrechtsänderungsgesetzes

Unsere Position haben wir bereits in mehreren Debatten deutlich machen können: Wir finden, dass eine Abkehr von einer geräteabhängigen Rundfunkgebühr überfällig ist. Auch wir sind der Auffassung, dass man aufgrund der technischen Entwicklungen davon ausgehen kann, dass schon heutzutage und ab dem Jahr 2013 erst recht jeder technisch in der Lage ist, mit irgendeinem Gerät Rundfunk zu empfangen. Insofern finden wir es logisch, dass man den Geräte-Bezug abschafft und stattdessen einen geräteunabhängigen Beitrag zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks etabliert.

Das war es dann aber auch schon mit den guten Nachrichten, denn WIE künftig der Rundfunkbeitrag erhoben werden soll, ist für uns vollkommen unlogisch und wird aus unserer Sicht mehr Probleme schaffen als heute vorhersehbar.

Der Konsument von Rundfunkangeboten – egal ob Fernsehen, Radio oder Telemedien – ist und bleibt immer die jeweilige Person. Demzufolge haben wir auch immer eine personenbezogene Abgabe favorisiert. Die Ministerpräsidenten haben sich jedoch darauf verständigt, eine Haushalts- und Betriebsstättenabgabe einzuführen und die ersten größeren Probleme hierbei sind jetzt schon sichtbar. Eben weil die Person den Rundfunk nutzt und nicht der Haushalt, nicht die Wohnung, schon gar nicht die Betriebsstätte oder gar das Kfz, auch nicht das Wochenendgrundstück oder die Gartenlaube, kommt es hier bei Ihrem Modell zu Doppel- und Dreifachbelastungen, die wir als LINKE ablehnen.

Schauen wir uns doch einmal die Chronologie des Zustandekommens dieses Staatsvertrages an: Nachdem bereits in der letzten Legislaturperiode eine Anhörung im Fachausschuss stattgefunden hat, wurden die ersten Probleme sichtbar. Nämlich die, dass die klein- und mittelständischen Betriebe und besonders jene, die über viele dienstliche Kraftfahrzeuge verfügen, überproportional belastet werden. Das hatte zur Folge, dass wir hier im Landtag einen Beschluss gefasst haben, welcher die Landesregierung aufforderte, Korrekturen am Staatsvertrag vorzunehmen und die Belastung von klein- und mittelständischen Betrieben deutlich zu mindern. Trotz dieses Beschlusses erfolgte keine Korrektur – der Ministerpräsident unterzeichnete den Staatsvertrag. Der damalige medienpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Herr Borgwart, erklärte damals hier im Parlament, dass, wenn es zu keinen Korrekturen kommt, der Ministerpräsident eigentlich nicht unterschreiben dürfte.

An dieser Stelle muss man konstatieren, dass Landtagsbeschlüsse zu Staatsverträgen offenbar gar keine Auswirkungen haben. Sie hindern die Ministerpräsidenten nicht daran, sie trotzdem zu ratifizieren und die Koalition heute offenbar auch nicht daran, dem Gesetz zuzustimmen. Wie ernst nehmen wir als Parlament eigentlich unsere eigenen Beschlüsse?

Nach den Protesten aus dem Mittelstand folgten weitere Einsprüche – beispielsweise von  Menschen mit Behinderungen, die künftig rundfunkbeitragspflichtig werden sollen.
Aus gleichem Grund meldeten sich die gemeinnützigen Vereine zu Wort und äußerten ihre Kritik. Die nächste massive Kritik folgte von den Datenschützern. Diese stellten fest, dass der Staatsvertrag der GEZ weit mehr Datenerhebungen ermöglicht, als notwendig sind.

Und als wäre das alles noch nicht genug, wurde in den letzten Tagen ein neues Problem offenkundig:  die Ungleichbehandlung von ost- und westdeutschen Gartenlauben-Besitzern. Nach dem vorliegenden Rundfunkstaatsvertrag werden Gartenlauben, die nach altem DDR-Recht auch größer als 24 Quadratmeter sein durften, nämlich nicht als Lauben sondern als Zweitwohnungen definiert. Und damit sind diese rundfunkbeitragspflichtig.

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Wir beschließen ein neues Finanzierungsmodell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, welches sich von Anfang an starker Kritik ausgesetzt sieht. Die Kritik kommt von klein- und mittelständischen Betrieben, von gemeinnützigen Vereinen, von Menschen mit Behinderungen, von Datenschützern und nun auch von ostdeutschen Gartenlaubenbesitzern.

Die Konsequenz der Koalition ist folgende: Wir beschließen ein Gesetz und erklären gleichzeitig per Entschließung, dass das Gesetz Mist ist und geändert werden muss.
Ich halte das für einen einmaligen Vorgang, dass eine Koalition erklärt, das Gesetz muss an vielen Punkten geändert werden, ja sogar ganze Regelungen müssen entfallen, aber gleichzeitig hindert es uns nicht, dem Gesetz zuzustimmen.

Glauben Sie wirklich, dass man damit das selbst gesteckte Ziel erreicht, eine Akzeptanzerhöhung für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu bewirken?

Wir denken, dass man diesem Staatsvertrag nicht hinbekommen wird. Die Linksfraktion hat auch einen Entschließungsantrag eingebracht, der die von mir eben beschriebenen Probleme aufgreift. Und natürlich Änderungen einfordert. Glaubhaft ist eine solche Entschließung aber nur, wenn man den kritisierten Gesetzestext auch ablehnt.

Per Entschließungsantrag einen Gesetzestext so sehr zu kritisieren, ihm aber dennoch zuzustimmen, ist nicht nur unlogisch, sondern auch unehrlich. Wir werden deshalb diesen Rundfunkstaatsvertrag ablehnen und fordern von der Koalition, wenn ihre Kritik denn ernst gemeint sein soll, selbiges zu tun.