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Schwangerschaftsabbrüche sind medizinische Grundversorgung und müssen entkriminalisiert werden

In der aktuellen Debatte im Landtag um Schwangerschaftsabbrüche betont Eva von Angern, Fraktionsvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin:

„Um es gleich deutlich zu sagen, die von den Grünen berechtigte Kritik an der Ausdünnung der medizinischen Einrichtungen und der Verschlechterung der  Angebote für Frauen und ungewollt Schwangere hat seine Ursache in diesem Paragraphen. Ungewollt Schwangere, Beraterinnen, medizinisches Personal, sie alle bewegen sich im Umfeld einer Straftat mit der damit verbundenen Angst vor Repression und Tabuisierung, mit den öffentlichen Anfeindungen und massiven Belästigungen. In der Folge sind nur wenige Ärzt:innen überhaupt noch bereit, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen. Seit Jahren sinkt die Zahl der klinischen und ambulanten Versorgungsangebote zur Vornahme von Abbrüchen. Auch in Sachsen-Anhalt. Dabei steht das Land gemäß Schwangerschaftskonfliktgesetz in der Pflicht, das Angebot zur Beratung und zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen.

Bisher beschwichtigt die Landesregierung regelmäßig und redet Lücken klein. Seit April liegt jetzt eine sorgfältige Studie zur Situation von Frauen vor, die eine Schwangerschaft abgebrochen haben. Die Elsa-Studie ist beachtlich. Sie erlaubt Rückschlüsse über die Beratung und Versorgung von ungeplant und ungewollt Schwangeren in allen Bundesländern. Beauftragt wurde sie noch von der vorhergehenden Bundesregierung. Ebenso beachtlich sind die in die Studie eingeflossenen Erfahrungsberichte von Ärzt:innen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. 65 Prozent der befragten Ärzt:innen und Ärzte berichten von Stigmatisierungen, sowohl im privaten wie beruflichen Umfeld. Bereits jetzt müssen Frauen unter hohem Zeitdruck erst einmal eine Praxis finden, die Abbrüche durchführt und dann oft längere Fahrtzeiten in Kauf nehmen. Vor dem Hintergrund einer immer prekärer werdenden Infrastruktur in Sachsen-Anhalt haben deshalb alle Vorschläge zur Verbesserung und Stabilisierung der medizinischen Versorgung auch beim Thema Frauengesundheit Gültigkeit. Frauen, die abtreiben sowie die Ärzt:innen, die Abbrüche vornehmen, bewegen sich in einem Sonderbereich des Strafrechtes. Dies macht den ohnehin schwierigen Eingriff noch belastender und hürdenreicher.

Junge Ärztinnen sollen befähigt werden, den Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen und darf nicht durch die Hintertür verhindert werden! Wenn die Ampelregierung sich selbst ernst nimmt und vor allem das Ergebnis einer hoch qualifizierten Kommission, dann muss sie handeln und darf das Thema nicht einfach aussitzen. Sogar das EU-Parlament hat sich für die Aufnahme des Rechts auf Abtreibung in die Grundrechte-Charta der EU ausgesprochen. Das wäre für die Frauen in Deutschland ein historischer Schritt hin zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruches.

Es braucht eine gesellschaftliche Haltung und eine Rechtslage, die Abbrüche als medizinische Grundversorgung anerkennt und genau so sollten wir über das Thema reden. Frankreich hat das Recht der Frau auf Abtreibung und körperliche Selbstbestimmung sogar in die Verfassung aufgenommen. Das ist genau der Schritt, der Frauen und Männer wirklich gleichstellt vor Gesetz und Öffentlichkeit. Eine solche Gleichstellung, gleiche soziale Rechte, gleiche Bezahlung von Frauen und Männern, gerechte Verteilung der Sorgearbeit in einer Gesellschaft wird mehr für Kinder und Familien tun als jedes Strafrecht.“

 

Magdeburg, 24. April 2024