Schutz von CSD-Veranstaltungen – Befassung im Ausschuss zeigt erhebliche Versäumnisse
Nach der heutigen Berichterstattung über den Schutz von CSD-Veranstaltungen in Sachsen-Anhalt im Innenausschuss des Landtags betont Henriette Quade, innenpolitische Expertin der Fraktion DIE LINKE:
„Die Beschäftigung des Innenausschusses des Landtags zum Schutz von CSD-Veranstaltungen in Sachsen-Anhalt ist dringend nötig. Die aktuelle Bilanz des laufenden Jahres zu Übergriffen und Angriffen auf CSD-Veranstaltungen und Teilnehmer:innen ist mehr als besorgniserregend. In diesem Jahr haben bisher sieben CSD-Veranstaltungen im Land stattgefunden, allein bei sechs dieser Veranstaltungen berichten Teilnehmer:innen von Problemen, Bedrohungen und/ oder Angriffen.
Auf Wunsch des Innenministeriums wurden heute nur drei CSD-Veranstaltungen nachbesprochen. Doch schon hierbei wurde deutlich: Möglichkeiten und Instrumente zur Sensibilisierung sowie zum Opferschutz sind vorhanden, aber sie werden kaum genutzt. Bei dem CSD in Dessau griff ein Ordnungsamtsmitarbeiter einen Ordner des CSDs an, der Geschädigte wurde auf den Privatklageweg verwiesen, während der Ordnungsamtsmitarbeiter weiterhin im Dienst verbleibt. Dem Geschädigten wurde weder das Opfermerkblatt ausgehändigt, noch auf Opferanlaufstellen hingewiesen. Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch für den CSD in Wernigerode, wo Betroffene von Übergriffen nicht auf entsprechenden Ansprechpersonen bei Polizei und Staatsanwaltschaft und Opferhilfsorganisationen hingewiesen wurden.
Nach dem Bericht zum CSD in Schönebeck bleibt ein erheblicher Widerspruch zwischen den Berichten des Verbandes der Liberalen Schwulen, Lesben, Bi, Trans und Queer Mitteldeutschland (LiSL) und der polizeilichen Darstellung. Während der Verband von Angriffen vor der Bühne berichtet und parallel das Desinteresse der Polizei beklagt, hat die Polizei selbst dazu auch heute noch, Monate nach dem Vorfall, keine Erkenntnisse. Bei den Veranstaltenden nachzufragen, um diesen Widerspruch zu ergründen, musste im Innenausschuss erst angeregt werden.
Das zeigt, die Befassung mit dem Schutz von CSD-Veranstaltungen und ihren Teilnehmer:innen ist dringend nötig. Beauftragte und Ansprechpersonen leisten eine wichtige Arbeit. Sie nützt allerdings nichts, wenn sie nicht dazu verwendet wird und sich Sensibilisierung nicht im alltäglichen Dienst widerspiegelt. Die heutige Befassung kann deshalb auch nur ein Anfang sein. Die CSD-Veranstaltungen in Weißenfels, Magdeburg, Halle und Stendal werden in der nächsten Sitzung des Innenausschuss behandelt. Es bleibt zu hoffen, dass die Landesregierung und die zuständigen Behörden die Versäumnisse, die heute zu Tage getreten sind sowie Berichte von Betroffenen ernst nehmen und selbst das größte Interesse an Aufarbeitung und besserer polizeilicher Praxis haben. Das Polizei- und Sicherheitsbehörden nicht alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel und Instrumente zum Opferschutz genutzt haben, um die CSDs adäquat zu schützen und zu begleiten, ist nicht hinnehmbar.“
Magdeburg, 21. September 2023