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Neue Schullaufbahnberatung dreht Schulen, Eltern und Kinder durch die Mangel

Mit einem Schreiben vom 27.03. an die Schulleitungen der Grundschulen hat das Bildungsministerium seine Vorgaben für die angekündigte fokussierte Schullaufbahnberatung im 3. und 4. Schuljahrgang der Grundschulen übermittelt. Mit einer massiven Steigerung des Aufwandes für die Schulen sollen die Beratungen für die Eltern zur Vorbereitung der Entscheidung über die nach der 4. Klasse zu wählende Schullaufbahn auf die 3. Klasse vorgezogen, erweitert und intensiviert werden. Mit einem umfangreichen Kompetenzeinschätzungsbogen und einer neu konzipierten schriftlichen und mündlichen Überprüfung in Deutsch und Mathematik, die durch eine Eignungsfeststellungskommission ausgewertet wird, soll genauer herausgefunden werden, wer für einen gymnasialen Bildungsgang geeignet ist und wer seine schulische Bildung an einer nichtgymnasialen Schulform fortsetzen muss. Dazu erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecher, Thomas Lippmann:

„Die viel zu frühe Schullaufbahnempfehlung für eine Trennung der Kinder in gymnasiale und nichtgymnasiale Bildungsgänge wird keinen Deut besser, wenn die Beratung noch früher einsetzt, noch aufwändiger betrieben wird und die Belastung für die Lehrkräfte, die Eltern und die Schüler:innen durch noch mehr Stress weiter steigt.

Die Einordnung von Kindern im Alter von 10 Jahren in Schulformen mit einem hohen und einem geringeren Bildungsanspruch ist und bleibt falsch und ein rückständiger, deutscher Sonderweg. Unzufriedenheit damit, dass nicht immer die „richtigen“ Schüler:innen nach der Grundschule auf das Gymnasium wechseln und im Laufe der acht Jahre gymnasialer Bildung bis zur Klasse 12 mehr als jedes dritte Kind das vormals angestrebte Abitur nicht erreicht, liegt am System der frühen Gliederung und nicht an der Qualität oder Intensität der Schullaufbahnberatung durch die Lehrkräfte.

In Schulleistungsuntersuchungen wird immer wieder nachgewiesen, dass sich die „Treffsicherheit“ der Auswahl zu diesem Zeitpunkt nicht verbessern lässt. Sie bleibt ungerecht und befördert die vielfach und zurecht beklagte Abhängigkeit des Bildungserfolgs vom sozialen Umfeld der Schüler:innen.

Sollte das Ergebnis der neuen Beratung darin bestehen, dass künftig mehr Kinder vom Gymnasium ferngehalten und in die nichtgymnasialen Schulen verwiesen werden, wäre das für das Land fatal. Sachsen-Anhalt hat schon seit vielen Jahren im bundesweiten Vergleich den geringsten Anteil an Abiturient:innen. Außerdem würde sich dadurch das Bildungsniveau insgesamt noch weiter absenken, weil dann noch viel mehr Schüler:innen die Schulen besuchen müssten, für die schon heute keine Lehrkräfte zur Verfügung stehen.

Warum Eltern ihre Kinder nicht gern an die nichtgymnasialen Schulen geben und dort viele Lehrkräfte auch nicht arbeiten wollen, lässt sich aus dem vorgelegten Kompetenzeinschätzungsbogen herauslesen. Danach sollen Schüler:innen dann eine Schullaufbahnempfehlung für die nichtgymnasialen Schulformen erhalten, wenn sie überwiegend:

•         Aufgabenstellungen und Lerninhalte nicht selbstständig erfassen,

•         für komplexe Aufgaben kaum kreativen Lösungswege finden,

•         sich neues Wissen nicht langfristig einprägen und Gelerntes kaum in neuen Zusammenhängen anwenden,

•         logische Zusammenhänge meist nicht erkennen und Arbeitsergebnisse nicht strukturiert darstellen und nicht kritisch kontrollieren,

•         keine Anstrengungsbereitschaft zeigen und Belastungssituationen nicht gut bewältigen,

•         nicht motiviert, selbständig, gleichmäßig, konzentriert, gewissenhaft und ausdauernd arbeiten,

•         sich nicht aufmerksam am Unterricht beteiligen und wenig Lernbereitschaft und Interesse für neue Lerninhalte zeigen,

•         notwendige Arbeitsmittel und Hausaufgaben nicht bereithalten,

•         sich gegenüber anderen nicht angemessen und respektvoll verhalten und keinen angemessenen Umgang mit Konflikten zeigen,

•         nicht kooperativ, teamfähig und kritikfähig sind, unterschiedliche Standpunkte nicht akzeptieren und sich nicht an vereinbarte Regeln und Absprachen halten

Das ist ein „Steckbrief“ des Bildungsministeriums für die nichtgymnasialen Schulen, die einen erschaudern lässt. Vor diesem Hintergrund muss sich wirklich niemand mehr wundern, dass diese Schulen einen schlechten Ruf haben. Sachsen-Anhalt wird auf dem Weg einer zugespitzten Schullaufbahnberatung mit seinen Bildungsleistungen im bundesweiten Vergleich weiter an Boden verlieren. Die CDU verbaut damit nicht nur die individuellen Perspektiven von immer mehr Schüler:innen, sie verspielt so auch die ökonomische Zukunft des Landes.“

 

Magdeburg, 11. April 2024