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Monika Hohmann zu TOP 2: Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Kinderförderungsgesetzes

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, seit fast nunmehr 4 Jahren ist das novellierte Kinderfördergesetz in Kraft. Ich kann mich nicht erinnern, dass ein anderes Gesetz bereits vor in Kraft treten und noch vier Jahre danach so kontrovers diskutiert wurde. Keiner, der an der Kita-Finanzierung Beteiligten ist zufrieden. Mittlerweile beschäftigen sich Gerichte und die Schiedsstelle im Land mit dem Kinderfördergesetz. Es liegt sogar ein Urteil vom Landesverfassungsgericht vor, dass die Landesregierung auffordert, bis zum Ende des Jahres 2017 das Gesetz in einigen Teilen nachzubessern.

Was war passiert? Vor der Novellierung 2013 beteiligten sich fünf Partner an der Kita-Finanzierung zu unterschiedlichsten Konditionen. Es waren das Land, die Landkreise, die Gemeinden, die Freien Träger und die Eltern. Was alle damals bemängelten, war die Intransparenz der Geldströme. Keiner konnte annährend Auskunft darüber geben, wie teuer ein Kita-Platz ist. Mit der Einführung des Ganztagsanspruches für alle Kinder, unabhängig vom sozialen Status der Eltern, welcher sehr wichtig und richtig war, sowie der Verbesserung der Personalschlüssel, änderte sich mit der letzten Novelle die Finanzierungsgemeinschaft. Aus ehemals fünf Beteiligten wurden nun vier, was zu etwas mehr Übersichtlichkeit und Transparenz führen sollte. Doch damit wuchs die Unzufriedenheit.

Teilweise nachvollziehbar, da der Eigenanteil der Freien Träger komplett von den Gemeinden übernommen werden musste. Weiterhin schließen die Landkreise seitdem Entgeltvereinbarungen mit den Freien Trägern ab und die Gemeinden und Eltern teilen sich das verbleibende finanzielle Defizit. Diese Praxis hat dazu geführt, dass sich die Elternbeiträge in den letzten Jahren rasant erhöht haben. Auch wenn wir hier im Landtag eine finanzielle Entlastung der Eltern im letzten Jahr beschlossen haben, kam diese vor Ort nicht an. Jedenfalls kenn ich keine Gemeinde, die daraufhin ihre Elternbeiträge senkte.

Auch die Erzieher*innen beklagen den Umstand, dass sie keine ausreichenden Ressourcen haben, um das im Gesetz verankerte Bildungsprogramm „Bildung elementar- Bildung von Anfang an“ umsetzen zu können. Einige Abgeordnete der Fraktionen nutzten in den vergangenen Wochen das Angebot der GEW, in ihrer Veranstaltungsreihe zum KiFöG, mit Erzieher*innen, Elternvertretungen und Trägern von Einrichtungen dazu ins Gespräch zu kommen.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit unserem Gesetzentwurf haben wir den Versuch unternommen, mehr Transparenz in das Finanzierungssystem zu bekommen, die Qualität in den Einrichtungen zu verbessern und die Eltern bei ihren Gebühren zu entlasten. Was ist im Einzelnen geplant? Wir stellen die Finanzierungssystematik um und beteiligen im ersten Schritt nunmehr drei Partner an der Kita-Finanzierung. Das Land, die Landkreise und die Eltern. In einem zweiten Schritt werden es dann nur noch das Land und die Landkreise sowie die Kreisfreien Städte sein. Damit wir als Land überhaupt einen Zugriff auf die Elternbeiträge haben, werden wir die bisherige Finanzierung komplett auf eine Personalkostenfinanzierung umstellen und diese prozentual umlegen. Insofern fallen die derzeitigen unsäglichen Landespauschalen weg, von denen heute kaum noch einer weiß, wie sie entstanden sind.

Mit der Personalkostenfinanzierung können wir schrittweise in den nächsten fünf Jahren die Elternbeiträge reduzieren und letztendlich dann beitragsfrei stellen. Für die Verbesserung der frühkindlichen Bildung erhalten die Erzieher*innen Vor- und Nachbereitungszeiten. Dies halten wir für zwingend notwendig, damit sie die Anforderungen des Bildungsprogrammes umsetzen können. Für Ausfallzeiten aufgrund von Krankheiten oder Fort- und Weiterbildung erhalten die Kindertageseinrichtungen ein Kontingent an Reservestunden. Die Verbesserungen beider Stundenzuweisungen werden wir ebenfalls schrittweise vornehmen. Nach fünf Jahren steht dann 20% mehr Personal in den Einrichtungen zur Verfügung. Wir möchten auch den jahrelangen Streitpunkt der Leiter*innenfreistellung beenden.

Wir haben den Begriff: „angemessen“ nunmehr genau definiert.  Die Gemeinden brauchen in Zukunft kein Defizit mehr zu bezahlen. Somit sind sie genauso wie die Freien Träger gleichberechtigte Verhandlungspartner mit dem Jugendamt. Damit wollen wir die Qualität in allen Einrichtungen sicherstellen.

Die derzeitig im Gesetz geregelte Geschwisterstaffelung weiten wir auch auf die Hortkinder aus. Um sich den aktuellen und verschiedenen Herausforderungen in Kita und Hort zu stellen, möchten wir verstärkt auf multiprofessionale Teams setzen. Dazu haben wir den Personenkreis erweitert, welcher in den Einrichtungen tätig sein kann. Wir definieren im Gesetz ebenfalls, was Verpflegungskosten sind und entlasten die Eltern von den Küchennebenleistungen. Die Elternbeiträge fallen zukünftig dort an, wo Eltern ihren Betreuungsvertrag abschließen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben uns viel vorgenommen. Wir sind der Auffassung, dass unser Angebot umsetzbar ist. Dazu gehört der politische Wille aller. Natürlich sind wir uns bewusst, dass es auch andere Ideen gibt. So haben wir mehrfach von der CDU gehört, den Ganztagsanspruch zu reduzieren. Damit sollen angeblich Einsparpotentiale verbunden sein, die möglicherweise an die Eltern weitergereicht werden können.

Das, meine Damen und Herren, halte ich für einen Trugschluss. Was passieren wird, ist vorhersehbar. Es wird ein enormer Verwaltungsaufwand entstehen, da Eltern nachweisen müssen, dass sie Arbeit haben. Falls sie mehr als 8 Stunden benötigen, müssen sie sich jede weitere Stunde dazukaufen. Das bedeutet, die Begrenzung der Elternbeiträge auf dem Niveau des Kindergeldes von 192 Euro ist dann eine Mogelpackung. Spätestens jetzt wird jedem klar sein, warum die Koalition mit der Novellierung des KiFöGs bis nach der Bundestagswahl wartet.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, zur letzten Tagung des Städte- und Gemeindebundes in Gardelegen wurde unser Gesetzentwurf vom Vorsitzenden Herrn Trümper stark kritisiert. Der Kern der Kritik bestand darin, dass wir mit unserem Gesetzentwurf den Gemeinden etwas wegnehmen. Ja, wir nehmen ihnen das verbleibende finanzielle Defizit weg. Wir nehmen ihnen aber keine Kita, kein Personal und kein Eigentum weg. Wir sorgen dafür, dass sie genauso ihre Kosten, die ihnen zum Betreiben einer Einrichtung entstehen, mit dem Jugendamt verhandeln und geltend machen können. Zurzeit ist dies oft nicht gegeben, da viele Gemeinden keinen ausgeglichenen Haushalt haben oder sich in Konsolidierung befinden. (Bsp. Spielgeräte, die durch TÜV gesperrt sind, können aufgrund der Haushaltslage nicht repariert werden).

Sehr geehrte Damen und Herren, eine weitere Kritik, die in Zusammenhang mit der Einbringung unseres Gesetzentwurfes zu hören war und sicherlich auch heute wieder von einigen vorgetragen wird, ist der Vorwurf, wir würden uns über das Bundesverfassungsgericht stellen. Es wäre unseriös, jetzt ein Gesetz einzubringen obwohl es noch keine Entscheidung gibt. Dazu kann ich Ihnen nur sagen, dass wir uns mit unserem Entwurf an das derzeitig gültige SGB VIII halten. Frau Ministerin Grimm-Benne hatte bereits in der letzten Landtagssitzung sehr ausführlich die Paragrafen benannt, welche die Zuständigkeit für Tageseinrichtungen näher bestimmen. Ich zitiere hierzu nochmals aus der Antwort der Ministerin: „Kinderbetreuung und Kindertagespflege sind Leistungen der Jugendhilfe. Das Bundesrecht sieht für Leistungen der Jugendhilfe in § 85 Abs. 1 SGB VIII grundsätzlich die Zuständigkeit der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor. Gemäß unserem § 1 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes des Kinder- und Jugendhilfegesetzes Sachsen-Anhalt sind die Landkreise und kreisfreien Städte in Sachsen-Anhalt örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Demnach richtet sich der bundesrechtliche Rechtsanspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen in Kindertagespflege gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 24 SGB VIII gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe.“Daher, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sieht meine Fraktion keinen Verstoß gegen das Bundesrecht.

Zum Schluss möchte ich noch einige Worte zur Finanzierung und dem Personalaufwuchs sagen. Ich hatte eingangs vom politischen Willen gesprochen. Keiner von Ihnen wird abstreiten wollen, dass Kinder unsere Zukunft sind. Das heißt auch, dass wir alle Anstrengungen unternehmen sollten, schon sehr zeitig in die frühkindliche Bildung zu investieren und allen Kindern optimale Startchancen gewähren. Da auch wir wissen, dass nicht alles auf einmal finanziert werden kann und das auch nicht auf einmal alle benötigten Fachkräfte da sind, lassen wir uns mit der Umsetzung fünf Jahre Zeit. Zeit, die wir nutzen sollten und auch müssen. Ebenfalls wird bundesweit seit Jahren über beitragsfreie Kinderbetreuung debattiert.

Und, meine Damen und Herren, das Geld ist da. Die Zeiten waren nie günstiger, nun endlich eine wichtige Entscheidung für eine bessere und beitragsfreie Kinderbetreuung zu treffen.