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Migration und Asyl - wir brauchen eine andere Problemwahrnehmung

Mit Blick auf die aktuellen Diskussionen zu asyl- und migrationspolitischen Themen erklärt die migrationspolitische Sprecherin der Fraktion Henriette Quade

Mit Blick auf die aktuellen Diskussionen zu asyl- und migrationspolitischen Themen erklärt die migrationspolitische Sprecherin der Fraktion Henriette Quade:

„Heute tagte erneut der so genannte Asylgipfel der Landesregierung. Dazu bleibt folgendes zu bemerken: Es gibt in Sachsen-Anhalt viel Bewegung in der Integrationsarbeit. Neue Projekte sind entstanden, bestehende vernetzen sich und werden mehr Menschen zugänglich. Das ist gut und das muss unterstützt werden. Allerdings ist das wohl kaum Ergebnis des ersten Asylgipfels, vielmehr ist es das ständige Ausgleichen der Defizite, die staatliche Integrations- und Asylpolitik lassen. Dass es mehr Sprachangebote für Asylbewerber gibt, hat vor allem etwas mit dem ehrenamtlichen Engagement vieler Menschen zu tun und erst dann etwas damit, dass nun endlich auch mehr Mittel für Integrationsarbeit zur Verfügung gestellt werden.

Es ist gut, dass mit dem Nachtragshaushalt mehr Geld für die Unterbringung und Betreuung von Asylsuchenden und für die Integration eingestellt werden. Das entspricht eher der Realität, und es gleicht die im Haushalt trotz anderer vorliegender Anträge der Opposition deutlich zu gering angesetzten Mitteln zumindest weitgehend an. Das dringend notwendige Anlegen von Qualitätskriterien und verbindlichen Mindeststandards, das von der Landesregierung bisher als nicht nötig und teilweise auch nicht möglich betrachtet wurde, bleibt eine Ankündigung. Das bedarf einer anderen gesetzgeberischen Herangehensweise, vor allem aber des politischen Willens zur dezentralen Unterbringung als Regelunterbringung und zur Verbesserung der Lebenssituation von Geflüchteten, der auf Teilhabe statt auf Ausschluss zielt.

Mit Blick auf Migrations- und Integrationspolitik und die Bedürfnisse von Asylsuchenden und Flüchtlingen braucht es aber zunächst hauptsächlich eines: Wir müssen in Sachsen-Anhalt endlich davon wegkommen, Migration und die Zuwanderung von Asylbewerbern immer zuerst als Problem zu beschreiben. Niemand soll und darf gezwungen sein, seine Heimat zu verlassen, aber grundsätzlich sollten wir uns vergegenwärtigen: Migration und das Zu- und Abwandern von Menschen ist - zumal in einer globalisierten Welt - völlig normal und legitim. Es ist zudem mehr als absurd, einerseits (erfolglos) um Fachkräftezuwanderung zu kämpfen, andererseits aber den Menschen, die hier sind und die hier bleiben wollen, nicht die Chancen zu geben, die sie brauchen, um sich hier eine Perspektive zu schaffen. Dazu gehört neben der dezentralen Unterbringung insbesondere die Möglichkeit, die deutsche Sprache zu erlernen, psychosozial und gesundheitlich versorgt zu werden wie jeder andere auch und den eigenen Lebensunterhalt zu erwirtschaften.

Das erfordert ein Neudenken in vielen Bereichen, zuerst heißt es aber, Denken über Asylsuchende und deren Situation von Schranken zu befreien. Zuwanderung und Asylpolitik müssen endlich als Zusammenhang und unter Einbeziehung der Perspektive der Betroffenen gedacht werden. Das wäre ein Gewinn für Menschen, die als Geflüchtete hier leben, es wäre ein Gewinn für die Gesellschaft und für Sachsen-Anhalt.“

Magdeburg, 7. Juli 2015