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Menschen mit Behinderung dürfen nicht zum Spielball des Sozialministeriums werden

Zur einseitigen Aufkündigung des Landesrahmenvertrages der Eingliederungshilfe durch das Sozialministerium, welcher die Grundlage für die u.a. Vergütungsvereinbarungen für die Träger der Einrichtungen für Menschen mit Behinderung bildet, erklärt Nicole Anger, Sprecherin für Menschen mit Behinderung der Fraktion Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt:

„Dies ist ein unglaublicher und bundesweit einmaliger Vorgang. Nachdem man sich vor fünf Jahren als eines der ersten Bundesländer mit der Unterzeichnung des Landesrahmenvertrages noch feierte, steht das Land nun vor einem Scherbenhaufen. Verursacht durch das zuständige Ministerium, zulasten der Menschen mit Behinderung. Das alles verantwortet von einem SPD-geführten Ministerium, das sich selbst auf sozialen Plattformen als „Lebensministerium“ bezeichnet, und einer SPD, mit den Anspruch, „Inklusionspartei“ zu sein. 

Noch Anfang Februar 2024 wurde den Mitgliedern des Sozialausschusses durch das Sozialministerium dargelegt, dass man auf einem guten Wege sei, die letzten offenen Punkte innerhalb des Landesrahmenvertrages miteinander verhandele und die Umstellungen auf den neuen Rahmenvertrag noch in diesem Jahr gemeinsam anstrebe. Nun stellt sich heraus, dass dies offensichtlich gelogen war. Trotz monatlich angesetzter Termine der sogenannten Gemeinsamen Kommission (GK) – eine Arbeitsgruppe aus Vertreter:innen des Sozialministeriums und der LIGA der freien Wohlfahrtspflege – wurde an keiner Stelle angesprochen, dass das Ministerium an weiteren Verhandlungen nicht mehr interessiert sei. Die Kündigung des Landesrahmenvertrages kommt für die Einrichtungen überraschend und zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn alle Leistungserbringer Sachsen-Anhalt standen in den Startlöchern zur Neuverhandlung oder haben diese bereits begonnen. So sieht ein partnerschaftlicher Umgang der Landesregierung mit ihren Trägern, die im Auftrag des Landes tätig sind und in genau diesem Auftrag Leistungen für Menschen mit Behinderung erbringen, nicht aus.

Die Kündigung des Landesrahmenvertrages bringt nun eine absolute Unsicherheit in die Landschaft der Träger. Statt im Sinne des Bundesteilhabegesetzes die Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderung zu fördern, wird hier die Axt an die Struktur gelegt. Den Einrichtungsträgern ist unklar, wie es weitergehen wird. Sollte jetzt jeder Träger für sich allein ohne die lang ausgehandelten Rahmenbedingungen verhandeln müssen, bringt das einen immensen Aufwand für beide Seiten mit sich und es wird zu noch mehr Verzögerungen kommen. Vor wenigen Tagen wurde noch am 18.03.2024 auf der GK-Ebene nach vielen Gesprächen das Kalkulationstool als Meilenstein für die Neuverhandlungen beschlossen. Letztlich wird dadurch auch die Zahl der einzureichenden Verfahren bei der zuständigen Schiedsstelle ansteigen und möglicherweise auch die der Klageverfahren. Und das alles ohne erkennbare Not. Klar ist: Rahmenbedingungen, die die nächsten Jahrzehnte der Eingliederungshilfe in Sachsen-Anhalt prägen werden, müssen intensiv besprochen, offene Fragen auf Augenhöhe geklärt und teilweise ausgerungen werden. Aber deswegen eine ganze Trägerlandschaft, die Menschen mit Beeinträchtigung und auch die Sozialverwaltung ins Chaos zu stürzen, ist in keiner Weise gerechtfertigt und ohne Ankündigung oder Lösungsbereitschaft gegenüber den Betroffenen von einer sozialpolitischen Unverantwortlichkeit geprägt, die ihresgleichen sucht. Bisher hat das Ministerium keinen Grund benannt, warum es so entschieden hat. Das macht es noch einmal mehr intransparent.

Die Sozialministerin ist aufgefordert, diesen skandalösen Vorgang sofort zu stoppen bzw. rückgängig zu machen. Denn dies wird sonst allein zulasten der Menschen mit Behinderung gehen. Menschen mit Behinderung für politische Spielchen zu instrumentalisieren, ist unverantwortlich!“

 

Magdeburg, 25. März 2024