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Lehrkräfte - Das Ziel ist richtig, aber der Weg ist weit und steinig

Thomas Lippman, bildungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Landtag von Sachsen-Anhalt, erklärt zu Verlautbarungen zum Koalitionsvertragsentwurf zwischen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die sich auf die künftige Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften beziehen

Thomas Lippman, bildungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Landtag von Sachsen-Anhalt, erklärt zu Verlautbarungen zum Koalitionsvertragsentwurf zwischen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die sich auf die künftige Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften beziehen:

„Die Botschaft aus den Koalitionsverhandlungen, in den allgemeinbildenden Schulen 14.500 Stellen zu finanzieren und mit Lehrkräften zu besetzen, um in der kommenden Legislaturperiode eine Unterrichtsversorgung von durchschnittlich 103 % zu erreichen, ist ein gutes und längst überfälliges Signal für die Schulen und die Lehramtsabsolventen. Das ist zu begrüßen. Endlich hat sich nach zwei ganzen Wahlperioden mit verhängnisvollem Personalabbau wieder die schulpraktische Vernunft durchgesetzt. Damit bewegt sich die künftige Koalition – auf die gestiegenen Schülerzahlen bezogen – zumindest in der Nähe der im Wahlprogramm der LINKEN geforderten Schüler-Lehrer-Relation des Schuljahres 2013/14.

Allerdings ist dies nur eine Momentaufnahme des gegenwärtigen Standes. Sollten die Schülerzahlen in den kommenden fünf Jahren weiter wie bisher kräftig steigen (etwa 2.000 p.a. in den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen), muss diese Stellenzahl weiter nach oben angepasst werden. Ein Anwachsen der Schülerzahl um 7.000 erfordert nach vorliegenden Erfahrungen noch einmal 500 Vollzeitlehrerstellen zusätzlich. Und eine solche Entwicklung ist sehr realistisch.

Es ist zu bezweifeln, dass die jetzt avisierte Zahl von 4.000 Neueinstellungen bis 2021 reichen wird, um die neue Zielzahl der Unterrichtversorgung bzw. des Personalbestandes überhaupt erreichen zu können. Denn allein zum neuen Schuljahr 2016/17 fehlen bereits mehr als 500 Vollzeitlehrer, diese Lücke muss geschlossen werden. An den öffentlichen Schulen werden nach vorsichtigen Schätzungen bis 2021 allein weitere 4.000 Lehrkräfte – möglicherweise sogar mehr - aus dem aktiven Schuldienst ausscheiden, so dass von einer Erhöhung des Personalbestandes nicht gesprochen werden kann. Lediglich der weitere Personalabbau könnte auf dieser Grundlage gestoppt werden.

Außerdem ist völlig offen, ob sich mit diesen Vorgaben tatsächlich die derzeitige desolate Unterrichtsversorgung wieder auf 103 % verbessern ließe. Denn in dem Stellenvolumen von 14.500 sind auch die stetig zunehmenden Langzeiterkrankten und die in Anspruch genommene Mutterschutzzeit und  Elternzeit enthalten. Diese Kolleginnen und Kollegen haben zwar einen Arbeitsvertrag mit dem Land, stehen aber für die Arbeit in den Schulen zumindest auf mittlere Sicht nicht zur Verfügung. Zuletzt war allein dadurch ein Arbeitsvolumen von 500 Vollzeitlehrern  gebunden – bei stark ansteigender Tendenz.

Wenn sich außer dem guten Willen tatsächlich etwas bewegen soll, müssen Landesregierung und Schulbehörden jetzt richtig die Ärmel hochkrempeln und alles dafür tun, dass die benötigten Lehrkräfte auch gewonnen werden können. Die Ausbildungskapazitäten sowohl an den Universitäten als auch in den Staatlichen Seminaren können nicht einmal die Hälfte der jährlich benötigten 800 – 1.000 Neueinstellungen absichern. Die Fraktion DIE LINKE hatte noch Ende der vergangenen Wahlperiode mit ihrem Sofortprogramm zur Lehrkräftegewinnung Wege aufgezeigt, die jetzt dringend gegangen werden müssen, um den Neueinstellungsbedarf gewährleisten zu können.

Entscheidend ist dabei, dass sofort begonnen wird, das absehbare Defizit in der Lehrkräfteversorgung zu begrenzen und für das kommende Schuljahr unmittelbar nach der Regierungsbildung zusätzliche Lehrerstellen auszuschreiben. Es muss das Minimalziel sein, alle ausscheidenden Lehrkräfte sowie die weitere Zunahme von Langzeiterkrankten Mutterschutz- und Elternzeit sowie den wachsenden Bedarf durch die steigende Schülerzahl vollständig zu kompensieren, um so das weitere Absinken der Unterrichtsversorgung unter die 100-Prozent-Marke zu verhindern.“

Magdeburg, 19. April 2016