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Kristin Heiß zu TOP 8: Mehr Engagement des Bundes für Renterinnen und Rentner im Osten

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Das Kabinett hat sich kürzlich zur Haushaltsklausur auf das Jagdschloss in Letzlingen zurück gezogen. Ziel war es, sich gegenseitig den Geldbeutel abzujagen. Wie ich hörte, verlief die Jagd nicht sehr erfolgreich. Alle Ministerinnen und Minister sind mit ihren Geldbeuteln heil nach Hause gekommen und der Haushalt ist immer noch überzeichnet.

Auf die Jagd nach den ganz großen Brocken hat sich der Ministerpräsident schon während der Koalitionsverhandlungen im Bund gemacht und kürzlich weidmännischen Beistand vom Finanzminister erhalten.

Beide wollen einen der höchsten Ausgabeposten im Landeshaushalt senken, der trotz seiner Größe vergleichsweise unbekannt ist. Er ist zu finden im Einzelplan 13 und beträgt in diesem Jahr satte 440 Millionen Euro. 440 Millionen Euro, die das Land an die Rentenkasse überweist.

440 Millionen Euro. Jedes Jahr. Tendenz steigend. Davon kann man das KiFöG aus der Portokasse bezahlen, inklusive Beitragsfreiheit und Qualitätssteigerung in den Kitas, davon kann man vier Herzzentren an der Uniklinik Magdeburg bauen oder Schüler, Azubis, Studierende und alle anderen Bürgerinnen und Bürger dieses Landes dauerhaft kostenlos mit dem ÖPNV durch Sachsen-Anhalt fahren lassen.

Warum überweist das Land einen solch hohen Betrag jährlich an die Rentenkasse? Es sind Zahlungsverpflichtungen, die dem noch jungen Land Sachsen-Anhalt zu Beginn der 1990er Jahre aufgebürdet wurden. Damals wurde im Kontext der Wiedervereinigung die Überleitung von Rentenansprüchen aus DDR-Recht in Bundesrecht gesetzlich geregelt. Die neuen Bundesländer sollten der bundesdeutschen Rentenkasse fortan einen Großteil der Aufwendungen für DDR-Zusatz- und Sonderrenten erstatten.

Zu Beginn der 1990er Jahre waren die Zahlungen überschaubar. Kein Wunder. So viele Anspruchsberechtigte waren schließlich noch nicht in Rente. Im Laufe der Zeit und mit Zunahme der Verrentungen nahm die Kurve jedoch einen steilen Verlauf nach oben.

Mittlerweile zahlt Sachsen-Anhalt jährlich 440 Millionen Euro für Ansprüche, die zu einer Zeit entstanden, als es das Land noch nicht gab und für die das Land keinerlei Rücklagen bilden konnte. Mit der wünschenswerten und längst überfälligen Angleichung der Ostrenten werden die Zahlungen noch weiter steigen.

Zieht man nun in Betracht, dass die Rentenansprüche der DDR-Bürgerinnen und –Bürger dem Grunde nach einheitsbedingte Lasten sind, die laut Einigungsvertrag der Bund zu übernehmen hat, ist es zu hinterfragen, warum die neuen Bundesländer hier nach wie vor einen Großteil dieser Lasten schultern müssen.

Die steigenden Zahlungsverpflichtungen für die DDR-Renten sowie das Abschmelzen der Solidarpaktmittel lassen den neuen Bundesländern das Wasser bis zum Hals stehen. Eine Entlastung bei den DDR-Zusatz- und Sonderrenten ist dringender geboten denn je.

Das hat auch der Finanzminister erkannt und forderte in einer Pressemitteilung am 11. Juni, dass die Entlastung bei Ost-Renten nicht auf die lange Bank geschoben werden soll. Für die Zusatzrenten aus DDR-Zeiten sei eine Lösung dringend notwendig. Das sehen wir auch so und haben daher diesen Antrag gestellt.

Wir möchten, dass der Bundesanteil bei den Erstattungen an die Rentenversicherung auf 70 Prozent erhöht wird und mittelfristig komplett in Händen des Bundes liegt.

Bisher zahlen die ostdeutschen Länder rund 52 Prozent der Kosten für Renten aus Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der DDR, der Bund demnach rund 48 Prozent.

Im Jahr 2016 gab es rund 1,3 Millionen Menschen, die AAÜG-Leistungen erhielten. Das ist fast die Hälfte der ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner. Bei der Wiedervereinigung wurden aber viele Ansprüche nicht anerkannt. Diese Ungerechtigkeit muss endlich beendet werden.

Ein DDR-Renten-Härtefallfonds ohne Aussagen zu Umfang und Verfahren ist nur eine Minimal-Vereinbarung zur Rentenüberleitung und wird nur den Ärmsten der Armen zugutekommen. Das darf kein Feigenblatt für die Große Koalition sein, um bei der Rentenüberleitung weiterhin tatenlos zu bleiben.

Die bisherige Kostenverteilung für die Rentenüberleitung ist rechtssystematisch dahingehend zu korrigieren, dass die in das SGB VI übertragenen DDR-Alterssicherungsansprüche über Beitragsmittel der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt werden sollen, optimalerweise unter Aufstockung des Bundeszuschusses.

Das brächte im Umkehrschluss für die Haushalte der beteiligten Länder Freiräume, um über das SGB VI hinausgehende Alterssicherungsansprüche, die in Landeshoheit liegen (wie Universitäten und Hochschulen, Polizei) zu gewähren. Bundeshoheitliche Alterssicherungsansprüche müssten folglich in den Bundeshaushalt eingeordnet werden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für die ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner stark zu machen und gleichzeitig die Haushalte der Ost-Länder durch eine Steigerung der Bundesfinanzierung zu entlasten.

Die Regierungskoalition im Bund hat sich in Ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet, die ostdeutschen Bundesländer durch einen höheren Anteil bei den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der DDR zu entlasten.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung dämpfte nun aber die Hoffnungen. Er verkündete, dass der Bund nicht genug Geld für diesen Posten hätte. Ehrlich gesagt, diese Aussage vom Ost-Beauftragten irritiert schon sehr, soll er doch das Sprachrohr der Ostens und nicht das der Bundesregierung sein. Offensichtlich hat er seinen Beruf verfehlt.

Ich glaube, wir haben genug Geld. Nur die Prioritäten werden falsch gesetzt. Ostdeutsche Belange haben keine ausreichende Lobby, dafür hören wir mehr als genug Schmarn von bayerischen Bundesministern.

Liebe Landesregierung, als Rechtsnachfolgerin der DDR ist die Bundesrepublik in der Pflicht, einen deutlich höheren Anteil bei den Erstattungen an die Rentenversicherung für die Ansprüche aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der DDR zu übernehmen. Die ostdeutschen Bundesländer müssen von diesen Kosten, für die sie keine Rücklagen bilden konnten, entlastet werden. Setzen Sie sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür ein, dass die seit 28 Jahren bestehenden Ungerechtigkeiten endlich abgeschafft werden.

Und noch zum Alternativantrag der Koalition: Ihre Bitten an die Landesregierung lesen sich sehr weich gespült und beinhalten nicht mal eine Zeitschiene. Das klingt halbherzig und nach einer biologischen Lösung. Dem können wir so nicht zustimmen.

Herzlichen Dank!