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Kristin Heiß zu TOP 3: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das haushaltsjahr 2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Es gäbe viel zu sagen zu diesem Haushalt und den wahrhaft chaotischen Haushaltsverhandlungen. Ich verzichte darauf, hier noch etwas zum kleinkarierten Streit der Koalitionsfraktionen, z.B. im Forstbereich zu sagen, zeitweise konnte man ja den Eindruck haben, sich auf einem havarierenden Försterball zu befinden.

Ich möchte hier nach vorne schauen mit Blick auf den vorliegenden Haushalt und den bevorstehenden Doppelhauhalt 20/21. Das bedeutet: Nach der Misere ist vor der Misere.

Heute schmücken Sie sich mit Millionen und Milliarden und morgen werden wir uns in diesem Haus erneut mit den dürftigen Ergebnissen ihrer Politik befassen müssen. Das Geld für viele ihrer Projekte wird nämlich nicht abfließen, weil es ihnen an einer koordinierten und vorausschauenden Politik mangelt.

Der Haushalt, den Sie uns heute vorlegt haben, kann mit drei Worten charakterisiert werden: Kurzsichtig, inkonsistent und perspektivlos. Ich werde mich auf drei anschauliche Beispiele ihrer Politik beschränken und Ihnen anschließend unsere Vorschläge für einen guten, zukunftsfähigen und sozial geprägten Haushalt vorstellen.

Fangen wir mit der Kurzsichtigkeit an: Sachsen-Anhalt hat in den vergangenen Jahren mehrere tausend Hektar Land verkauft . Land, dass Bauern aus Sachsen-Anhalt zur Verfügung stehen sollte, Land, das man verpachten kann, Land, mit dem man Spekulationen verhindert. Wir aber haben unser Tafelsilber für kurzfristige kaum spürbare Haushaltsentlastungen verscherbelt.

Wer sich die Entwicklung der Bodenpreise im Land anschaut, kann erkennen, dass die Wertsteigerung zwischen den Jahren 2007 und 2017 bei 354 Prozent lag. Eine Fläche die im Jahr 2007 einen Wert von 5.000 Euro hatte, ist heute rund 17.700 Euro wert.

Klug wäre also, in Land zu investieren. Das haben andere offenbar besser verstanden als unsere Landesregierung. Aus der Presse zu entnehmen war folgendes: Karl Gerhold, Gründer und Chef von GETEC und gleichzeitig CDU-Landesschatzmeister kaufte sich kürzlich für mehrere Millionen Euro bei Agro Bördegrün, einem der größten landwirtschaftlichen Betriebe Sachsen-Anhalts ein.

Der Präsident des Bauernbundes Kurt-Henning Klamroth sieht hier im Gegensatz zur Landesregierung offensichtlich Handlungsbedarf: „Nicht finanzstarke Geschäftsleute, sondern Bauern sollten Betriebe mit Ackerboden erwerben“, so Herr Klamroth. Aber in der Auseinandersetzung mit Landspekulationen in Sachsen-Anhalt ist diese Landesregierung offenbar ein Totalausfall.

DIE LINKE hingegen ist derzeit die einzige politische Kraft, die sich im Landtag konsequent gegen diese Landspekulationen stellt und das auch weiter tun wird. Meine Fraktion wird daher auch hier im Plenum einen Antrag stellen, der den Landverkauf in Sachsen-Anhalt stoppt. Land ist eine sichere Bank und Land bietet strukturpolitische Steuerungsmöglichkeiten, die wir uns z.B. bei der Dürre in diesem Jahr gewünscht hätten.

Während der oberste Hüter der CDU-Finanzen den Wert von Land erkennt, betreibt die Landesregierung mit Steuergeldern weiter wilde Spekulationen in Bahrain, Katar und der Türkei. Das muss aufhören.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum zweiten Beispiel, das ihre inkonsistente Haushaltsplanung illustriert: Das umfangreiche und offenbar ungeplante Geldgeschenk für den Landestourismusverband.

Ursprünglich sollten diese Mittel durch das Wirtschaftsministerium abgesenkt werden. Dann folgte ein kurzfristig vorgelegter Änderungsantrag der CDU, der dem Landestourismusverband eine satte Steigerung der Mittel um 1,1 Millionen Euro einbringt.

Mit den Stimmen der Koalition wurde schließlich eine Vervierfachung der institutionellen Förderung des Landestourismusverbandes und eine Verdopplung der Projektförderung beschlossen. Peinlicherweise wussten die Koalitionskollegen im Finanzausschuss nicht mal ansatzweise, warum genau diese Steigerung erfolgen sollte. Und der Vorsitzender des Landestourismusverbandes kam zu spät zur Bereinigungssitzung. Uns ist kein derartiges Lobbygeschenk, weder in der Art und Weise des Vorgehens noch bei der Höhe der Förderung bekannt.

Wir versprechen Ihnen an dieser Stelle schon mal, dass wir die Tourismuspolitik der Koalition im kommenden Jahr aufmerksam begleiten werden. Eine erste Kleine Anfrage müsste das Wirtschaftsministerium bereits erreicht haben. Heute werden wir einen Sperrvermerk dieser Gelder bis zur Vorlage eines Konzeptes zur Nutzung der Gelder beantragen. Sollten sie diesen ablehnen, beantragen wir die Streichung der Gelder.

Zum dritten und letzten Punkt meiner Aufzählung: Die Perspektivlosigkeit ihres Handels am Beispiel der Schulsozialarbeit.

Wir wissen seit der Finanzierung mit EU-Mitteln, dass mit dem Ende der Förderperiode auch das Projekt „Schulerfolg sichern“ vor dem Aus steht. Keiner von uns weiß, ob es in der neuen Förderperiode ab 2020 weitere EU-Gelder für die Schulsozialarbeit geben wird.

Es ist also spätestens seit dem Jahr 2014 klar, dass es für die Fortführung einen Plan und entsprechende Mittel des Landes geben muss. Vergangene Woche war in der Volksstimme zu lesen, dass die Koalition das Bildungsministerium nun mit der Erarbeitung eines Konzeptes für die Schulsozialarbeit beauftragen will.

Im Dezember 2018 beginnt man also damit, die Regierung mit der Erstellung eines Konzeptes zu beauftragen. Parallel dazu feiert man sich dafür, dass man mit den für das Jahr 2020 und 2021 eingestellten Landesgeldern die Schulsozialarbeit sichern würde. Richtig ist: Das eingestellte Geld wird nicht einmal reichen, um das Programm in der jetzigen Form fortzuführen.

Dabei braucht Schule die Schulsozialarbeit mindestens in der jetzigen Form. Eltern, Lehrer und Schülern wünschen sich eine Fortführung des Programmes. Laut einer Studie des Deutschen Kinderhilfswerkes sagen 84 Prozent der Eltern, dass eine ausreichende Ausstattung der Schulen mit Sozialarbeitern äußerst bzw. sehr wichtig ist. Das ist mehr als in jedem anderen Bundesland. Sie jedoch geben mit ihren halbherzigen und undurchdachten Haushaltsansätzen niemandem eine Perspektive.

Wir haben errechnet, dass bei 500 Schulsozialarbeitern im Land eine Summe von ca. 36 Millionen pro Jahr nötig wäre. Einen Änderungsantrag zur Anpassung der Verpflichtungsermächtigungen im Haushaltsplan werden wir auch hier im Plenum stellen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Oppositionspolitik der LINKEN im Landtag steht beim Haushalt immer auf zwei Säulen: Kritik im Grundsatz und im Detail einerseits, alternative und umsetzbare Änderungsanträge zu den Einzelplänen anderseits.

Denn es bedarf dringend Lösungen für die vielen Probleme im Land: Der riesige Investitionsstau bei den Krankenhäusern im Land bleibt mit ihrem Haushaltsentwurf weiter bestehen. Die seit Jahren sinkenden Zuschüsse des Landes sorgen dafür, dass die Kliniken unter enormen Spardruck geraten und die Qualität der Gesundheitsversorgung leidet.

Meine Fraktion beziffert den Bedarf der Krankenhäuser in kommunaler und freier Trägerschaft auf über 100 Millionen Euro jährlich. Der Spar- und Privatisierungsdruck bleibt somit unverändert hoch - mit negativen Folgen für die medizinische Versorgung, insbesondere im ländlichen Raum. Hier ist eine Negativspirale in Gange, die nur schlecht wieder rückgängig gemacht werden kann. Wenn es hart auf hart kommt, müssen nicht nur einzelne Stationen, wie z.B die für Geburtshilfe geschlossen werden, sondern ganze Krankenhäuser, wie zuletzt das Johanniterkrankenhaus in Genthin.

Was macht also eine schwangere Frau, die mit Wehen zuhause sitzt? Nimmt sie den bis zu 50 km weiten Weg zur nächsten Entbindungsstation auf sich oder entscheidet sie sich im Zweifel dafür, die Hebamme nach Hause zu holen? Um die Hebammen bei dieser verantwortungsvollen aber auch risikobehafteten Arbeit zu unterstützen, haben wir die Idee eines Hebammenfonds entwickelt. Er soll dabei helfen, Nachwuchskräfte den Weg in den Beruf zu ermöglichen und die Hebammen und Geburtshelfer bei der Zahlung der hohen Versicherungsprämien unterstützen.

Für die Widerherstellung eines ordnungsgemäßen Schulbetriebs bedarf es nicht nur neuer Stellen für Lehrer im Haushalt. Auch die Ausbildungskapazitäten im Land müssen erhöht werden. Wir setzen uns daher für eine Erhöhung der Lehramtsstudienplätze auf insgesamt 1400 Plätze im Jahr 2020 ein.

Dem von der Wirtschaft beklagten Mangel an Auszubildenden wollen wir nicht nur mit einer Stärkung der Bildungslandschaft, sondern auch mit der Einführung eines Azubitickets entgegenwirken.

Zur Sicherung eines unbedingt notwendigen Schwimmunterrichts in allen Landesteilen beantragen wir ein Investitionsprogramm für kommunale Schwimmbäder. Durch die angespannte Haushaltslage vieler Kommunen wurden viel zu häufig kommunale Schwimmbäder geschlossen – damit haben auch Kinder und Jugendliche weniger Möglichkeiten, schwimmen zu lernen. Laut Statistik der DLRG sind in diesem Jahr wieder etliche Menschen in Sachsen-Anhalt ertrunken . Das möchten wir verhindern.

Nun zu unseren Deckungsquellen: Bevor Sie sich in Nachfragen und Redebeiträgen auf den Pensionsfonds stürzen, vorab ein paar wichtige Worte zu diesem Deckungsvorschlag.

Für Sie bedeutet Generationengerechtigkeit die Bildung von Rücklagen am Kapitalmarkt. Für uns bedeutet Generationengerechtigkeit, unseren Kindern eine funktionierende Infrastruktur, sanierte Schulen und Krankenhäuser zu bieten. Darum finden wir es falsch, dass Sie den laufenden Haushalten hunderte Millionen Euro entziehen und dafür Schulen, Uniklinika und Krankenhäuser weiterhin vernachlässigen.

Die Zukunftsfähigkeit unseres Landes und die Gestaltungsfähigkeit von Haushaltspolitik hängen langfristig nicht von der Größe des Sparschweins ab. Sie hängen ab von der Höhe künftiger Einnahmen und einer konstanten Personalausgabenquote. Für die Einnahmen braucht es Menschen, die hier leben, arbeiten, Familien gründen und Steuern zahlen. Das machen sie, wenn sie gute Lebensbedingungen vorfinden und nicht, wenn das Sparschwein des Finanzministers ein besonders großes oder kleines ist.

Zudem schummeln Sie im Haushalt: Die Dunkelziffer der Pensionszahlungen ist schon heute deutlich höher als im Haushalt dargestellt. Für DDR-Pensionen bezahlen wir im Jahr 2019 ganze 460 Millionen Euro an den Bund. Diese Zahlen gehen aber nicht in ihre Personalausgabequote ein.

Der angeblich dramatische Anstieg der Pensionszahlungen ist also gar nicht so dramatisch, wenn man diese Zahlungen mit einrechnet. Mindestens aus demografischen Gründen, werden die Leistungen für DDR-Pensionen zukünftig sinken und uns neue Spielräume für die Abfederung der Pensionslasten unserer Landesbeamten verschaffen.

Außerdem setzen wir uns auch auf Bundes- und Landesebene dafür ein, das Berufsbeamtentum zu reformieren und die Anzahl der Beamten zu reduzieren. Wir sind der Auffassung, dass nicht jeder Lehrer, Ministerialbeamte oder Professor zwingend verbeamtet werden muss.

Aus diesen Gründen haben wir andere Vorstellungen zum Pensionsfonds an sich und zur Höhe der Zuführung im Besonderen. Im Frühjahr 2019 wollen wir dazu einen Gesetzentwurf einbringen und erneut mit Ihnen über den richtigen Weg langfristiger Haushaltspolitik diskutieren. Im Vorgriff auf diesen Gesetzentwurf wollen wir einen Leertitel für den 2019er Haushalt ausbringen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Uns ist in den vergangenen Wochen manch bittere Klage aus den Reihen der Koalitionsfraktionen zu Ohren gekommen. Wir würden sie zu stark kritisieren und zu wenig loben.

Lassen Sie mich zum Schluss daran erinnern, dass es generell nicht die Aufgabe der Opposition ist, mit der Regierung zufrieden zu sein. Wir sind dafür da, auf Missstände hinzuweisen und alternative Konzepte vorzustellen. Also beschweren Sie sich doch bitte nicht, wenn wir unsere Arbeit machen.

Doch wenn Sie sich so danach sehnen, will ich Ihnen ein Lob hier nicht versagen. Schließlich ist ja bald Weihnachten. Da so viele Mittel für Ihre Projekte in den vergangenen Jahren gar nicht abgeflossen sind, haben Sie es uns wirklich sehr einfach gemacht, für die Deckung unserer Vorhaben neben dem Pensionsfonds noch andere Quellen im Haushalt zu finden.

Dafür herzlich Dank.