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Kristin Heiß zu TOP 19: Sponsoren veröffentlichen

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

“Tue Gutes und rede darüber“ ist eine klassische Regel der PR. “Tue Gutes und lass darüber reden“ ist die Grundregeln des Sponsorings.

Der Sponsoring-Bericht der Landesregierung spricht von einer “effektiven Symbiose“ zwischen Wirtschaft und Verwaltung.

Eine Symbiose, das ist etwas, von der immer beide Seiten einen Vorteil haben. Diese Symbiose findet in Sachsen-Anhalt genauso wie in anderen Bundesländern statt. Unrühmliche Spitzen dieser Symbiose sind exklusive Treffen mit Ministern gegen Bezahlung unter dem Stichwort “Rent a Minister“, Lobbyisten-Hausausweise im Bundestag, Dieselgate und VW-Affäre. Übertreibt man es mit der Symbiose, so kann der einst beiderseitige Vorteil schnell in Argwohn und Misstrauen gegenüber Politik und Wirtschaft umschlagen. Politikverdrossenheit und ein „die da oben machen ja eh was sie wollen“ sind die Folge.

Aus gutem Grund ist Herr Minister Stahlknecht als Herausgeber des Sponsoringberichts sehr bemüht, dass der Ruf des Landes eben nicht beschädigt wird.

Im Vorwort des Berichts schwingt ein gewisser Stolz mit, solle doch „in jedem Fall selbst der Anschein einer möglichen Einflussnahme auf das Verwaltungshandeln durch Wirtschaftsunternehmen“ vermieden werden. Dies sei „unabdingbare Grundvoraussetzung für Sponsoring, damit die öffentliche Verwaltung ihre staatliche Integrität und ihre Neutralität sowie ihr Ansehen in der Öffentlichkeit wahren kann.“ Daher sei „Sponsoring für jedermann nachvollziehbar und transparent zu gestalten.“

Das ist wichtig, denn die “effektive Symbiose“ wird immer beliebter: Die Einnahmen aus Sponsoring sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Waren es im Jahr 2011 noch rund 140.000 Euro Einnahmen durch Sponsoring, sind wir nun bei über einer Millionen Euro pro Jahr. Wie Sie der Presse entnehmen konnten, rechnet die Landesregierung mit weiter steigenden Einnahmen in diesem Bereich. Mehr Einnahmen heißt aber auch, mehr Verantwortung. Es mach eben einen Unterschied, ob das Land in einem Jahr 10.000 Euro für beispielsweise Sportsponsoring einnimmt, oder 1 Millionen Euro für Sponsoring im Bildungs- und Wissenschaftsbereich.

Es gibt im Land recht vorhersehbares Sponsoring wie Sachleistungen zum Sachsen-Anhalt-Tag, zum Sommerfest der Landesregierung (achten Sie nächste Woche mal darauf, was Sie beim diesjährigen Empfang dort essen und trinken), zur Kultursommernacht und zum Neujahrsempfang der Landesregierung.

Es gibt aber auch Sponsoring in eher ungewöhnlichen Bereichen: Ein unbekannter Sponsor lässt sich die Namensbestimmung einer Hörsaales an der Uni MD jährlich 11.900 Euro kosten. Ein anderer Sponsor gibt 2.500 Euro für den Arbeitskreis Orthopädie-Allgemeinmedizin an der Uniklinik Halle aus.

Und für die anwesenden Herren sicher interessant: Rund 11.300 Euro gibt ein Sponsor für die Schwesternfortbildung Urologie an der MLU. Hätten Sie das vermutet? Also ich wüsste schon gern, welches Unternehmen so viel Geld für so eine Fortbildung springen lässt.

Meine Lieblingsbeispiele sind aber die Punkte „diverse Workshops“ oder „Jahresrückblick“ (dieser kostet übrigens fast 21.000 Euro). Spannend fand ich auch den Verwendungszweck „Unterstützung von Verwaltungsaufgaben“ für 31.000 Euro. Leider ließ sich nicht rekonstruieren, welche Verwaltungsaufgaben hier ganz konkret unterstützt wurden, geschweige denn von wem.

Für die Geld- oder Sachleistungen erwartet der Sponsor natürlich eine Gegenleistung vom Land. Was das Land anzubieten hat, findet sich im Runderlass und kann individuell vereinbart werden.

Die Landesverwaltung kann z.B. in Print- und Internetpublikationen, auf Fahrzeugen oder in sonstiger Weise auf den Sponsor hinweisen. Sie kann unterstützend wirken bei der Berichterstattung in Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen, in dem sie die Sponsoren in Pressekonferenzen und bei öffentlichen Veranstaltungen einbindet. Auf der anderen Seite darf der Sponsor Namen, Emblem und Logo des Landes für seine Öffentlichkeitsarbeit nutzen.

Das Land verpflichtet sich im Runderlass aber auch, das Sponsoring gegenüber der Öffentlichkeit offen zu legen. Dazu dient u.a. dieser Bericht. Hier legt man aber nur das offen, was man selbst für opportun hält, nämlich den Empfänger, die Leistung, den Betrag und die konkrete Verwendung, nicht aber den Sponsor. Welche wirklich guten Gründe es dafür gibt, kann Herr Minister Stahlknecht vielleicht gleich ausführen. Mir fallen beim besten Willen keine guten Gründe ein, höchstens fragwürdige.

Hier an dieser Stelle möchte ich noch mal auf den Hörsaal der Uni MD zurückkommen, der den Namen eines im Bericht nicht genannten Sponsors trägt. Wer von Ihnen zuletzt an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät war, wird wissen, dass es der Volksbank-Hörsaal ist. Mir fallen keine guten Gründe ein, wieso die Volksbank hier nicht als Sponsor benannt wird. Die Volksbank als regionales genossenschaftliches Unternehmen steigert ihre Bekanntheit. Das Land hat mehr Geld für Forschung und Lehre. Warum müssen Parlament und Öffentlichkeit das erst selbst recherchieren? Ich finde, so etwas gehört in den Sponsoringbericht.

Natürlich gibt es auch Bereiche der Landesverwaltung, die nicht auf Sponsoring zurückgreifen dürfen. Das sind die Polizei, der Verfassungsschutz, die Justiz und die Steuerverwaltung. Das klingt vernünftig und ist in jedem Fall begrüßenswert.

Wenn man sich jedoch die Sponsoringberichte anderen Bundesländer ansieht, wird schnell klar, das wir mit den vier genannten Bereichen bummelletzter sind beim Thema Korruptionsprävention.

In anderen Länder ist Sponsoring in wesentlich weniger Bereichen erlaubt. In Sachsen zum Beispiel. Die Verwaltungsvorschrift dort stammt aus dem Jahr 2008 und wurde damals von Herrn Ministerpräsidenten Milbradt, CDU, unterzeichnet.

Von Sponsoringleistung ausgeschlossen sind neben den oben genannten auch:

  • Aufsichtsbehörden
  • Bewilligungsbehörden
  • Öffentliche Stellen mit Beschaffungsaufgaben und
  • Öffentliche Stellen mit Planungsaufgaben

Jetzt werden Sie vielleicht sagen: Ja, wenn wir das auch machen und noch transparenter sind, dann springen Sponsoren ab und unsere Einnahmen gehen zurück. Ich möchte Sie beruhigen: Sachsen (2,2 Mio), Brandenburg (7,3 Mio), Thüringen (7 Mio) und Mecklenburg-Vorpommern (2015 allein 2,2 Mio) liegen mit ihren Sponsoringeinnahmen über uns, zum Teil sogar mehr als das dreifache. Und das, obwohl dort die Sponsoren genannt werden und die Regeln strenger sind. Wie kann das nur sein?

Bei der Recherche für diese Rede haben wir mit Transparency International geredet, ganz konkret mit Dr. Gisela Rüß aus Berlin. Sie war lange Jahre Anti-Korruptionsbeauftragte in Brandenburg und ist nun ehrenamtliches Vorstandsmitglied bei Tranparency International. Sie nannte es gar peinlich, von effektiver Symbiose zu sprechen und dann die Sponsoren zu verschweigen. Von der im Vorwort hochgehaltenen Transparenz ist ohne die Namen der Geber nicht viel zu spüren. Übrigens ist Frau Dr. Rüß nicht nur ausgewiesene Expertin in dem Bereich, sondern auch SPD-Mitglied.

Letztendlich bleibt für uns die Frage: Warum verschweigt die Landesregierung die Sponsoren? Ist es nicht in deren Interesse, öffentlich genannt zu werden? Und ist es nicht das Interesse des Landes, möglichst transparent und ohne Anschein einer möglichen Einflussnahme zu agieren? Ich finde, das sollte es sein. Integrität und Neutralität der Verwaltung müssen in der Öffentlichkeit gewahrt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrter Herr Minister Stahlknecht ich bin mir sicher: Das können wir besser. Nennen Sie zukünftig die Sponsoren!

Gern möchte ich Ihnen eine Motivation mit auf den Weg geben: Auch der Bund hatte, ähnlich wie wir, anfangs keine Regelungen zum Umgang mit Sponsoring. Zwei Prüfungen des Bundesrechnungshofes über mehrere Jahre führten letztendlich dazu, dass der Bund nun eine Verwaltungsvorschrift zum Sponsoring hat und die Sponsoren im seinem regelmäßigen Bericht nennt.

Die Bundesregierung hat mit ihrer Verordnung einen langen Weg hinter sich. Die Verordnung entspricht nun allen Anforderungen an Transparenz und Korruptionsprävention. Auch die überwiegende Mehrheit der Bundesländer nennt ihre Sponsoren. Herr Stahlknecht, als Innenminister schreiben Sie mit dem § 99 Absatz 5 der Kommunalverfassung sogar den Kommunen vor, dass sie Geber und Sponsoren zu nennen haben. Es wird höchste Zeit, dass auch das Land diesem Anspruch folgt, den es andere stellt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrter Herr Stahlknecht, ich kann mir vorstellen, dass der Runderlass des Landes nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet wurde, dass sich Gedanken gemacht und abgewägt wurde. Aber er reicht leider nicht. Lassen Sie es uns besser machen. Machen Sie den Bericht transparenter. Nennen Sie die Sponsoren.

Herzlichen Dank!