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Kristin Heiß zu TOP 18: Haushaltsklarheit wiederherstellen

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die Haushaltsverhandlungen für das Jahr 2019 stehen vor der Tür. Seit Wochen werden in den Häusern Pläne erstellt, Zahlen errechnet und Prioritäten gesetzt.

In dieser Sitzungsperiode haben wir drei Tagesordnungspunkte die sich explizit mit dem Haushalt beschäftigen und mit dem Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften einen Punkt, der uns haushaltstechnisch noch umfänglich beschäftigen wird.

Wer einen Blick in die Haushaltspläne der Ministerien wirft, braucht mindestens anfänglich einige Unterstützung, um alle Abkürzungen, die Struktur und den Aufbau nachzuvollziehen.

Aber auch alte Parlamentshasen, die schon etliche Pläne studiert haben, scheitern mitunter an der Intransparenz der Pläne. Wir erinnern uns an den Millionenauftrag für das isw, der im Haushaltsplan lediglich als Geschäftsbersorgungsvertrag mit der Investitionsbank stand. Dass das keiner durchblickt hat, ist nachvollziehbar.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir möchten mit unserem Antrag dazu beitragen, den Haushalt transparenter zu gestalten und die Haushaltsklarheit wieder herzustellen. Dazu sind aus unserer Sicht vier Dinge nötig:

1. Die globale Minderausgabe soll auf 1 Prozent des Gesamtvolumens der Ausgaben im jeweiligen Haushaltsjahr beschränkt werden.

Eine Globale Minderausgabe ist trotz jahrelanger Anwendung in den Haushaltsplänen von Bund und Ländern nach wie vor ein beargwöhntes haushaltswirtschaftliches Instrument geblieben. In der Wissenschaft finden sich kaum Anhänger der GMA, häufig jedoch Skeptiker.

Was spricht für eine GMA? Sie löst das Prognosedilemma. Kein Haushalt kann auf den Euro genau prognostiziert werden. Die GMA schöpft somit den Bodensatz an Ausgabemitteln ab, welche die Verwaltung nicht ausgeben kann oder vernünftigerweise nicht ausgeben sollte.

Sie ermöglicht Einsparungen nach der Rasenmäher-Methode, ohne direkt an spezifischen Einzelplänen den Rotstift anzulegen.

Wir finden, auch 1 Prozent GMA ermöglicht dem Finanzminister den Haushaltsausgleich, den er mit seinen Ressortkollegen in den Kabinettsberatungen nicht hinbekommt.

Eine unspezifische GMA von über einem Prozent, so wie es momentan bei uns praktiziert wird, berührt den Grundsatz der Schätzgenauigkeit, Klarheit und Wahrheit des Haushaltsplanes in bedenkenswerter Weise.

Hier ist zu berücksichtigen, dass ein Großteil des Ausgabevolumens bereits vorbestimmt ist durch Löhne, Gehälter und rechtlich verbindliche Sachausgaben.

Die Summe der Ausgabemittel, aus denen die GMA tatsächlich erwirtschaftet werden kann, ist somit deutlich kleiner als das gesamte Haushaltsvolumen. Proportional gesehen geben wir somit deutlich mehr als nur 1 Prozent des Haushaltes, über den der Haushaltsgesetzgeber frei bestimmen kann, in die Hände der Exekutive und beschränken somit die Verantwortung des Parlaments in bedenklicher Weise.

Der Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass GMA in den Haushaltsplänen größtenteils unter einem Prozent liegen. Die GMA für den Haushalt 2017 und 2018 beträgt jeweils rund 2 Prozent.

Zum zweiten Punkt unseres Antrages: Die im Doppelhaushalt 2017/18 bestehenden Deckungskreise sollen überprüft und deren Anzahl deutlich reduziert werden. Außerdem finden wir einen Bericht der Landesregierung über die verbleibenden Deckungskreise und deren Begründetheit sinnvoll.

Der § 20 der Landeshaushaltsordnung regelt die Deckungsfähigkeit von Ausgaben innerhalb von Titelgruppen. Laut LHO ist ein Verwaltungs- oder Sachzusammenhang für Deckungskreise erforderlich.

Die Deckungsfähigkeit beeinträchtigt den Haushaltsgrundsatz der Einzelveranschlagung. Sie schafft die Möglichkeit, in einem Titel höhere Ausgaben zu tätigen, wenn in einem oder mehreren anderen Ausgabetiteln Einsparungen in der gleichen Höhe erzielt werden.

Wir finden, die Landesregierung schießt über das Ziel der Landeshaushaltsordnung hinaus, wenn sie sieben von elf Kapiteln des Einzelplans 17 für deckungsfähig erklärt. Der Sachzusammenhang zwischen Bibliothekstantiemen (1702 632 01) und Musikschulprojekten wie "Jugend musiziert" (1787 633 70) ist doch recht fraglich.

Auch das Verkehrsministerium sticht im Bezug auf die Deckungskreise heraus. Acht von neun Kapiteln sind im Haushaltsplan des Verkehrsministeriums untereinander deckungsfähig.

Erst der große Deckungskreis macht es möglich, den Radwege-Etat erst im Haushaltsplan aufzustocken, im Vollzug nur zur Hälfte zu nutzen und die zweite Hälfte zurück in den Straßenbau zu stecken. Das freut sicher die Autolobbyisten im Ministerium, ist verkehrspolitisch jedoch falsch und nicht im Sinne des Haushaltsgesetzgebers.

Zum dritten und vierten Punkt unseres Antrages: Die Personalkostenbudgets der Ressorts sollen in der Höhe angesetzt werden, dass die geplanten Neueinstellungen auseichend finanziell untersetzt sind und realisiert werden können. Und im Sinne der Transparenz fordern wir mit der Vorlage des Haushaltsplanentwurfs einen Bericht der Landesregierung über die tatsächlich zur Verfügung stehenden Arbeitskraftanteile.

Ein Beitrag zu mehr Klarheit im Haushaltsplan wäre geleistet, wenn statt der Vollzeitäquivalente klar erkenntlich wäre, wie viel aktives Personal die Aufgaben in den Behörden erledigt.

Allein im Schulbereich sind es rund 700 Vollzeitäquivalente, die aufgrund von Elternzeit, Langzeiterkrankung oder anderen Gründen nicht aktiv sind, und somit nicht für den Schuldienst zur Verfügung stehen.

700 Vollzeitäquivalente, das sind rund 5 Prozent des gesamten Personalvolumens an den Schulen, auf das wir dauerhaft verzichten, weil wir es nicht vollständig nachbesetzen. Angesichts der dramatischen Personalsituation in den Schulen ist Klarheit über solche Umstände geboten. Die soll künftig mit Vorlage des Haushaltsplans geschaffen werden.

Aus den Vollzeitäquivalenten im derzeitigen Haushaltsplan ist diese Klarheit nicht zu bekommen. Jeder von uns könnte nun mit einigen Klicks im Haushaltsinformationssystem die Teilzeitquoten ermitteln und auf den aktiven Personalbestand zurückrechnen. Doch wir wissen auch dann noch nicht genau, ob dieses aktive Arbeitskraftvolumen reicht, um die Aufgaben ordentlich zu erledigen.

Das Parlament hat ein Personalvolumen beschlossen. Es hat übrigens kein Personalvolumen minus Elternzeitler, Langzeiterkrankten und plus Tarifsteigerungen beschlossen. Dass Tarifsteigerungen bei der Personalveranschlagung vorsorglich zu berücksichtigen sind, versteht sich von selbst. Tarifsteigerungen gehören auf absehbare Zeit zum für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst begrüßenswerten Regelfall, statt zur Ausnahme. Hier liegt der Hase im Pfeffer: Denn wir haben den Eindruck, dass das Geld für Neueinstellungen und das damit verbundene Ausschöpfen des Vollzeitäquivalentziels am Ende eben deswegen fehlten, weil Tarifsteigerungen nicht in entsprechender Höhe veranschlagt waren.

Das hängt auch mit unserem Antrag zusammen, den wir gestern Abend abschließend aber leider nicht zufriedenstellend beraten haben. Die Häuser müssen die Möglichkeit erhalten, in höherem Maße als bisher Ersatzeinstellungen vorzunehmen, wenn Kolleginnen und Kollegen dauerhaft nicht aktiv im Dienst sind, also auch nicht mehr bezahlt werden.

Ebenfalls brauchen die Häuser Personalbudgets, die groß genug sind, um Neueinstellungen umzusetzen und motivierten Kolleginnen und Kollegen den Dienst über das Rentenalter hinaus zu ermöglichen. Ein Fall wie im vergangenen Jahr, wo dringend benötigte erfahrene Polizisten länger arbeiten wollten, dies aber nicht durften, weil das Personalbudget nicht ausreichte, ist widersinnig – gerade wenn man sich anguckt, wie viel Geld am Ende des Jahres doch liegen geblieben ist. Die neuen Bewirtschaftungsregeln für das Personal wurden geschaffen, um den Land zu dienen. Wenn die Regeln dieses Ziel verfehlen, wie im vergangenen Jahr durch die Beschränkung der Personalbudgets, dann müssen wir über die Regeln diskutieren und sie gegebenenfalls ändern.

Wenn nun der Finanzminister wahrscheinlich gleich referieren wird, dass alles viel teurer würde mit unseren Vorschlägen, dann sage ich, dass wir in den letzten Monaten im Finanzausschuss sehr viele Beispiele erlebt haben, bei denen Dinge deswegen teurer geworden sind, weil wir kein Personal haben und daher wichtige Planungsaufgaben nicht erfüllt werden konnten.

Wir haben seit Jahren das Problem, dass Investitionen nicht abfließen können, weil wir es nicht schaffen, die Investitionsvolumina zu überplanen. Jüngstes Beispiel ist die JVA Halle, deren Bau wir nun in die Hände eines Totalunternehmers geben, weil unserer eigenen Bauverwaltung die Fachkräfte fehlen. Ich bezweifle, dass das günstiger und besser wird als mit gut ausgebildeten, voll einsetzbarem eigenen Personal.

Deshalb ist Personal wichtig. Personal ist nicht nur ein Kostenfaktor. Die Häuser brauchen den nötigen Spielraum, um ihre VzÄ Ziele umzusetzen. Sie brauchen den nötigen Spielraum, um ihre Aufgaben für Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft im Land zu erledigen. Das wollen wir in diesem Bereich mit einer höheren Ist-Kostenveranschlagung als bisher erreichen.

Gern würden wir über dieses Thema mit Ihnen im Finanzausschuss reden und beantragen daher eine Überweisung in eben diesen Ausschuss.