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Kristin Heiß zu TOP 09: Mitwirkung der jungen Generation fördern. Demokratie stärken.

Zur Vorbereitung meiner Rede habe ich vergangene Woche beim Kinder- und Jugendring angerufen, um mal zu fragen, wie denn der aktuelle Stand des Jugendpolitischen Programms ist. Leider war die zuständige Referentin nicht da. Man sagte mir auf Nachfrage, dass sie ihre auf ein Jahr befristete Stelle gekündigt hat, weil sie eine unbefristete Anstellung in einem anderen Bundesland gefunden hat. Und ich dachte, das Jugendpolitische Programm wäre dem Land so wichtig, dass man nicht nur kurzfristig jemanden dafür einsetzt. Oder anders gesagt: Wir überlassen also diejenigen, die für das Land gemeinsam mit jungen Menschen Visionen und Ideen für die Zukunft erarbeiten sollen, einer so großen Perspektivlosigkeit, dass sie ihre eigene Zukunft in einem anderen Land suchen müssen. Klare Ansage.

Die Landesregierung wurde 2012 vom Landtag beauftragt, ein Jugendpolitisches Programm zu erarbeiten. Der Kinder- und Jugendring hat in diesem Auftrag gemeinsam mit jungen Menschen insgesamt 885 Forderungen an die Politik erarbeitet. Diese liegen seit Anfang 2015 im Sozialministerium. Diejenigen, die an dem Projekt mitgearbeitet haben, wollen jetzt Ergebnisse sehen und weiter einbezogen werden und nicht noch länger warten, dass sich etwas „weiterentwickelt.“ Die Frage ist ja: Wohin will man sich denn entwickeln, wenn es noch gar kein Programm gibt? Was ist das Ziel, verehrte Koalition, und wie lauten die konkreten Arbeitsschritte? Zu Ihrer Motivation beantragt meine Fraktion daher, das fertige Jugendpolitische Programm Ende 2017 vorzulegen.

Zum zweiten Punkt Ihres Antrages: ein Kompetenzzentrum für Kinder- und Jugendbeteiligung. Klingt schön, macht was her. Prinzipiell ist dagegen auch nichts einzuwenden.

ABER: Nutzen sie doch für Ihr Vorhaben bitte die bereits vorhandenen Strukturen. Es wurden schon lange Netzwerke aufgebaut, es gibt Kontakte zu Gemeinden und Landkreisen, es gibt Fachkräfte, die Kommunen dabei unterstützen, junge Menschen bei ihren Entscheidungen vor Ort einzubinden. Wir brauchen keine neue Institution, keine neuen Räume, keine neue Stelle, die bei Null anfängt. Es ist alles schon da, nur chronisch unterfinanziert, kaum beachtet, wenig unterstützt, nicht genutzt. Wurde denn zum Beispiel mal der KJR gefragt, was er in dem Bereich macht? Machen Sie ruhig mal, es lohnt sich. Und, das wird sicher den Finanzminister freuen: Synergien nutzen, spart Geld.

Ich habe den Eindruck, dass hier jemand eine Idee zur Beteiligung junger Menschen hatte, aber nicht so richtig weiß, wie sie umgesetzt werden kann. Ich habe dazu einen kleinen Tipp: In der vergangenen Legislatur hat meine Kollegin Monika Hohmann das Kinder- und Jugendteilhabegesetz eingebracht. Dort finden sich zahlreiche Anregungen zur Beteiligung junger Menschen, z.B. die Stärkung des Landesjugendhilfeausschusses, die Freistellung für Schülerinnen und Schüler die ein kommunales Mandat haben, die Schaffung eines Kinder- und Jugendrates und die Senkung des Wahlalters.

Apropos Wahlalter: Ich habe es im Koalitionsvertrag gar nicht gefunden. Wo ist es denn? Oder gibt es ein geheimes Zusatzprotokoll? Wenn ich mich recht entsinne, haben doch zwei der drei Koalitionsparteien vor der Wahl eine Senkung des Wahlalters gefordert. Jetzt nicht mehr?

Aber gut, ich kann Ihnen versichern: Wir können uns an Ihre früheren Vorschläge erinnern und werden die Forderung, die sich auch in unserem Wahlprogramm wiederfindet, zu passender Gelegenheit anbringen. Jetzt zum Beispiel: Die einfachste Art, junge Menschen zu beteiligen, ist ihnen die Möglichkeit zu geben, mitzubestimmen, wer sie in den Parlamenten vertritt, zu entscheiden, wem sie zutrauen, ihre Interessen zu vertreten, wen sie verstehen und wer sie versteht. Das kostet nicht viel Geld; braucht aber einen ehrlichen Willen, echtes Interesse und Durchhaltevermögen. Ich glaube, das alles wollen Sie gar nicht.

Und zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch zum Highlight des Antrages: Ein Preis für vorbildliche Kinder- und Jugendbeteiligung. Ich glaube zu wissen, welche der drei Koalitionsfraktionen diese Idee eingebracht hat. Das Land braucht keinen weiteren Preis. Nicht noch eine kurz gedachte Förderung, nicht noch mehr Konkurrenz, Konzeptgeschreibe, Bewerbungen, kurzfristige kleine Finanzspritzen. Jugendbeteiligung braucht Strukturen, braucht Menschen, braucht Verlässlichkeit. Vieles im Koalitionsvertrag wird sicher der Finanzknappheit des Landes zum Opfer fallen. Wenn dieser Wettbewerb wegfällt, bin ich nicht traurig.

Vielleicht können Sie sich in der Koalition so einigen, dass diejenigen, die Ahnung vom Thema Jugend haben, sich dazu einbringen, und der Rest dann halt was anderes macht. Das würde uns weiterbringen, viel Geld und Kraft sparen.