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Kristin Heiß zu TOP 07: Gesetzentwurf Haushaltsgesetz und Haushaltsbegleitgesetz

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Willkommen im Doppelhaushalt 2017 / 2018! Der Haushalt, in dem sich die Koalitionspartner Wünsche erfüllen aber keine Prioritäten setzen. In dem man überall ein bisschen macht, aber nirgends ausreichend. Ein Haushalt, der nur funktioniert, weil man alle Sparschweine schlachtet und trotzdem eine globale Minderausgabe braucht. Trotzdem findet der Finanzminister alles gut und wunderbar. Aber lassen sie uns die rosa-rote Kenia-Brille abnehmen und realistisch auf das vorgelegte Papier schauen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, was ist das Wichtigste im Leben? Es ist nicht das Geld über das wir hier heute sprechen. Es ist die Gesundheit. Gesundheit weiß man erst zu schätzen, wenn man selbst krank ist, wenn man medizinische Hilfe braucht, eine Therapie oder vielleicht eine Operation.

Das Netz der Krankenhäuser im Land hat sich seit 1989 sehr verändert. Es sind weniger Krankenhäuser geworden, Schwerpunkte haben sich verlagert und aus ehemals kommunalen sind private Krankenhäuser geworden.

Im Land gibt es unterschiedliche Arten von Krankenhausträgern: Die frei-gemeinnützigen, die privaten und die kommunalen Krankenhäuser.

Die kommunalen Krankenhäuser spielen in diesem Haushalt eine ganz besondere Rolle. Sie sollen zukünftig nämlich nicht mehr, wie die anderen Krankenhäuser, Geld aus dem Sozialministerium bekommen. Aus dem Einzelplan hat man sie einfach entfernt. Sie bekommen ab diesem Jahr Geld aus dem Einzelplan 13, also aus dem Topf der allgemeinen Finanzverwaltung. Ich ahne, dass dahinter keine fachlichen Gründe stehen, sondern politische.

Die Landesregierung hat den Kommunen mehr Geld für Investitionen versprochen. Statt mehr Geld zur Verfügung zu stellen, nehmen Sie es nur aus den Einzelplänen heraus. Die Krankenhäuser bekommen u.a. Geld vom Land für Baumaßnahmen oder Investitionen in moderne Geräte. Bis zum Jahr 2016 gab es für diese Förderung zwei verschiedene Kapitel im Einzelplan 05, eines für öffentliche Krankenhäuser und eines für freigemeinnützige und private Krankenhäuser. Diese Titel waren untereinander deckungsfähig. Wenn also aus einem Titel weniger benötigt wurde, konnte der andere davon profitieren. Diese so genannte Deckungsfähigkeit fällt nun weg. Sollten die öffentlichen Krankenhäuser also mehr Geld benötigen, haben sie ein Problem. Aus unserer Sicht hat diese neue Regelung daher eine klare Benachteiligung der öffentlichen Krankenhäuser zur Folge.

Anders als private Krankenhäuser können kommunale nicht einfach Geld als Ausgleich von ihrem Mutterkonzern erhalten. Dort kann nicht einfach von einem gewinnbringenden auf ein defizitäres Krankenhaus umgeschichtet werden. Jedes kommunale Krankenhaus steht für sich allein. Außerdem sind die kommunalen Krankenhäuser immer auf den Willen der Kommune angewiesen. Dort bestimmt der Stadtrat, wie es mit dem Krankenhaus weiter geht.

Was kann also passieren? Die kommunalen Krankenhäuser könnten in einen Modernisierungsrückstand rutschen, sie könnten nicht mehr alle Behandlungen durchführen und defizitär werden. Vielleicht muss das ein- oder andere Krankenhaus geschlossen werden oder es wird von einem privaten Träger übernommen.

Die Frage ist, ob die Landesregierung das bei Ihrer Verschiebung in den Einzelplänen bedacht hat und wenn ja, mit welcher Intention. Dazu muss man wissen, dass im Land weiter Betten abgebaut, Konzentrationen und Spezialisierungen vorgenommen werden sollen. Für diesen Prozess gibt es sogar ein neu aufgelegtes Förderprogramm der Bundesregierung. Kommt es da vielleicht gelegen, wenn das ein oder andere Krankenhaus vielleicht von ganz allein kleiner wird, weil man ihm keine andere Wahl lässt?

Dagegen verwehren wir uns. Wir wollen, dass die Förderung der öffentlichen Krankenhäuser wieder zurück in den Einzelplan des Sozialministeriums wandert und dass eine Deckungsfähigkeit gegeben ist. Wir fordern, dass die Krankenhäuser mehr finanzielle Mittel erhalten. Die kommunalen Krankenhäuser sind das Rückgrat der Krankenhausversorgung im Land. Sie übernehmen dort Leistungen, wo sich private Krankenhausträger schon längst aus Kostengründen zurück gezogen haben, z. B. in der Geburtshilfe. Sie sind wichtige und elementare Grundversorger im ländlichen Raum.

Verehrte Landesregierung, sie spielen hier mit einer der wichtigsten Säulen der Daseinvorsorge. Krankenhäuser sind aber kein Spielball!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Probleme haben wir im Land aber nicht nur bei den kommunalen Krankenhäusern, sondern auch bei den beiden landeseigenen Universitätskliniken.

Im Oktober 2016 haben zahlreiche Studentinnen und Studenten vor dem Landtag für eine bessere Finanzausstattung der Unikliniken protestiert. Alle Fraktionen haben sich von diesem Pult aus stark gemacht für eine bessere Finanzausstattung der Unikliniken und haben sich zu deren Rolle als Maximalversorger bekannt. In den Haushaltsberatungen hat DIE LINKE sich von Beginn an für die angemessene Finanzierung der Unikliniken eingesetzt. Wie auch in den vergangenen Jahren.

Denn dieses Thema ist nicht neu. Auch der Landesrechungshof hat sich mit dem Finanzierungsproblem der Universitätskliniken befasst. Das war bereits im Jahr 2013. Laut Rechnungshofbericht bestanden schon vor vier Jahren für beide Universitätskliniken bestandsgefährdende Risiken. Dazu gehören die Investitionsfinanzierung, die Tarifentwicklung und die sinkende Liquidität. Diese Probleme können die Universitätskliniken nicht aus eigener Kraft bewältigen. Die zu geringen Investitionszuschüsse haben in den vergangenen Jahren zu einem Investitionsstau geführt, dem dringend entgegen gewirkt werden muss.

Wir halten es für unbedingt erforderlich, dass das Land eine kontinuierliche Finanzierung auf hohem Niveau sicher stellt. Die Universitätskliniken leisten nicht nur ambulante und stationäre Versorgung, sondern sie behandeln auch Not- und Spezialfälle.

Um eine dauerhafte Betriebsfähigkeit der beiden Universitätskliniken sicherzustellen und entsprechende Investitionen tätigen zu können, sind grundsätzlich 3 Prozent des Gesamtumsatzes der Universitätskliniken notwendig. Das sind 7,2 Millionen je Universitätsklinikum pro Jahr.

In der Bereinigungssitzung haben die Koalitionsfraktionen einen Antrag vorgelegt, der höhere Investitionszuschüsse ermöglichen soll. Insgesamt steigt dadurch die Förderung auf 4,2 Millionen Euro jährlich pro Klinik.

Die Erhöhung wäre durchaus löblich, würden sie nicht linke Tasche - rechte Tasche mit den Universitäten und den Studierenden spielen. Denn, so die neue Regelung aus dem Last Minute Antrag der Koalition im Finanzausschuss: Wenn das Geld für Investitionen nicht reicht, greifen Sie noch einmal in die BAföG-Mittel.

Dabei wissen Sie doch heute schon, dass die Investitionsmittel nicht reichen. Sie wissen heute schon, dass sie den Universitäten in die Tasche greifen werden. Den Universitäten haben Sie Geld versprochen für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, für Maßnahmen zur Inklusion und Internationalisierung. Diese Mittel nutzen Sie nun, um den Krankenhausbetrieb aufrecht zu erhalten.

Diesen Etikettenschwindel wollen wir verhindern und auch dazu liegt Ihnen unser Änderungsantrag vor. Er sichert die BAföG-Mittel für den versprochenen Zweck, er sichert die Investitionen an den Unikliniken.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch ein weiteres grundsätzliches Thema, das uns umtreibt. Das Land braucht Lehrer – aber schon das Wieviel erinnert mehr an Matheschwäche als an Problemlösung.

Im Bildungsministerium gibt es verschiedene Gebote: Die einen wollen 250, der andere bietet 150 und zum Schluss einigt man sich auf 80. Dass wir eigentlich sogar mehr als 350 Lehrerinnen und Lehrer pro Jahr benötigen, um eine Unterrichtsversorgung von 103 Prozent zu gewährleisten, spielte auf im Lehrerpoker offensichtlich keine Rolle.

Natürlich könnte man jetzt sagen, dass die Landesregierung die Probleme mit der Unterrichtsversorgung nur geerbt hat, aber wenn ich mir die Koalitionspartner so anschaue, würde ich sagen, der ein oder andere Erbe kommt mir doch seltsam bekannt vor.

Die Landesregierung konnte auf eine Anfrage meiner Fraktion im Bildungsausschuss ziemlich genau sagen, wie viele zusätzliche Vollzeitäquivalente nötig wären um ca. 103 Prozent Unterrichtsversorgung zu erreichen. Nämlich 372 mehr im Jahr 2017 und 257 mehr im Jahr 2018. Wohl gemerkt, das sind nicht unsere Zahlen, sondern die der Landesregierung!

Die Landesregierung nahm also schon mit den Haushaltszielzahlen ein erhebliches Defizit in der Schulbildung in Kauf.

Aber es tauchte während der Haushaltsverhandlungen ein Hoffnungsschimmer auf. Die Kolleginnen und Kollegen der SPD sahen offenbar nach einem Fachgespräch ein, dass der Koalitionsansatz nicht reicht, und forderten 250 zusätzliche Lehrkräfte in 2017. Wir halten das zwar nach wie vor für zu wenig, erkennen aber einen Schritt in die richtige Richtung, den wir unterstützen. Diesen können wir mit unseren „Deckungsvorschlägen“ auch gegenfinanzieren.

Mit ihren Finanzierungsvorschlägen konnte sich die SPD-Fraktion offenbar in der Koalition nicht durchsetzen. Wir haben bessere. Wenn Sie ihr inhaltlich begründetes Ziel ernst nehmen, stimmen Sie unserem Antrag zu! 80 Lehrer mehr im Jahr 2017 bringen uns nicht weit.

Das Problem der mangelnden Unterrichtsversorgung ist damit nicht gelöst. Auch in diesem und in den kommenden Schuljahren wird unnötig viel Unterricht ausfallen, werden Schülerinnen und Schüler im Lehrstoff hinterher hängen, wird es Schulen geben, in denen einige Fächer vielleicht gar nicht angeboten werden können. All den Eltern, deren Kinder aktuell zur Schule gehen, kann ich nur sagen: Gehen Sie zum Abgeordneten vor Ort, beschweren sie sich, machen Sie Druck. Auch ihr Kind hat eine gute Bildung verdient, aber diese Landesregierung setzt sie aufs Spiel. Lassen Sie sich das nicht gefallen!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wo auf der einen Seite des Haushaltes Geld fehlt, weiß man auf der anderen Seite nicht, wie man das Geld am besten unter die Leute bringt. Dazu möchte ich Ihnen ein kleines Beispiel aus dem Arbeitsmarktbereich bringen. Das Oberthema heißt „soziale Innovation“.

Wir sind ganz bei Ihnen, dass uns technische Innovationen allein nicht weit bringen. Allein mit dem E-Auto oder dem WLAN-fähigen Treppenlift werden wir unsere gesellschaftlichen Herausforderungen nicht meistern. Wir brauchen dringend mehr soziale Innovationen, andere Formen des Zusammenlebens, andere Formen des Konsums und nachhaltige Lebensweisen. Diese sozialen Innovationen werden zu wenig beachtet und auch von gesellschaftlicher, sprich staatlicher Seite zu wenig gefördert.

Ich halte der Landesregierung zu Gute, dass auch sie das mittlerweile erkannt hat und soziale Innovationen fördern will. Aber: Warum in aller Welt brauchen wir dafür 24 neue Stellen bei der Investitionsbank?! Warum in aller Welt vergeben Sie den Zuschlag dafür zwischen Weihnachten und Neujahr 2016?! Und warum erzählen Sie dem Finanzausschuss erst in den Haushaltsberatungen 2017 davon?

In den Haushaltsberatungen haben Sie uns erzählt, das Ganze wäre ein Experiment, mit welchem Sachsen-Anhalt eine Vorreiterrolle bei sozialen Innovationen einnehmen wird. Nur fünf Minuten Recherche und Sie hätten gesehen, wie viele Kompetenzzentren, Forschungsinstitute und Vereine für Sozialinnovation es bereits gibt, die seit langen Jahren gute Arbeit machen und ihre Erkenntnisse sicher auch der Landesregierung frei und unentgeltlich zur Verfügung stellen. Unser Kompetenzzentrum kostet übrigens 5 Millionen Euro.

Kann es sein, dass die Landesregierung gar kein Informations- oder Erkenntnisproblem hat, welches Sie mit zwei Dutzend neuen Stellen für teure Investitionsbanker lösen müsste? Sie hat viel eher das Problem, dass die ESF-Mittel schlecht abfließen, nämlich nur 60 Prozent im vergangenen Jahr. Offensichtlich wollen Sie den Abfluss der Gelder mit diesem Kompetenzzentrum beschleunigen. Von den insgesamt 5 Millionen, die das Zentrum kostet, kommen vier Millionen von der EU.

Was wir hier sehen, ist lediglich ein teures Experiment, bei dem Sachsen-Anhalt eine Vorreiterrolle beim „Geld zum Fenster hinauswerfen“ einnehmen wird. Das wollen wir verhindern und darum liegt Ihnen unser Änderungsantrag zu diesem Haushaltstitel im Einzelplan des Sozialministeriums vor.

Aber wir wollen ja nicht nur meckern, sondern auch konstruktive Vorschläge machen. Daher hier eine Idee, wie Sie die ESF-Mittel, die sie nicht loswerden, besser einsetzen können: Im Wirtschaftsministerium haben Sie Ihre Innovationsassistenten bisher aus ESF-Mitteln gefördert. Nun stellen Sie aber fast zwei Millionen Euro Landesmittel in diesen Haushaltstitel ein. Die Begründung lautet, die ESF-Mittel reichten nicht aus und es ließe sich nichts mehr aus anderen Häusern umstrukturieren. Nun: Die ESF Mittel fließen in allen Bereichen schlecht ab. Mit diesem Haushalt beschließen wir die Rückzahlung von über 100 Millionen Euro EU-Mittel, die in der letzten Förderperiode nicht abgeflossen sind. Um das in der neuen Förderperiode zu verhindern, wollen Sie das Geld nun für teure Experimente zum Fenster hinauswerfen. Für die bereits bewährte Innovationsassistenten-Förderung ist aber kein Geld mehr da. Wem wollen Sie das bitte erzählen?!

Das ist eine Konzeptlosigkeit im Umgang mit den EU-Förderprogrammen, die nicht nur EU-Gelder in Millionenhöhe kostet. Sie kostet gleichzeitig noch Millionen an Landesmitteln, die wir an anderen Stellen viel dringender benötigen. Das überzeugt uns alles nicht - daher haben wir auch dazu einen Änderungsantrag vorgelegt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns vom Wirtschaftministerium aus nun einen Blick Richtung Elbe werfen. Dort findet sich das wohl größte Sparschwein dieses Landeshaushaltes, das Ministerium des Verkehrsministers. Hier ist es so weit gekommen, dass man sogar Joey Kelly einladen muss, um das Sparschwein etwas schlanker zu machen. Aber dazu komme ich gleich noch.

Schon seit Jahren haben Sie Probleme, die Regionalisierungsmittel auszugeben - eine Bugwelle von 64 Millionen Euro an Ausgaberesten haben Sie bereits aus den vorherigen Haushaltsjahren mitgebracht. Mittlerweile haben Sie einen dreistelligen Millionenbetrag auf der hohen Kante zu liegen. Sie verdienen sogar Zinsen mit dem Geld, welches sie nicht für den eigentlichen Zweck dieser Mittel einsetzen. Der Zweck ist, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land einen attraktiven Schienenpersonenverkehr zur Verfügung haben. Hier haben Sie viel Luft nach oben, um ihre Bemühungen zu verstärken.

Und zu Joey Kelly, Herr Minister Webel, muss ich einfach etwas sagen. Das Thema ist zu schön. Schön übrigens auch, dass Sie heute hier im Plenum sind. Sie sind der einzige Minister, der sich in den Haushaltsberatungen nicht ein einziges Mal im Finanzausschuss blicken ließ. Aber wir sehen uns ja bald - schließlich wollen Sie vom Finanzausschuss eine Freigabe für Ihre Luxuskonferenz. Die so genannte Hafenhinterlandkonferenz war eines der Highlights dieser Haushaltsberatungen. Im Jahr 2015 hatten Sie Joey Kelly als Key Note Speaker mit dem Vortrag "No Limits" gebucht. Über 6000 Euro hat es gekostet, dass Joey Kelly die Hemmungen der Konferenzteilnehmer löst und sie für Innovationen in der Logistikbranche motiviert.

Das Schreiben Ihres Hauses zu diesem Vorgang hat den Ausschuss sehr amüsiert. Bitte richten Sie dem Autor die freundlichen Grüße des Parlaments aus. Und richten Sie ihm bitte unser Mitgefühl aus, dass er oder sie sich so abenteuerliche Sätze aus den Fingern saugen musste, um ein Projekt der Hausleitung zu erklären, das eigentlich nicht zu erklären ist. Die Konferenzen der vergangenen Jahre hatten riesige Abendprogramme mit Live-Musik, exklusiven Rednern und womöglich vorzüglichem Buffet. Im Jahr 2018 soll die Hafenhinterlandkonferenz noch einmal mehr kosten als in den Vorjahren. Ganze 160.000 Euro an Steuergeldern wollen Sie dafür haben. So wichtig die besprochenen Inhalte auch sein mögen - das geht auch zwei Nummern kleiner.

Ich sage Ihnen, mal als kleinen Denkanstoß, was zum Beispiel das Sozialministerium für Konferenzen ausgibt: 18.000 Euro für eine Landesgesundheitskonferenz sowie 18.000 Euro für eine Landesarbeitsschutzkonferenz. Beide Themen sind mindestens genauso wichtig wie die Hafenhinterlandverkehre . Mit unserem Änderungsantrag lassen wir Ihnen sogar 20.000 Euro für das Hafenhinterland. Nutzen Sie diese sinnvoll! Für die Steigerung von Innovationskraft und Bedeutung des Logistikstandortes Sachsen-Anhalt braucht es fachlichen Austausch und gute Verkehrspolitik - nicht Joey Kelly.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Soviel zu den Highlights aus den Häusern. Nun zur generellen Kritik. Nach bisheriger Erfahrung ist es durchaus möglich im Haushalt eine globale Minderausgabe zu veranschlagen, man kann solche Risiken in Höhe von etwa 1 Prozent durchaus veranschlagen, ohne einen größeren Druck auf die Haushaltsausführung zu realisieren. Wir liegen jetzt mit rund 220 Millionen Euro globale Minderausgabe pro Jahr aber bei 2 Prozent.

Wenn dieser Haushalt heute beschlossen wird, sind ein Großteil der Ansätze also von vornherein Makulatur. Vorhaben im Wert von 440 Millionen Euro sind in diesem Haushalt nicht finanziert. Sie müssen also in den kommenden Monaten weiter in der Koalition verhandeln, wo der Rotstift angesetzt wird. Das werden wohl die längsten Haushaltsverhandlungen in der Geschichte des Landes.

Oder Sie wissen heute schon, dass Sie wieder hunderte Millionen Überschüsse am Jahresende einfahren werden, weil Investitionen nicht wie geplant durchgeführt werden. Dann müssten Sie das heute auch genauso sagen. So viel Ehrlichkeit gehört dazu. Das wäre Haushaltsklarheit und -wahrheit. Stattdessen strahlen sich die Koalitionspartner an und tun so, als hätten sie einen stabilen, vernünftigen und ausgeglichenen Haushalt zustande gebracht. Ich staune über so viel Selbstzufriedenheit.

Die allgemeinen Rücklagen und die Steuerschwankungsreserve sind am Ende dieses Doppelhaushaltes aufgebraucht: Sie rechnen sich die Welt mit optimistischen Steuerprognosen schön und erfüllen mit dem Restgeld aus dem Jahr 2016 noch einige Wünsche der Koalitionspartner. Aber wehe, es passiert irgendetwas Unvorhersehbares. Was könnte das zum Beispiel sein? Wie wäre es mit dem gerade ganz frischen Ergebnis der Tarifverhandlungen? Eine wahre Wundertüte! Ich habe gehört, was der Finanzminister dazu gesagt hat: Wir waren vorausschauend und haben vorgesorgt, wir wussten ja, dass Tarifsteigerungen kommen werden.

Nun finden sich in der Wundertüte aber nicht nur Tarifsteigerungen. Nein, da kommt noch eine Zahl aus der Tüte gekullert. Es ist eine sechs! Ich erkläre Ihnen gern, warum es Herrn Schröder bei dieser Zahl eiskalt den Rücken hinunter läuft. Am 17. Februar einigten sich die Tarifparteien auf einen Kompromiss. Heraus gekommen ist eine Steigerung von insgesamt 4,35 Prozent für die Jahre 2017 und 2018. Zusätzlich wurde vereinbart, dass es ab 2018 eine neue Stufe 6 für die Entgeltgruppen 9 bis 15 geben wird. Wer nun automatisch von der Stufe 5 in die Stufe 6 wechselt - das betrifft vorrangig Lehrer und Verwaltungsmitarbeiter – hat dadurch ein Plus von zusätzlich 3 Prozent im Portemonnaie. Finanzminister Schröder sagte, es sei Vorsorge im Haushalt getroffen worden. Leider reicht Ihre Vorsorge nun aber nicht. In diesem Jahr fehlen 12 Millionen Euro und im kommenden Jahr sogar 42 Millionen Euro.

Um die Kosten im Blick zu haben, soll ein Personalausgaben-Monitoring eingeführt werden. Sollten im Jahr 2018 die Personalausgaben nicht zu bewältigen sein, wollen Sie per Erlass frei werdende Stellen nicht wiederbesetzen und Beförderungen erst später durchführen. Na, das hört sich richtig klasse an! Ich wette, die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst werden heute Abend gemeinsam auf den Haushaltsplan der Koalition anstoßen. Wohl bekomms!

Dieser Haushalt, verehrte Kolleginnen und Kollegen ist eine Mogelpackung.

Bei den Haushaltsverhandlungen konnte man hin und wieder den Eindruck gewinnen, als würde die Landesregierung die Sache nicht ganz ernst nehmen. Nicht bei allen, es gab durchaus lobenswerte Ausnahmen, aber die schlechten Vorbereitungen, die genervten Äußerungen oder Unsauberkeiten in der Haushaltstechnik sind uns wohl aufgefallen. Wir mussten mehrere Ministerien daran erinnern, was Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit bedeutet.

Dieses Land verdient ein Kabinett, das bei Haushaltsberatungen verantwortungsvoll und vorbereitet agiert. Die Menschen verdienen nicht nur bunte Versprechungen sondern auch eine sorgfältige Haushaltsaufstellung, bei der wir wirklich sehen, dass die Gelder dort stehen, wo sie stehen müssen und dass die angegebenen Zahlen auch stimmen.

Was haben wir alles für Ausreden gehört: „Oh, das war ein Buchungsfehler“ oder „Na ja, irgendwo mussten wir ja streichen.“ „Wie das zustande kommt, können wir jetzt auch nicht sagen“ oder „Damit müssten wir uns nach den Haushaltsverhandlungen mal beschäftigen.“ Man, man, man, jedem Buchhalter in einem Wirtschaftunternehmen wären die Ohren lang gezogen worden.

An dieser Stelle möchte ich noch herzlich dem Landesrechnungshof danken, der uns Abgeordneten jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stand. Er hat viele Ungereimtheiten und Oberflächlichkeiten aufgezeigt und so uns und vor allen den Ministerien geholfen, etwas mehr Transparenz und Verständlichkeit in die Haushaltspläne zu bringen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Regieren heißt, Verantwortung zu übernehmen und übernehmen zu dürfen. Das gönne ich Ihnen. Regieren heißt aber auch, unangenehme Entscheidungen treffen zu müssen und zu diesen auch zu stehen. Zu den unangenehmen Entscheidungen gehört sicher auch die sehr späte Einbringung und Verabschiedung des Haushaltes. Besonders hart trifft diese Verspätung Verbände und Vereine in diesem Land, die im ersten Halbjahr keine Projekte durchführen können. Aber es ist nicht nur der Sozialbereich, der durch den späten Haushalt zu leiden hat, es geht quer durch alle Ressorts und Fachbereiche. Bis die Ressorts die Mittel ausgeben können, ist es Mitte, Ende Mai, dann kommt schon bald die Sommerpause und dann haben sie mehr als ein halbes Jahr Zeit verloren. Ich bin sehr gespannt auf die Abflusslisten am Ende des Jahres.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich fürchte, ein weiteres, etwas größeres Thema wird uns in diesem und wahrscheinlich auch in vielen kommenden Jahren im Finanzausschuss beschäftigen: Das Reformationsjubiläum. Meine Kollegen Knöchel und Gallert hatten es zu anderen Gelegenheiten schon angesprochen: 80 Prozent der Einwohner dieses Landes sind konfessionell nicht gebunden. Ich habe den Eindruck, das ganze Bohei um das Reformationsjubiläum tangiert mindestens einem Teil der Menschen in diesem Land überhaupt nicht.

Es ist bisher nicht gelungen, die Menschen mitzunehmen, sie zu interessieren oder zu begeistern. Mitunter höre ich eher das Gegenteil. Und wenn wir uns dann mal in Ruhe anschauen, was das Land für dieses Jubiläum ausgibt, kommt noch weniger Freude auf. Es werden deutlich über 100 Millionen Euro sein.

Der mit Abstand größte Teil dieses Geldes fließt in Beton. Wer von Ihnen in den vergangenen Wochen mal in Wittenberg war, kann sich davon überzeugen, wie fleißig an allen Ecken gebohrt, gehämmert und betoniert wird. Das ist schön für Wittenberg und auch schön für die anderen Städte im Land, in denen Luther mal vorbei geschaut hat. Aber das Reformationsjubiläum ist kein Sanierungs- oder Modernisierungsprogramm unter dem Motto „Schöner unsere Kirchen und Gemäuer“, sondern ein wichtiges historisches und gesellschaftliches Ereignis. Wir werden im kommenden Jahr Bilanz ziehen und einschätzen, welchen gesellschaftlichen Mehrwert das öffentliche Engagement der Reformationsdekade den Menschen hier in Sachsen-Anhalt brachte.

Und ich meine mit Mehrwert nicht gestiegene Übernachtungszahlen und die freundliche Erinnerung an königliche Empfänge, sondern eine Auseinandersetzung damit, was uns das Wirken Luthers, die Übersetzung der Bibel, auch gern in Kopplung mit dem Buchdruck gebracht haben. Dieses letzte und entscheidende Jahr der Reformationsdekade sollte ein Jahr der intensiven Debatte über die Grundwerte unserer Gesellschaft sein. Ansonsten haben wir die Hoffnung, die sich mit diesem Jubiläum verbindet, enttäuscht.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einige Worte zum Umgang mit der kommunalen Familie verlieren. Dieser war in den Verhandlungen mehr als fragwürdig. Mit der Veränderung des FAG in den Haushaltsberatungen hat man zwar eine kosmetische Operation vorgenommen, diese bringt den Kommunen aber letztlich nichts. Denn die Häuser bleiben trotzdem zuständig, sei es im Gesundheitsbereich, bei den Feuerwehren oder beim Sport. Der Sport übrigens, befindet sich nun an sieben verschiedenen Stellen im Haushalt. Das hat mit Transparenz nichts mehr zu tun.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie sie unseren Änderungsanträgen entnehmen können, möchten wir neben den bereits erwähnten Änderungen auch eine Erhöhung des Blindengeldes. Die Koalition sicherte im Sozialausschuss einen eigenen Vorschlag zu, mit der Begründung, dass man sich noch über Höhe und Ausgestaltung einigen müsse. Dieser Vorschlag kam dann aber nicht. Haben Sie die Blinden in der Haushaltsaufstellung etwa übersehen?

Wir beantragen außerdem Änderungen beim Landesprogramm sozialer Arbeitsmarkt, im Bereich der Lehrerausbildung, im Schulbereich allgemein und im Ressortbau.

Woher, werden Sie sich jetzt sicher fragen, soll den das Geld für diese Forderungen kommen? Zum einen besteht ein Einsparpotential im Haushalt. Einige Stellen dazu haben wir Ihnen bereits präsentiert. Zusätzlich wollen wir die Zuführungen zum Pensionsfonds verändern. Wir vertreten die These, dass eine auf Kapitelmarktanlagen konzentrierte Vorsorge weder krisenfest noch nachhaltig ist. Wir halten es für unsinnig, Geld anzulegen, das kaum Rendite bringt und gleichzeitig zur Aufstockung des Fonds wertvolle landeseigene Flächen zu verkaufen. Darüber hinaus sind wir skeptisch, was die Sicherheit des Fonds betrifft. In der Finanzkrise haben zahlreiche europäische Pensionsfonds bis zu 50 Prozent ihres Wertes verloren. Wir wissen nicht, wie die Welt in 40 Jahren aussieht, wenn der Pensionsfonds ausgezahlt wird.

Eines wissen wir jedoch heute schon: Die globalen Unsicherheiten nehmen zu. Donald Trump holt jene Wirschafts- und Banken-Spitzbuben zurück in die Regierung, die schon den Boden für die 2008er Finanzmarktkrise bereitet haben. Und mit unserem Pensionsfonds stecken wir dort überall mit drin: Weltweit, schmutzig, klimaschädlich. Auch mit den Menschenrechten nehmen wir es bei unseren Anlagen bisher nicht so genau. Hauptsache die Rendite stimmt. Auch das kann nicht unser Anspruch sein. Auch da müssen wir besser werden.

Unsere zweite These lautet: Die Pensionslasten sind kontrollierbar. Die realen Pensionslasten liegen schon heute sehr viel höher. Sie werden nur klein gerechnet. Neben den Pensionen für ehemalige Landesbeamte zahlen wir in beiden Haushaltsjahren rund 900 Millionen Euro an DDR-Versorgungsempfänger – das sind Lehrer, Polizisten, Feuerwehrleute, die damals eine zusätzliche Rente erhielten.

Der Umfang dieser Zahlungen sinkt aus demographischen Gründen um das Jahr 2040 bis auf Null. Das sind 450 Millionen Euro, die heute jährlich unseren Haushalt belasten – die uns jedoch in 20 Jahren zur Verfügung stehen, um die steigenden Pensionslasten zu begleichen. In der Betrachtung des Pensionsfonds und der Personalkosten tauchen diese Zahlungen jedoch gar nicht auf.

Wir halten das Landesgeld für gewinnbringender angelegt, wenn wir es heute für Zukunftsinvestitionen und Bildung ausgeben, statt es Finanzhaien in den Rachen zu werfen. Deshalb wollen wir die Zuführung nur im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel leisten. Zudem wollen wir die Vorsorgestrategie des Landes insgesamt evaluieren und neu ausrichten. Wir wollen eine ehrliche Gesamtbetrachtung mit den Erträgen aus landeseigenen Flächen, fiskalischer Rendite von Investitionen in öffentliche Infrastruktur, DDR-Versorgungsleistungen und beamtenrechtlichen Aspekten.

Lassen Sie es mich zum Schluss meiner Rede noch kurz zusammenfassen:

  • Die Landesregierung hat das Haushaltsvolumen auf deutlich über 11 Milliarden Euro aufgebläht.
  • Die Steuerschwankungsreserve, die eigentlich für magere Jahre vorgesehen ist, kürzen Sie um über 300 Millionen Euro.
  • Die Rücklagen werden ebenfalls um 300 Millionen auf null gefahren.
  • Trotzdem wird der Ausgleich nur mit der höchsten so genannten Globalen Minderausgabe möglich, die es in Sachsen-Anhalt je gab.

Ein Haushalt der Superlative – nur leider in Punkto Unsicherheit.

Aber es gibt auch gute Nachrichten: Durch die Intervention und das Engagement der Fraktion DIE LINKE hat die Gedenkstätte Isenschnibbe nun doch eine Unterstützung für die Neugestaltung des Dokumentations- und Besucherzentrums erhalten, wird Kinderbetreuung in Frauenhäusern nach vier langen Legislaturperioden nun endlich wieder durch das Land finanziert, wird es nun eine Finanzierung von Schulfahrten geben, wurden mehr Mittel bei der Landeszentrale für politische Bildung eingestellt. Gut, dass wir das geschafft haben.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, hinter dem Finanzausschuss liegen 12 intensive Sitzungen der Haushaltsberatungen, insgesamt über 93 Arbeitsstunden, deren Muße man nicht unterschätzen sollte. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön, an die Kolleginnen und Kollegen im Finanzausschuss und vor allem an den Ausschussvorsitzenden! Dennoch kann das aus Sicht der LINKEN Erreichte die Kritik nicht aufheben: Meine Fraktion lehnt diesen Haushalt ab.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.