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Kerstin Eisenreich zu TOP 9: Änderung des Kommunalabgabegesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes

Anrede,

Bundesweit werden die Diskussionen um die Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen mit Vehemenz geführt. Dabei ist in vielen Bundesländern Bewegung in diese Diskussionen gekommen. So hat Bayern Mitte dieses Jahres die Straßenausbaubeiträge abgeschafft und gehört nun neben Baden-Württemberg, Berlin und Hamburg zu den Bundesländern, in denen die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr finanziell zum Straßenausbau herangezogen werden. Andere Bundesländer haben die Kommunen aus der Pflichterhebung entlassen und ihnen die Beitragserhebung freigestellt, so in Hessen und Schleswig-Holstein, die sich damit zu Niedersachsen, Rheinland-Pfalz dem Saarland und Sachsen gesellen, wo die Kann-Regelungen schon länger existieren.

Allerdings gibt es noch immer 6 Bundesländer, in denen die Kommunen verpflichtet sind, Bürgerinnen und Bürger beim Straßenausbau zur Kasse zu bitten, darunter Sachsen-Anhalt.

Doch auch hier im Land werden seit Längerem die Diskussionen um die Beitragserhebung geführt. So haben sich Freie Wähler in Sachsen-Anhalt Anfang des Jahres den Initiativen in anderen Bundesländern zur Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen mit einer Petitions- und Postkartenkampagne angeschlossen. Kommunale Vertretungen plädieren für eine Abschaffung oder haben sogar entschieden, keine Straßenausbaubeiträge mehr einzuziehen. Und machen wir uns nichts vor: Die Diskussion und vor allem auch der Unmut in der Bevölkerung sind seit Langem groß. Denn mitunter flattern Beitragsbescheide im höheren vierstelligen oder gar fünfstelligen Bereich ins Haus und bringen Hausbesitzerinnen und -besitzer in finanzielle Nöte bis an den Rand der Existenz.

DIE LINKE. kritisiert in diesem Zusammenhang außerdem seit Langem die Definition des „Vorteils“ für die Beitragspflichtigen. Aus unserer Sicht wurde und wird die Verbesserung der Straßenqualität einseitig als Aufwertung des anliegenden Grundstücks betrachtet. Dies berücksichtigt jedoch nicht, dass damit auch Nachteile verbunden sind, weil etwa durch die Verbesserung der Straßenqualität der Verkehr und damit Lärm- und Schadstoffbelastung für die Anlieger zunehmen.

Bessere Straßen, Rad- und Fußwege dienen der Allgemeinheit, weshalb es als ungerecht empfunden wird, dass nur wenige dafür zahlen sollen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass weder die Einführung von wiederkehrenden Beiträgen noch die Ergänzung von Billigkeitsmaßnahmen im Kommunalabgabengesetz die erhofften Effekte hatten. Denn auch diese Änderungen konnten die Akzeptanz der Beiträge bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht steigern und auch das durch Beiträge finanzierte System wurde nicht stabilisiert. Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen hat zudem das Problem eines hohen, nicht mehr zu vertreten Verwaltungsaufwand. 30 – 50 Prozent der Beitragseinnahmen gehen den Gemeinden durch Verwaltungskosten wieder verloren. Das wiederum setzt die Gemeinden in Sachsen-Anhalt zunehmend unter Druck. Nicht zuletzt sorgen fehlende Investitionen für große Löcher im gemeindlichen Straßennetz und für wachsenden Unmut vor Ort.

Wie sich zeigt, gibt es derzeit bundesweit eine große Dynamik zur Diskussion um die Straßenausbaubeiträge, insbesondere in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, NRW und Thüringen. Neue Meldungen gibt es fast im Wochenrhythmus.

Die Diskussion um die Straßenausbaubeiträge ist längst auch im Landtag von Sachsen-Anhalt angekommen. Mehrere Fraktionen haben inzwischen ihren politischen Willen zur Abschaffung geäußert. Aber leider hat es die Landesregierung auch auf unseren im Mai dieses Jahres gestellten Prüfauftrag „Gemeindlichen Straßenbau besser unterstützten – Bürger entlasten“, Drucksache 7/2863, bisher nicht geschafft, dem Landtag etwas vorzulegen, mehr noch: Sie schweigt und zeigt keinerlei Reaktion. Um in der Sache endlich weiterzukommen, unterbreitet deshalb die Fraktion DIE LINKE. mit dem vorliegenden Gesetzentwurf konkrete Vorschläge, um die Straßenausbaubeiträge zum 1.1.2019 abzuschaffen und Bürgerinnen und Bürger zu entlasten.

Zugleich sehen wir uns in der Verantwortung die den Gemeinden entgehenden Einnahmen zu kompensieren. Dies soll einerseits über Erstattungen aus dem Ausgleichsstock und andererseits über höhere Zuweisungen über das Finanzausgleichsgesetz geschehen.

Durch die Änderungen der Paragraphen 6, 6a sowie 6d und 13 a sollen die Rechtsgrundlagen zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen zum 1. Januar 2019 entfallen. In Paragraph 6 Absatz 1 Satz 3 neu wollen wir klarstellen, dass ab dem genannten Zeitpunkt keine solchen Beiträge mehr erhoben werden.

Dabei bleiben die nach Bundesrecht - § 127 Baugesetzbuch - geltenden Regelungen für Erschließungsbeiträge von den Gesetzesänderungen unberührt.

Eine Stichtagsregelung, wie im Gesetzentwurf vorgeschlagen, erfordert jedoch zusätzliche Klarstellungen und Regelungen, um Rechtssicherheit für Betroffene und umsetzende Kommunen zu schaffen. Daher sollen im § 18 die Absätze 3 bis 5 ergänzt werden. Wir haben hier über die Landesgrenzen hinaus geschaut und stützen uns sowohl im Regelungsgehalt als auch in der Begründung auf wesentliche Teile des als Drucksache 17/21586 des Bayrischen Landtages eingebrachten Gesetzentwurfs zur Änderung des bayrischen Kommunalabgabengesetzes, beschlossen als Drucksache 17/22760 am 14. Juni 2018. Mit Blick auf die Ergebnisse der ausschussübergreifenden Anhörung zu unserem Antrag „Gemeindlichen Straßenbau besser unterstützten – Bürger entlasten“, die am 8. November 2018 durchgeführt wurde, fühlen wir uns auf diesem Weg bestätigt.

Für eine rechtliche Abgrenzung gilt, dass für alle Straßenausbaubeitragsmaßnahmen sowie die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen, die bis zum 31.12.2018 mit Bescheid festgesetzt und dem Beitragspflichtigen ordnungsgemäß bekannt gemacht wurden, das Kommunalabgabengesetz in der bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung sowie zu diesem Zeitpunkt vorhandene Beitragssatzungen weiter gelten. Diese Beiträge sind zu erheben.

Bescheide, die jedoch erst ab dem 1. Januar 2019 festgesetzt und damit bekannt gegeben wurden, sind rechtswidrig und damit – ebenfalls durch Bescheid - aufzuheben. Wurden im Zusammenhang mit solchen Bescheiden Beiträge vereinnahmt, sind diese zu erstatten. Die Rückerstattung von diesen Beiträgen erfolgt frühestens a dem 1. Mai 2019. Diese Regelung soll sicherstellen, dass den Gemeinden ausreichend Haushaltsmittel zur Verfügung stehen und Anträge zeitnah entschieden werden können. Zugleich beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die Gemeinde den Bescheid aufhebt, die Verjährungsfrist für die Rückforderung der gezahlten Beiträge durch die Bürgerinnen und Bürger. Diese Beträgt nach § 13 Absatz 1 Kommunalabgabengesetz Sachsen-Anhalt in Verbindung mit den §§ 228 und 229 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung fünf Jahre.

Für den Fall von Vorausleistungen gelten diese Regelungen ebenfalls. Da Vorausleistungen ein Vorfinanzierungsinstrument hinsichtlich des endgültigen Bescheides darstellen, werden in § 18 Absatz 4 spezielle Regelungen zum Umgang mit Vorausleistungen getroffen, die vor dem 31. Dezember 2018 beschieden, jedoch noch nicht endgültig mit Bescheid abgerechnet wurden. Da nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen gilt, dass Vorausleistungen zurückzuzahlen sind, wenn ausgeschlossen werden kann, dass jemals eine Beitragspflicht entsteht, trifft dies auch auf Straßenausbaubeitragsmaßnahmen zu, bei denen die sachliche Beitragspflicht bis zum Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2019 noch nicht entstanden ist und durch die Änderungen des Kommunalabgabengesetzes auch nicht mehr entstehen können. Bis zum 31. Dezember 2025 verbleiben die geleisteten Vorausleistungen auf den Beitrag bei der Gemeinde, der die Möglichkeit eingeräumt wird, die Vorteilslage bis zu diesem Zeitpunkt herzustellen. Das heißt, sie muss dafür sorgen, dass die Anlage, mit deren Bau ohnehin begonnen wurde, endgültig technisch fertig gestellt wird und sie bis zu diesem Zeitpunkt auch eine fiktive Abrechnung des endgültigen Beitrages vorgenommen hat. Werden diese zwei Bedingungen nicht erfüllt, müssen die Vorausleistungsbescheide ab dem 1. Januar 2026 aufgehoben werden. Die Erstattung der vereinnahmten Vorausleistungen erfolgt ab dem 1. Mai 2026 und ist bis zum 31. Dezember 2026 von den vorausleistenden zu beantragen. In diesem Fall werden den Gemeinden die Einnahmeausfälle im Übrigen nicht vom Land erstattet, weil hier ein Versäumnis der Gemeinde zu den Einnahmeausfällen geführt hat. Überzahlungen sind von den Gemeinden ohne Kompensationsanspruch vom Land zu erstatten, während für Unterzahlungen das Land für die Kompensation der Differenz in Anspruch genommen werden kann. Andere Gründe für Erstattungsansprüche bleiben von den Regelungen unberührt.

Da mit den Änderungen des Kommunalabgabengesetzes Sachsen-Anhalt Städte und Gemeinden als Baulastträger für Ortsstraßen zur Deckung eines Teils ihres eigenen Finanzierungsbedarf keine Beiträge von Anliegern mehr erheben können, regeln wir mit Paragraph 18 Absatz 5, unter welchen die Voraussetzungen die Gemeinden einen finanziellen Ausgleich vom Land für entgangene Einnahmen aus Beiträgen erhalten. Das heißt, dass die vorliegenden Änderungen des Kommunalabgabengesetzes der Grund für die entgangenen Einnahmen sind. Die Erstattung kann frühestens ab dem 1. Januar 2020 beantragt werden und setzt die die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht voraus. Dies betrifft sowohl Beitragsausfälle für laufende Baumaßnahmen als auch für verauslagte Planungskosten, wenn die Gemeinde bis zum 31. Dezember 2018 eine Satzung nach dem bis dahin geltenden Kommunalabgabengesetz § 6 Abs. 1 oder § 6a Abs. 1 erlassen hatte. Außerdem müssen für so erfasste beitragsfähige Maßnahmen im Haushaltsplan Ausgaben aus dem Vermögenshaushalt, Auszahlungen aus Investitionstätigkeit oder Verpflichtungsermächtigungen veranschlagt und dieser Haushaltsplan spätestens am 31. Januar 2019 der Kommunalaufsicht vorgelegt worden sein. Darüber hinaus muss das Vergabeverfahren für die erste Bauleistung bis zum 31. Dezember 2018 eingeleitet bzw. mit eigenem Personal die technische Herstellung begonnen worden sein. Außerdem gilt eine Frist bis zum 31. Dezember 2028, bis zu der die Gemeinde den Antrag auf Erstattung gestellt haben muss. Dazu ist die Maßnahme entsprechend technisch fertig zu stellen und die Gemeinde hat die entsprechenden Nachweise über die Aufwendungen und damit tatsächlich durch die Gesetzesänderung entgangenen Beiträge zu erbringen.

Die Mittel für den Ausgleich der den Gemeinden entgangenen Einnahmen aus Beiträgen sollen aus dem Ausgleichsstock des Finanzausgleichsgesetzes kommen. Das für Kommunalangelegenheiten zuständige Ministerium soll ermächtigt werden, im Einvernehmen mit dem für Finanzen zuständigen Ministerium durch Verordnung das Verfahren der Antragstellung, der Aufteilung der für die Erstattungsleistungen bereitgestellten Haushaltsmittel, der Auszahlung und der Fälligkeit der Erstattungsleistungen nach Maßgabe der im Landeshaushalt bereitgestellten Mittel sowie die zuständigen Verwaltungsbehörden näher zu regeln. Wir betonen an dieser Stelle ausdrücklich, dass die Städte und Gemeinden in diesen Prozess maßgeblich einzubeziehen sind.