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Kerstin Eisenreich zu TOP 3: Entwurf eines dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit hat die Koalition nach gut einem Jahr auf die gravierende Situation des Abwasserzweckverbandes „Bodeniederung“ in Abwicklung reagiert, endlich. An dieser Stelle möchte ich der Bürgerinitiative „Bezahlbares Abwasser“ Stassfurt unseren Dank aussprechen, dass sie zusammen mit dem Abwasserzweckverband diese Änderung mit Nachdruck eingefordert hat. Die Situation des Abwasserzweckverbandes, der sich seit 31. Dezember 2010 in Abwicklung befindet, hatte nicht zuletzt gravierende finanzielle Auswirkungen für Bürgerinnen und Bürger, Grundstückseigentümer und Kommunen.

Bei aller Euphorie, dass mit dieser Regelung eine unbefriedigende rechtliche Situation beendet werden kann, was unsere Fraktion auch mit Blick auf weitere aktuelle und zukünftige Fälle ausdrücklich unterstützt, gestatten Sie mir, auf Probleme hinzuweisen, die trotz dieser Gesetzesänderung eine Lösung bedürfen.

Die Situation des betroffenen Abwasserzweckverbandes mag eine besondere sein, da dort über den Umweg der eigenen Auflösung das Zusammengehen mit einem anderen Verband vorbereitet wurde. Dahinter steht jedoch ein grundsätzliches Problem: Seit Jahren wird durch die Landesregierungen das Modell großer Wasser- und Abwasserverbände propagiert und Zusammenschlüsse sowie Übernahmen werden forciert. Dieser Prozess ist nach wie vor in vollem Gange. Und der Druck, der dabei auf einzelne Verbände und die kommunalen Entscheidungsträger*innen ausgeübt wird, ist enorm. Notwendige Handlungsspielräume vor Ort werden so eingeschränkt und das Recht auf kommunale Selbstverwaltung ausgehöhlt.

Die Zusammenlegung kleinerer Verbände zu großen wurde und wird mit der vermeintlich größeren Wirtschaftlichkeit großer Strukturen begründet. Wenn dies allgemeingültig wäre, könnte Paragraph 85 Absatz 2 des Wassergesetzes angewendet werden. Denn dort heißt es, dass die obere Wasserbehörde im Benehmen mit der oberen Kommunalaufsichtsbehörde Zweckverbände zusammenschließen oder auch einen Zweckverband in einen anderen eingliedern kann. Allerdings nur, wenn dies aus Gründen des öffentlichen Wohls dringend geboten ist und die Aufgabe ohne Zusammenschluss oder Eingliederung nicht oder nur unwirtschaftlich wirksam erfüllt werden kann.

Andererseits ist es mehr blauäugig, davon auszugehen, dass beim Zusammenschluss von zwei unwirtschaftlichen Verbänden, die überschuldet sind, ein großer reicher herauskommt. Seit Jahren fordert deshalb die DIE LINKE hier im Landtag, dass endlich dargestellt wird, ob die größeren Verbände tatsächlich wirtschaftlicher arbeiten als kleine. Und die Auswirkungen für die Gebührenzahler sind zum Teil erheblich, was sich in zahlreichen Petitionen der Betroffenen widerspiegelt.

Tatsache ist auch, dass mit der vorliegenden Gesetzesänderung auf die Belange der kommunalen Praxis und der betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowie Kommunen eingegangen wird. Gut so.

Allerdings haben wir, DIE LINKE, dieses Verständnis für die Belange der Bürgerinnen und Bürger bei der 2014 im Kommunalabgabengesetz eingeführten einjährigen Regelung zur Aussetzung der neuen Verjährungsfrist für Beiträge vermisst. Im Gegenteil: Beiträge konnten bis zu 24,5 Jahre von den Bürgerinnen und Bürgern eingefordert werden. Dabei ging es um 80.000 Bescheide. Wie wichtig waren und sind Bürgerinteressen angesichts dieser Tatsachen?

Aus der Sicht der Fraktion DIE LINKE bleibt im Bereich der Kommunalverfassung und der Kommunalabgaben noch eine ganze Menge zu tun. Die Ankündigung der Koalition, 2018 Änderungen in den betreffenden Gesetzen herbeizuführen, begrüßen wir.

Wir wollen den Zustand beenden, dass Bürgerinnen und Bürger für ihren Anschluss an die zentrale Wasser-und Abwasserversorgung nach Jahrzehnten noch zur Kasse gebeten werden können. Deshalb werden wir auf eine gesetzliche Neuregelung dringen, die zukünftig für alle Betroffenen eine zeitnahe, endliche und gerechte Beitragsfestsetzung vorsieht.

Daneben gilt es betriebswirtschaftlich notwendige Gebühren und Beiträge sozial verträglich zu gestalten. Im Sinne eines tatsächlichen Interessenausgleiches dürfen die Lasten nicht einseitig auf die Nutzer*innen abgewälzt werden. Die planungsrechtlichen Grundlagen der Aufgabenträger müssen zügiger als bisher an veränderte örtliche, demografische und betriebswirtschaftliche Bedingungen angepasst werden. Die Tätigkeit der Zweckverbände ist bürgernah zu organisieren und die verantwortlichen Kommunalpolitiker*innen in ihren Kompetenzen zu stärken, um einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen Bürgerinnen und Bürgern sowie den Aufgabenträgern zu befördern.

Wir würden es sehr begrüßen, wenn die im Zuge der Neugestaltung des Kommunalverfassungsrechtes geplanten Workshops der Landesregierung ein öffentliches Forum bieten würden, um die Vielzahl offener Fragen im Kommunalrecht mit den betroffenen Akteuren diskutieren zu können.

Wir stimmen der Überweisung [beantragen die Überweisung] in die Ausschüsse für Inneres und Sport (federführend) sowie Umwelt und Energie zu. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.