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Kerstin Eisenreich zu TOP 26: Wettbewerbsfähige Strompreise sichern - Industriestrompreis einführen.

Nachdem nach der Corona-Krise die Wirtschaft weltweit wieder anzog, stiegen durch die erhöhte Nachfrage auch die Energiepreise, d.h schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine. Mit dem Angriff im Februar vergangenen Jahres wurde dann jedoch eine regelrechte Energiepreiskrise ausgelöst. Die erheblich gestiegenen Strompreise sind ein Problem für die gesamte Gesellschaft. Unter ihnen leiden die privaten Haushalte als auch kleine, mittlere und große Unternehmen und natürlich auch die öffentliche Hand, die alle immer mehr aufwenden müssen, um ihre Stromrechnungen zu bezahlen. Und bisher ist nicht wirklich eine spürbare Besserung in Sicht. Zugleich haben andere Länder wie etwa die USA mit dem Inflation Reduction Act aber auch China mit staatlichen Strompreissubventionen starke staatliche Unterstützungsinstrumente für Investitionen insbesondere zum Klimaschutz geschaffen. Das führt trotz der bisher genutzten Instrumente wie der Strompreisbremse zu Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit von Industrie und Gewerbe, insbesondere auch energieintensiver Unternehmen in Deutschland und Sachsen-Anhalt. Dass Unternehmen abwandern, um Kosten zu senken und Produktionsstandorte energieintensiver Industrien aufgegeben ist dabei nicht ganz ausgeschlossen. Zahlreiche Beschäftigte könnten um ihre Arbeitsplätze bangen müssen. Sachsen-Anhalt wäre hier auch als wichtiger Industriestandort der energieintensiven chemischen Industrie bedroht genau wie das Gewerbe drumherum.

Insofern sind die Debatten um die Einführung eines Industriestrompreises nachvollziehbar. Die Befürworter sind sehr prominent von Ministerpräsidenten der Länder bis hin zu den Gewerkschaften. Nun muss bei einem derartigen Vorhaben aber auch genau hingeschaut werden, wie dies passieren soll. Der Entwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat im Mai dieses Jahres einen Entwurf für die Einführung eines staatlich geförderten Industriestrompreises vorgelegt. Dabei geht es um zwei Stufen, eine kurz- und eine langfristige. Die kurzfristige als Brückenstrompreis bezeichnete Stufe soll in einem zeitlich begrenzten Zeitraum bis 2030 den Strompreis auf 6 ct/kWh netto, gedeckelt auf 80 Prozent des Verbrauchs und für einen definierten Empfängerkreis begrenzen. Auch klare Bedingungen werden nach Vorstellung des BMWK daran geknüpft: Tariftreue, Transformationsverpflichtung und Standortgarantie. Eine solche vorübergehende Subventionierung ist sinnvoll. Aber die genaue Ausgestaltung dieser an die Gewährung der Subvention geknüpften Bedingungen ist noch nicht ganz klar. Wir als Linke finden, dass öffentliches Geld ganz klar und verbindlich daran zu knüpfen ist, dass die Empfänger ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft auch gerecht werden. Dazu sind die Garantien für Tariftreue, Beschäftigung und Standorterhalt und die Verpflichtung, die Transformationsformationsprozesse im Unternehmen hin zu Klimaneutralität und Defossilierung ganz konkret bis zum Jahr 20245, zu mehr Energieeffizienz und Energieeinsparung klar zu regeln. Zu Klimaschutz und mehr Effizienz könnte auch die Deckelung des Brückenstrompreises auf 80 Prozent des Verbrauchs beitragen. Dies ist vor allem auch deshalb wesentlich, um die Unternehmen durch die Transformation für die Zukunft wettbewerbsfähig zu machen und nicht weitere Wettbewerbsprobleme zu schaffen. Um die Belastung für den Bundeshaushalt zu verringern und zusätzliche Effizienzsteigerung anzureizen wäre es aber auch denkbar, die Verbrauchsgrenze, die gedeckelt werden soll, schrittweise abzuschmelzen.

Das heißt auch, dass diese Privilegierung, diese Unternehmen mit öffentlichen Geldern zu unterstützen, wohl begründet sein muss und sie muss in einem angemessenen Verhältnis zum Verlagerungsrisiko stehen. Sie darf weder ökologisch noch ökonomisch kontraproduktiv sein. Dazu gehört ehrlicherweise auch, dass u.a. schon bestehende Strompreisprivilegien berücksichtigt und überprüft werden müssen. Auch die Höhe des angepeilten Preises von 6 ct/kWh sollte von unabhängigen Experten geprüft und über die Laufzeit jährlich überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

In dem Vorschlag, diesen Brückenstrompreis aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu finanzieren, sehen wir einen Fortschritt. Denkbar wäre auch eine Haushaltslösung. Denn die Einführung einer solchen Subvention darf nicht zu Lasten der  übrigen Endkunden gehen. Bisher wurden derartige Privilegien auf die anderen Stromkosen umgelegt, zum Beispiel die inzwischen abgeschaffte EEG-Umlage.

Ich hatte schon kurz gesagt, dass wir eine jährliche Evaluierung der Höhe des Brückenstrompreises für sinnvoll halten. Damit soll eine Überförderung vermieden und schnellstmöglich beendet werden. Wichtig ist, dass mit dieser befristeten Subventionierung des Strompreises vor allem eine Transformation im Sinne der Beschäftigten und des Klimas gefördert wird, die ehrlicherweise schon längst hätte anlaufen müssen. Nicht gefördert werden soll dagegen ein Privileg, mit dem bestimmten Unternehmen die Gewinne stabilisieren. Mitnahmeeffekte und Windfall Profits müssen ausgeschlossen werden.

Außerdem wäre aus unserer Sicht auch eine flexible Komponente sinnvoll, die für Anreize sorgt, die Produktion dem Angebot an günstigem erneuerbarem Strom anzupassen. Das ist als zeitliche und regionale Komponente denkbar, in dem dann Strom verbraucht wird, wenn besonders viel vorhanden ist bzw. von standortnahen Erzeugern erneuerbarer Energien bezogen werden. Ebenso müssen Sparanreize erhalten bleiben.

Im Zuge dieser Diskussion müssen aber dennoch weitere Umstellungen erfolgen, von denen dann nicht nur die Industrieunternehmen, sondern vor allem Haushalte, Kommunen und kleine und mittlere Unternehmen profitieren. Wir brauchen endlich eine gerechte Umverteilung der Anschlusskosten, indem die Netzentgelte endlich gerecht verteilt werden, sodass die Menschen gerade auch in Sachsen-Anhalt mit vielen Windkraftanlagen endlich von den Netzentgelten entlastet werden. Auch muss das Strommarktdesign umgestellt werden. Diese und weitere Maßnahmen sollten bei aller Diskussion um die aktuellen Forderungen nach einem Industriestrompreis nicht in Vergessenheit geraten.

Wenn wir also über einen Brückenstrompreis diskutieren, muss dieser eben eine Brücke sein. Gewinne dürfen nicht privatisiert und die Risiken vergesellschaftet werden. Unsere Kernforderung ist die Transformation und nicht Gewinnsicherung.