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Kerstin Eisenreich zu TOP 19: Netzausbau zukunftsfähig und gerecht gestalten

Seit Langem wird die Diskussion über eine regionale Ungleichverteilung von Netznutzungsentgelten geführt. Norden und Osten der Bundesrepublik sind führend bei der Erzeugung erneuerbarer Energien und die Netznutzungsentgelte sind gerade hier wesentlich höher als im Rest des Landes. Dies alles ist nicht neu und in einer Studie der TU Dresden vom vergangenen Jahr eindeutig belegt.

Pünktlich zum baldigen Jahreswechsel haben nun die beiden Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz und Tennet – wie schon im letzten Jahr – massive Erhöhungen der Netzentgelte angekündigt. Waren es in der vergangenen Legislatur noch 30 %, will 50Hertz jetzt die Netzentgelte um 45 % und Tennet gar um 80 % erhöhen. Und pünktlich wie im letzten Jahr wird uns ein Antrag zur faireren Lastenverteilung beim Ausbau der Netzinfrastruktur vorgelegt. Nun ist das Anliegen sicher nicht von der Hand zu weisen, es drängt sich jedoch die Frage auf, warum es der Landesregierung bisher nicht gelungen ist, beim Bund eine Angleichung der Netzentgelte zu erwirken. Offenbar hat der Antrag aus der letzten Legislatur so gar keinen Eindruck hinterlassen.

Immerhin ist der vorliegende Antrag weiter gefasst als der letzte, weil die Koalition nun doch zu der Einsicht gekommen ist, dass neben den Übertragungsnetzkosten auch die Kosten für die Verteilnetze umzulegen sind. Allerdings machen Sie gerade bei der Forderung, wie das geschehen soll eine Rolle rückwärts: War im Antrag der letzten Legislatur noch von einer Angleichung die Rede, wird jetzt eine faire Lastenverteilung gefordert. Aber was bedeutet fair? Mit diesem Begriff wird das Anliegen derart aufgeweicht und kann so weit ausgelegt werden, dass der Effekt am Ende gleich Null ist. Denn das könnte suggerieren, dass dort, wo die meiste Netzstruktur vorhanden ist und im Verhältnis dazu wenig Bevölkerung lebt, die Entgelte höher sind. Damit bliebe alles, wie es ist und Bürgerinnen und Bürger sowie kleine und mittlere Unternehmen im Norden und Osten der Bundesrepublik müssten weiter wesentlich höhere Kosten tragen. Hinzu kommt die absehbare demografische Entwicklung mit einer weiteren Steigerung der Pro-Kopf-Energiekosten. Wenn das so weitergeht, werden einkommensschwache Haushalte, die ohnehin durch Preis- und Gebührensteigerungen massiv benachteiligt werden, bald gänzlich abgehängt. Deshalb bedarf es aus unserer Sicht endlich bundeseinheitlicher Netzentgelte, die auch die bisherigen erbrachten Leistungen beim Ausbau der Netzinfrastruktur berücksichtigen. Außerdem müssen endlich die möglichen Befreiungen von Entgeltzahlungen überprüft und begrenzt werden, damit die Energiewende auch den Aspekt der sozialen Gerechtigkeit erfüllt.

Der Antrag befasst sich weiterhin mit den vermiedenen Netzentgelten. Ob der positive Effekt der Abschaffung für volatil einspeisende Anlagen tatsächlich eintritt, wäre genauer zu überprüfen. Die Beibehaltung für Kraft-Wärmekopplungs-Anlagen erachten wir als sinnvoll. Dass die Landesregierung den genannten Ausschüssen über die Änderungen auf Bundesebene berichtet und darlegt, welche Folgen und Perspektiven sich für das Land ergeben, ist ja sicherlich das Minimum, das man erwarten kann.

Insgesamt wird mit dem Antrag allerdings deutlich, dass die Koalition weiterhin sehr stark auf den Netzausbau orientiert. Dabei hat doch gerade dieser erst zu den Entwicklungen geführt, mit denen vor allem die Menschen in diesem Land finanziell zu kämpfen haben. Völlig außer Acht bleibt, dass die Energiewende ganzheitlich zu betrachten und alte Zöpfe der Energieversorgung mit langen Übertragungswegen endlich abzuschneiden. Energie wird dann günstig, wenn sie dort verbraucht wird, wo sie erzeugt wird. Die regionale Nutzung von Strom und Wärme, die dezentral erzeugt werden, muss endlich in den Mittelpunkt gerückt werden. Ebenso sind Projekte zur Speicherung und stofflichen Umwandlung in Sachsen-Anhalt intensiv voranzutreiben. Dazu müssen auch regional begrenzte Alternativen, komplette Neuansätze akzeptiert und erprobt werden. Ideen gibt es eine ganze Menge, z.B. könnte in den Bergbaufolgeseen Mitteldeutschlands die Wärmeversorgung von ganzen Kommunen über die in diesen Seen gespeicherte Sonnenenergie erfolgen. Es muss doch möglich sein, neue Denkansätze zu verfolgen und die ausgetretenen Pfade zu verlassen.

Im Fazit möchte ich hier noch einmal herausstellen: Die Erneuerbaren Energien sind nicht die Ursache für die Explosion der Netzentgelte. Verantwortlich dafür ist der unangepasste Netzausbau, der sich auf der zentralen Netzausbaustrategie gründet. Hier liegt die Herausforderung darin, abgestimmt und moderat vorzugehen. Dann klappt es auch mit den Netzentgelten. Ihr Antrag bringt kaum Neues und ist bei der sogenannten fairen Lastenverteilung wenig konkret. Unsere Fraktion wird sich daher der Stimme enthalten.