Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Hendrik Lange zu TOP 22: Hochschulberichterstattung in Sachsen-Anhalt

DIE LINKE bringt heute einen Antrag zur Einführung einer kontinuierlichen Hochschulberichterstattung ein. Es ist Zufall, dass das zusammenfällt mit den intensivsten Protesten von Studierenden sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochschulen seit Jahren. Die öffentliche Resonanz, die der Bildungsstreik hervorgerufen hat, zeigt, dass die Proteste einen Nerv getroffen haben und ich hoffe, er trifft nicht nur bei meiner Fraktion auf offene Ohren.
Dass sich Protest allzu oft aus politisch gegensätzlicher Bewertung von Zuständen speist, dürfte eine Binsenweisheit sein. Umso dringlicher erscheint es, dass im politischen Raum wenigstens halbwegs ein Überblick über die Zustände vorhanden ist. Wenn sich politisches Handeln auch noch an diesen Zuständen orientieren würde, könnte man vielleicht auch auf mehr Verständnis bei den Betroffenen hoffen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz einen der größten lebenden Philosophen, dessen 80. Geburtstag gestern war, würdigen, was, wie mir scheint, recht gut zum Hintergrund dieses Antrages passt. Ich gebe zu, kein studierter Habermasianer zu sein,  - - - - - - aber solche Jubiläen haben den angenehmen Nebeneffekt, dass man auch als Nicht-Experte von den Lehren eines solchen Mannes berührt wird. Jürgen Habermas hat stets besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass sich Urteile, politische zumal, an ihren Wahrheitsansprüchen messen lassen müssen.
Reiner Relativismus war seine Sache nie. Öffentlichkeit sei die Vermittlung zwischen Politik und Moral (Strukturwandel der Öffentlichkeit). Hier im Parlament nun, das nach Habermas die Idee der zum Staatsorgan erhobenen Öffentlichkeit darstellt, sollte eigentlich der freie Diskurs - freie, an der Sache und der Lebenswelt der Menschen orientierte Urteile ermöglichen. Statt dessen, so Habermas, weicht "der in öffentlicher Debatte ermittelte Konsensus dem nichtöffentlich erstrittenen oder einfach durchgesetzten Kompromiß." (SdÖ 273)

So ist in der Regel Koalitionshandeln!
Und die Tatsache, dass die Studierenden und Beschäftigten an den Hochschulen immer weniger Verständnis für die politischen Maßnahmen haben, zeigt, dass die Koalitionskompromisse in dieser und in der vergangenen Legislatur an der Lebenswelt der Betroffenen an den Hochschulen oftmals vorbeigehen.

Daher unser Antrag: Wir wollen der Politik durch die Schaffung eines unabhängigen Berichtswesens die sachliche Grundlage für ihr Handeln erweitern. Fast keine Materie ist so komplex, wie die Hochschulen. Es gibt seit einiger Zeit bereits Hochschulberichte in anderen Ländern. Sachsen beispielsweise hat 2006 einen vorgelegt. Es gibt den ausführlichen Hochschulteil im Bundesbildungsbericht, der für unseren Antrag ein wenig vorbildhaft war.

Bildungsberichterstattung, oder Bildungsmonitoring ist, wie man sagt, ein Trend.
Nun wissen Sie, dass DIE LINKE, was Trends gerade in der Hochschulpolitik angeht, stets auf der Hut ist.
Und ein solcher Bericht macht keineswegs politische Debatten und Bewertungen überflüssig. Was uns überzeugt hat, ist der Ansatz der Wissenschaftlichkeit. Die Hochschulforschung ist gerade in Sachsen-Anhalt eine anerkannte wissenschaftliche Disziplin. Und wer würde bei einem solchen Antrag nicht gleich an das Institut für Hochschulforschung in Wittenberg denken? Vielleicht kann die Hochschulforschung helfen zu erleuchten, woran nicht nur ich, regelmäßig - na sagen wir mal - beinahe verzweifle.
Die zahlreiche Kleine Anfragen haben einen Wust von Zahlen ergeben der erschöpfend ist und den Überblick verlieren lässt.
Auch die mehrere hundert Seiten umfassenden Rektoratsberichte und die Statistiken der Landesregierung sind da nur eingeschränkt nützlich.
Zumal sowohl die Rektorate als auch die Landesregierung Beteiligte im System sind.
Was wir brauchen ist der unabhängige wissenschaftliche Blick von außen, das Zusammenfassen von Kennzahlen zu Indikatoren und die kritische wissenschaftliche Fragestellung. Ein wesentlicher Anspruch an einen solchen Hochschulbericht muss die Erkennbarkeit von Veränderungen im Laufe der Zeit und eine Analyse der Ursachen für diese Veränderungen sein. Und ein solcher Bericht kann auch das Leistungsvermögen des Hochschulsystems darstellen und ist eigentlich unverzichtbar bei der Erfolgsbewertung in der von Ihnen begonnen Outputsteuerung durch Zielvereinbarungen und Budgetierung.

Wir haben als Ansprüche an einen solchen Hochschulbericht auch explizit Kategorien formuliert, die sich mit der sozialen Lebenswelt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und von Studierenden beschäftigen.
Denn diese Kategorien gehören für DIE LINKE untrennbar mit zur Beurteilung des Hochschulwesens in Sachsen-Anhalt.
Lassen Sie mich zuletzt sagen, dass wir diesen Antrag als möglichen Einstieg in eine breitere Bildungsberichterstattung verstehen. Wir hoffen, mit einem Hochschulbericht Erfahrungen zu sammeln, die uns auf dem Weg zu mehr Transparenz in der Bildungspolitik helfen.