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Hendrik Lange zu TOP 2: Regierungserklärung des Ministers für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung zum Thema "Sachsen-Anhalt: Wirtschaft und Wissenschaft vernetzt"

Dass auch unser Bundesland vom Aufschwung der Wirtschaft profitiert, ist gut! Wäre das nicht so, hätten wir ein erhebliches Problem – deswegen will ich den Jubelmeldungen auch mal den Begriff der logischen Zusammenhänge beiseite stellen. Und ich sage selbst als Oppositionspolitiker: so viel hat der Minister in der Wirtschaftspolitik nicht falsch gemacht. Obwohl man sich auch manchmal fragt, ob es eine bestimmte wirtschaftliche Entwicklung trotz – oder wegen der Wirtschaftspolitik gibt. Da ist die Wahrnehmung oft sehr unterschiedlich. Und was aus unserer Sicht besser laufen könnte, dazu komme ich noch.

Nun hat der Minister so schön gesagt, dass es nicht darum geht. statistische Wettbewerbe zu gewinnen. Das stimmt und Statistik gibt immer nur Anhaltspunkt – zumal die Ausgewählten Zahlen auch immer Ausdruck des zu vermeldenden Ziels sind. Gleichwohl lässt so ein Satz aufmerken, wenn darauf die Jubelmeldungen folgen. Und ich sehe mich natürlich veranlasst, die ein oder andere Zahl mal zu hinterfragen. Nehmen wir den Vergleich der Bruttogehälter. Selbstverständlich sind wir alle froh, dass die durchschnittlichen Bruttogehälter gestiegen sind. Aber wo der Minister die Zahl her hat, dass im Schnitt vor Sachsen, Thüringen und M-V liegen, das erschließt sich uns nicht.

Und wir haben echt gesucht und hin und her gerechnet. Vielleicht lohnt sich da mal eine Ausschussbefassung. Denn nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung verdienen Arbeitnehmer*innen in Sachsen-Anhalt durchschnittlich nur 27.609€, die Sachsen dagegen 28.051 und die Thüringen 27.946€, Brandenburger sogar 28.059€. Der bundesweite Durchschnitt liegt übrigens bei 33.304€. Da ist noch viel Luft nach oben. Und gucken wir noch tiefer in die Zahlen zeigt sich, dass Sachsen-Anhalt deutlich von der Einführung des Mindestlohns profitiert hat. Das ist gleichzeitig ein positiver und trauriger Befund, so bestätigt es doch, dass in Sachsen-Anhalt viele Arbeitnehmer*innen zu lange unterdurchschnittlich und unter dem Level des Mindestlohns verdient haben. Und auch bei der Zahl der geringfügig Beschäftigten gibt es unterschiedliche Auffassung. Nimmt man tatsächlich alle, die geringfügig beschäftigt sind, erhöht sich die Zahl um 30T und der Rückgang ist längst nicht so opulent. Auch wenn wir uns über einen Rückgang freuen ist hier auch auf die Menschen einzugehen, die neben ihrer Arbeit noch einen weiteren Job brauchen, damit sie über die Runden kommen. Und auch das hätte ich mir von einem SPD-Wirtschaftsminister gewünscht! Diejenigen im Blick zu behalten, die eben nicht von den Jubelmeldungen profitieren. DIE LINKE wird sie stets auch an diese Menschen erinnern!

Selbst vom Aufschwung insgesamt profitiert unser Bundesland nur unterdurchschnittlich. Das ist kein Schlechtreden sondern ein Befund. Und dann kam wieder so ein bemerkenswerter Satz: nämlich, dass die Zahlen besser ausgefallen wären, wenn die Raffinerie nicht zeitweilig hätte still gelegt werden müssen. Das stimmt – ist doch aber auch wert anzumerken. Dass die wenigen Großansiedlungen eine solche Auswirkung haben zeigt auch eine gewisse Anfälligkeit auch unserer kleinteiligen Wirtschaft. Auch wenn diese sich gerade in der Finanzkrise als robuster aufgewiesen hat. Und ja… die Verbesserung der Messetätigkeiten ist wichtig. Und wenn es mehr Export geben kann, ist das auch nicht abzulehnen. Jedoch gehört zum weltweiten Befund zu den Verteilungsungerechtigkeiten dazu, dass gerade das hohe Exportaufkommen Deutschlands ein Problem wird. Umso wichtiger ist es Binnenstrukturen zu stärken. Und ja dazu gehört auch, dass die Löhne erhöht werden um Regionale Nachfrage zu erzeugen. In diesem Sinne unterstützt DIE LINKE auch die Streikenden der IGM.

Es ist richtig, auch ausländische Investoren für den Standort Sachsen-Anhalt zu interessieren. Ich glaube aber, dass gerade der starke Einzug einer offen rechtsradikalen und Ausländerfeindlichen Partei zu einem echten Imageproblem wird. Ich werde sehr oft auf die Lage hier angesprochen und die Verunsicherung ist auch bei internationalen Beschäftigten sogar an unseren Hochschulen groß. Das sollte sich auch die CDU hin und wieder ins Gedächtnis rufen, wenn sie mal wieder mit der rechten Seite liebäugelt.

Der Minister freut sich zurecht, dass die Fördermittel des Landes auch angenommen werden. Wir hatten schon viele Jahre, in denen der Mittelabfluss nicht so besonders war. Gleichwohl wies er auf die Beihilferechtlichen Veränderungen hin (es gibt also ab diesem Jahr weniger Geld). Und das ist schon seit langem eine Vermutung die sich nun bestätigt. Die Unternehmen haben das Jahr 2017 nochmal genutzt. Ob das so weiter geht werden wir erleben. Was ich jedoch nicht wieder erleben will sind Fälle wie Fricopan und Lieken, wo auf der einen Seite enorme Mitnahmeeffekte erzeugt wurden und auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen Gewinnmaximierungsstrategien der Unternehmen öffentlich gefördert wurden. Wir stehen sehr hinter Instrumenten wie der Meistergründungsprämie, Dem Nachfolgeprogramm und der Unterstützung von Forschung und Entwicklung bis hin zur Patentförderung. Kritisch bleiben wir bei Intrumenten, die lediglich Mitnahmeeffekte erzeugen. Vielmehr muss es auch eine Verbesserung für die ArbeitnehmerInnen geben. Das werden wir im Blick behalten. Zumal wir als Fraktion eher auf die Entwicklung der Standorte setzen. Sei es Infrastruktur oder die sogenannten weichen Standortfaktoren, die nicht zu unterschätzen sind, wenn es um Ansiedlungspolitik geht. Und wir bleiben dabei, dass die Wirtschaftlichen Kristallisationskeime in der Fläche wichtige Haltefaktoren für die Menschen im Ländlichen Raum sind. Auch diese dürfen bei der Förderpolitik nicht hinten runter fallen.

Und da bin ich bei einem so wichtigen Standortfaktor- dem schnellen Internetzugang. Ich bleibe dabei: Dass die Landesregierung stur bei ihrem 50 – 100 Mbit Ausbauziel für 2021 bleibt ignoriert Bedürfnisse und ist eine Fördermittelverschwendung sonders gleichen. Wenn Fördermittel eingesetzt werden, kann man doch gleich richtig und zukunftssicher investieren. Da muss man ja nicht von seinem Paradigma der Technologieneutralität abrücken. Aber wenn nur Glasfaser das Gigabitziel erreichen kann, dann ist es eben die Frage der Zielbestimmung. Und da hat sich die Landesregierung enttäuschender Weise für die Schnecke entschieden.

Und die Breitbandstrategie ignoriert doch auch besonders beeindruckend die Bedürfnisse der Wirtschaft. Meine Kollegin Eisenreich hat ja in der letzten Debatte schon darauf hingewiesen: Wo sitzen denn die Architekturbüros, Die Kreativwirtschaft und die vielen kleinen Dienstleister die auf schnellen Up- und Download angewiesen sind? Richtig – mitten in Wohngebieten. Mit der Orientierung auf Gewerbegebiete Ignoriert die Landesregierung die Bedarfe vor Ort dermaßen, dass man nur Fassungslos Skandal rufen kann – und sich weiter aufregen, wie meine Kollegin Eisenreich das in der letzten Debatte zu Recht tat.

Auch wenn es unbequem ist werden wir die Digitalisierung der Wirtschaft nicht ignorieren können. Eine weitere Automatisierungswelle ist absehbar und wir werden kaum mit den alten Rezepten darauf reagieren können. Wir werden auch in Sachsen-Anhalt intensiv diskutieren müssen, wie diese Entwicklung sich auswirkt und wie wir sie zum Wohle aller Menschen gestalten können. Ein „Augen zu und weiter so“ kann es nicht geben, wollen wir nicht die Gruppe der Menschen anwachsen lassen, die sich abgehängt fühlen. Denn viele dieser Prozesse laufen schon. Stichwort Clickworker, Soloselbständige aber auch der Kurierdienst der der Billige Amazonpaket bringt. An diese Menschen müssen wir denken, wenn das digitale Zeitalter gerecht gestaltet werden soll.

Und glauben wir nicht, dass nur Menschen mit geringer Ausbildung von prekären Lebensverhältnissen und Arbeitsbedingungen betroffen sind. Selbst an unseren Hochschulen gibt es genügend prekär beschäftigte Menschen. Und ja ich weiß, dass ein Teil der BaföG-Mittel zum Ausbau der festen Beschäftigung genutzt werden soll. Aber hier muss ich jetzt doch mal einen großen Schluck Wasser in den Wein gießen. Man darf sich ja auch nicht durch die so charmant vorgetragenen Mythen des Ministers einnebeln lassen. Denn es ist zwar zweifellos richtig, dass die Jetzige Regierung und Koalition eine Kehrtwende ihrer Kürzungspolitik im Bereich der Wissenschaft vollzogen hat. Aber es muss ja mal eine Bilanz über die letzten 5 Jahre gezogen werden. Und da gab es eben den Finanzminister Bullerjahn, die Die Hochschulen samt Klinika geknebelt hat und das alles mit tapferer Unterstützung des ach so Richtlinienkompetenten Ministerpräsidenten Haseloff. Verstehen sie mich nicht falsch – ich bin froh, dass sie da zur Besinnung gekommen sind. Denn dieses Handeln war nun wirklich richtig schädlich für den Standort Sachsen-Anhalt. Aber der große Wurf war es ja nun auch nicht. Konnten die 15 Mio. € mehr für die HS doch lediglich kompensieren, was ihnen vorher weggenommen wurde. Rechnet man die nicht ausgeglichenen Tarifaufwüchse, die W-Besoldung und den nicht gewährten Inflationsausgleich dazu bleibt aber noch ein Saftiges Minus das weiterhin zu Schließungsdebatten führt.

Und dann: Ein wunderbarer Trick, der auf Täuschung und Vergessen setzt und die Realität ignoriert. Ich spreche von der Anhebung der Investitionszuschüsse für unsere Uniklinika um 3,4 Mio. € auf 4,2 Mio. Wow mag man sagen – zumal das ja für jeweils beide Klinika gelungen ist. Allerdings ignoriert diese Betrachtung, dass die Zuschüsse von ehemals 7 Mio € zunächst auf unfassbare 1,8 Mio € gekürzt wurden. Die ach so opulente Erhöhung hat zwar Linderung gebracht aber längst nicht den Verlust der Vergangenheit kompensiert. Und schon gar nicht erreicht die Finanzierung die eigentlichen Investitionsbedarfe, die bei jährlich ca. 9,5 Mio € im Minimum liegen.

Es geht bei den Uniklinika um unsere Landeseinrichtungen, die als Maximalversorger wichtige Aufgaben in der Gesundheitsversorgung der Menschen in unserem Land übernehmen. Hier helfen keine Zahlentricks, wenn wir die Zukunft sichern wollen. Hier nicht und an unseren Hochschulen auch nicht. Denn wir sind uns doch einig, dass die Hochschulen wesentliche Innovationsmotoren im Land sind. Und das Junge Menschen zu uns kommen und die Zukunft mitgestalten ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. Auch das Gründungsgeschehen aus der Wissenschaft heraus zu fördern ist ein richtiger und wichtiger Ansatz. Ich lebe in Halle und der Weinbercampus ist ein Vorzeigeobjekt wenn es um die Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft geht. Allerdings dürfen wir den Bogen auch nicht überspannen und Fehlanreize setzen. Forschung und Lehre müssen frei sein und bleiben. Sie dürfen nicht einer einseitigen wirtschaftlichen Verwertungslogik allein unterworfen sein. Vielmehr werden wir als Linksfraktion immer auch das Gegengewicht zum Drang nach Anwendungsorientierung darstellen. Denn es ist die Grundlagenforschung die erst einmal zweckfrei laufen muss, um die Basis für zukünftige Innovationen zu legen. Wir sie beschnitten, sägen wir an dem Ast der fortschrittlichen Entwicklung unserer Gesellschaft. Und das darf nicht passieren!

Die Aufgabe der Hochschule sind Forschung und Lehre. Bei aller Third Mission, die unsere HS eh schon ewig leisten, müssen die HS finanziell in die Lage versetzt sein, unabhängig zu forschen und zu lehren. Ich weiß, dass auch die Verknüpfung mit der Wirtschaft wichtig ist und in unserer forschungsschwachen Privatwirtschaft den HS besondere Verantwortung zu kommt. Wir bleiben aber bei dem Prinzip, was mit öffentlichen Geld an öffentlichen Einrichtungen als Forschungsergebnisse produziert wird, muss allen zugänglich sein. In sofern blicke ich mit einer gewissen Skepsis (noch nicht Ablehnung) auf die Pläne der LR, dass sich HS an Unternehmen beteiligen können. Denn eins ist auch klar. Die Third Mission darf nicht das Potenzial für Forschung und Lehre einschränken!

Ich habe deutlich gemacht, dass wir in S-T noch deutlich Luft nach oben haben, wenn es um die wirtschaftliche Entwicklung geht. Lassen sie uns den Digitalen Wandel nicht verschlafen und Ladenhütertechnologie fördern sondern unsere Stärken ausbauen. Und sorgen wir für ein Land mit Bester Bildungs- und Wissenschaftsstruktur. Damit ist die Zukunft gewinnbar. Danke!