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Hendrik Lange zu TOP 02: Rahmenbedingungen für Hochschulen in Sachsen-Anhalt sichern

Da ist sie also, die hochschulpolitische Offensive der Koalition. Was ist dabei herausgekommen? Ein typischer Antrag von CDU und SPD. Beginnen wir mit der Einleitung zu diesem Antrag. Sicher ist es Spekulation, wie viel besser das Hochschulsystem wäre, wenn Schwarz-Gelb nicht in den Jahren 2003, 2004  30 Mio. Euro aus dem Hochschulsystem herausgezogen hätte und Hunderte Stellen gestrichen hätte. Ich sage Ihnen aber eines: Eine Hochschullandschaft, in der es noch eine universitäre Ingenieurwissenschaft im Süden von Sachsen-Anhalt, nämlich im Chemiedreieck gäbe, wäre mit Sicherheit eine viel bessere Hochschullandschaft als das, was wir jetzt haben. Obwohl ich sagen muss, dass wir selbstverständlich auch anerkennen, dass sich die Hochschulen weiterentwickelt haben, und sie haben sich gut entwickelt.  
 
Die Hochschulen sind mehr als nur Zulieferer von Fachkräften für die Wirtschaft und deren Dienstleister. Sie sind ebenso bedeutend für die soziale und kulturelle Entwicklung. Das vermissen wir in Ihrer Einleitung ausdrücklich. Die Hochschulen immer nur auf die Verwertbarkeit zu reduzieren, verengt den Blick auf ihre umfassende Bedeutung für die gesamte Gesellschaft.  

Weil es in diesen Kontext hineinpasst und in diesem Hohen Haus viel zu selten Berücksichtigung findet, möchte ich sagen: Der freie Hochschulzugang und die Freiheit von Forschung und Lehre sind grundgesetzlich verbriefte Rechte. Ich finde, dass davon möglichst viele Leute profitieren sollten und daran partizipieren sollten. Dafür stehen wir. Deswegen möchten wir, dass das auch in einem Antrag entsprechend Berücksichtigung findet.

Ihr Antrag krankt einfach daran, dass Sie keine Entkopplung der Hochschulstrukturdebatte von der Kürzungsdebatte der Landesregierung vornehmen. Dies geht auch nicht, denn die Kürzungsvorschläge der Landesregierung schweben immer noch - das haben Sie noch einmal bestätigt - wie ein Damoklesschwert über dieser Debatte.  
 
Herrn Möllring muss ich sagen: Wenn Sie Strukturentwicklung rufen, aber solche Kürzungsvorschläge machen, dann ist doch klar, was aus der Logik des öffentlichen Dienstes heraus passiert. Wenn man solche Kürzungsvorschläge in die Runde wirft, nämlich 26 Mio. Euro innerhalb eines Jahres und dann einen Abbau von 50 Mio. Euro über zehn Jahre, dann kann man nur jede freie Stelle nicht besetzen. Anders wäre eine Strukturentwicklung dann nicht möglich. Deswegen ist diese Kürzungsdebatte, die die Landesregierung geführt hat, falsch. Wir müssen dahin kommen, dass diese Zahlen vom Tisch kommen. Das ist das erste Ziel, dann kann man auch eine vernünftige Strukturdebatte führen. Was bedeutet „kein aktiver Abbau von Studierendenzahlen“? Wir brauchen eine aktive Werbung für ein attraktives Hochschulsystem und dafür waren die letzten Wochen Gift.

Sie kommen nicht umhin, sich zu Kapazitäten zu verhalten. Es ist die Quadratur des Kreises, wenn die SPD-Fraktionsvorsitzende, der Minister und der Wissenschaftsrat sagen, dass man die Studienplätze erhalten möchte, also die Studienkapazität erhalten möchte, aber man dann gleichzeitig guckt, ob man irgendwie Geld aus dem System herauspressen kann.  
 
Wenn man weiß, wie Hochschulen funktionieren, dann ist die Studienkapazität immer daran gebunden, wie viele Personen dort in der Lehre arbeiten. Das ist im Prinzip die Größe, mit der man sich auseinandersetzen muss. Wenn ich diese Größe habe und diese Größe nicht reduzieren möchte, dann kann ich kein Geld aus dem System herausziehen, denn in den Hochschulen werden die meisten Mittel für Personal ausgeben. Das ist die Quadratur des Kreises, die Sie an dieser Stelle versuchen. Das funktioniert nicht.  

Ich komme zur Hochschulmedizin. Sie bekennen sich zu beiden Standorten. Das ist gut. Aber ich hätte schon erwartet, dass nach der Debatte, die wir jetzt geführt haben, Sie in Ihren Antrag schreiben, dass Sie die Vorklinik und die klinische Ausbildung an beiden Standorten haben möchten. Ich kann ehrlich gesagt nicht verstehen, dass Sie es nicht explizit hineingeschrieben haben. Es sei denn, Sie führen über diese Frage noch eine Debatte.  
 
Eines möchte ich dazu auch noch sagen: Die Entscheidung für zwei Standorte der medizinischen Ausbildung bedeutet auch, dass man sich für Investitionen an beiden Standorten entscheiden muss. Das bedeutet, dass wir diese beiden Standorte in den nächsten fünf Jahren nicht wieder zur Debatte stellen dürfen. Vielmehr brauchen wir Ruhe im System. Wir brauchen zumindest für einen Lebenszyklus die Perspektive, dass diese Investitionen nicht umsonst getätigt werden, sondern dass wir diese Standorte weiterentwickeln wollen, und zwar auf Dauer. Das führt dann dazu, dass man sich traut, entsprechende Kooperationen einzugehen, weil man dann keine Angst haben muss, dass man dabei verliert und sich Abbauüberlegungen aussetzt. Wir brauchen Ruhe in diesem System. Wir brauchen eine dauerhafte Entscheidung für zwei Medizinstandorte. Deswegen bitten wir Sie darum, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Er stellt die Strukturdebatte vom Kopf auf die Füße.