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Gesetzesentwurf zur finanziellen Beteiligung am Ausbau der Erneuerbaren Energien in Sachsen-Anhalt

Kerstin Eisenreich, energiepolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, sowie Wulf Gallert, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, haben heute einen Gesetzesentwurf zur finanziellen Beteiligung am Ausbau Erneuerbarer Energien im Land vorgestellt. Die Kernpunkte lauten wie folgt:

Problem und Zielstellung

Sachsen-Anhalt ist ein Vorreiterland beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. Allerdings sind die Eigentümer von Windkraftanlagen und Photovoltaik auf Freiflächen zum übergroßen Anteil Eigentümer, die ihren Wohnsitz außerhalb von Sachsen-Anhalt haben. Dies führt dazu, dass die Menschen in unserem Land zwar Betroffene vom Ausbau Erneuerbaren Energien sind, insbesondere einer hohen Zahl von Windkraftanlagen und höheren Netzentgelten aufgrund des notwendigen Umbaus der Netzstrukturen, die Gewinne aber den Einwohnerinnen und Einwohnern des Landes kaum zugutekommen.

Dadurch entsteht nicht nur eine ökonomische Ungerechtigkeit, die vor allem die nord-ostdeutschen Flächenländer Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern trifft, sondern auch eine abnehmende Akzeptanz von Erneuerbaren Energien insgesamt, die den notwendigen Ausbau verhindern. Das von uns vorgelegte Gesetz soll durch eine finanzielle Beteiligung von Gemeinden und Einwohnern die Akzeptanz des Ausbaus von Erneuerbaren Energien wiederherstellen und einen Teil des Lastenausgleichs zugunsten Sachsen-Anhalts herstellen.

 

Zum Stand der aktuellen Diskussion

Der § 6 der EEG des Bundes enthält eine Sollvorschrift gegenüber Vorhabenträgern von größeren Windenergieanlagen und Photovoltaikanlagen auf Freiflächen, betroffene Gemeinden aktuell mit 0,2 Cent je produzierter Kilowattstunde am Gewinn zu beteiligen. Diese Summe von 0,2 Cent/Kilowattstunden kann den Netzbetreibern in Rechnung gestellt werden, erhöht jedoch nicht die Netzentgelte, sondern wird aus dem Klimafonds des Bundes refinanziert.

Mehrere Länder gehen über diese Vorschrift hinaus. Als erstes Land hat Mecklenburg-Vorpommern bereits 2016 ein Gesetz zur Beteiligung verabschiedet. Dort gibt es die Alternative, zwischen dem obligatorischen Angebot einer mindestens 20-prozentigen Beteiligung der Standortgemeinden am Vorhaben oder eine Ausgleichsabgabe für betroffene Gemeinden und Einwohnerinnen und Einwohner. Bereits seit vier Jahren gibt es auch in Brandenburg eine entsprechende Regelung, die pro Jahr eine jährliche Abgabe pro Windkraftanlage von 10.000 Euro an die betroffene Gemeinde beinhaltet. Aktuell werden Gesetzesentwürfe in den Ländern Thüringen, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein beraten.

In Sachsen-Anhalt gab es seit Beginn des Jahres mehrere Ankündigungen des Energieministers, ein solches Gesetz auch für Sachsen-Anhalt einzuführen. Geschehen ist bisher noch nichts. Den bisherigen Presseäußerungen ist lediglich zu entnehmen, dass die Sollvorschrift aus dem EEG des Bundes für Sachsen-Anhalt verbindlich gemacht werden soll und damit eine entsprechende Abgabe an die Standortgemeinden vorgenommen werden soll.

 

Zum Gesetzesentwurf

In der Systematik lehnt sich der von der Fraktion DIE LINKE vorgelegte Gesetzesentwurf an den zurzeit im Thüringer Landtag eingebrachten Entwurf der dortigen Koalitionsfraktionen an.

Danach sollen die betroffenen Gemeinden, die im EEG § 6 genannten 0,2 Cent/Kilowattstunde bei der Errichtung von neuen Windkraftanlagen zweckgebunden an die Standortgemeinde (Aufteilung bei mehreren Gemeinden) gezahlt werden. Bei einer 5 Megawattanlage wären das im Jahr in etwa 30.000 Euro (der bisherige Durchschnitt bei den bestehenden Windkraftanlagen 2 Megawatt). Diese Regelung wird in den Gesetzesentwurf für Sachsen-Anhalt weitgehend übernommen.

Anders als in den bisher beschlossenen Gesetzen von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg sieht der Thüringer Entwurf direkte Zuwendungen an betroffene Einwohnerinnen und Einwohner (laut EEG 2,5 Kilometer im Umkreis) in Höhe von 0,1 Cent je produzierter Kilowattstunde vor. Die Umsetzung kann auf verschiedenen Wegen erfolgen, sowohl über Sparkonten als auch über eine reduzierte Stromrechnung und andere Modelle. Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in Sachsen-Anhalt sieht hier 0,2 Cent bzw. in der Höhe der Festlegungen im EEG § 6 vor.

Anders als im Thüringer Gesetzesentwurf sieht der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE eine gleichlautende Regelung für Photovoltaikanlagen ab einer Fläche von einem Megawatt vor. Vorhaben, bei denen die betroffenen Gemeinden zu über 50 Prozent selbst Anteilseigner sind, werden nicht von diesen Regelungen betroffen.

 

Notwendige Veränderungen auf der Bundesebene

Leider kann das Land Sachsen-Anhalt wesentliche Rahmenbedingungen, die zu einer strukturellen Benachteiligung derjenigen Länder mit einem hohen Ausbaugrad Erneuerbarer Energien führen, nicht in eigener Kompetenz auflösen. Deshalb wird die Fraktion DIE LINKE einen Entschließungsantrag zum Gesetzentwurf einbringen, in dem folgende Formulierungen enthalten sein werden:

  • Eine Beteiligung von Gemeinden und Einwohnern muss es auch bei Altanlagen geben können, dafür müssen jedoch die gesetzlichen Voraussetzungen auf Bundesebene geschaffen werden. Wir fordern das Land Sachsen-Anhalt auf, dazu entsprechend aktiv zu werden.
  • Die faktische Bestrafung der Regionen mit einem hohen Ausbaugrad Erneuerbarer Energien durch höhere Netzentgelte muss über die Festlegung bundeseinheitlicher Netzentgelte gestoppt werden.
  • Zur Reduzierung der Strompreise, die durch das Merot-Order-System eine massive Verzerrung erfahren, müssen durch die Umsetzung des Vorschlages der EU-Kommission von 2 oder 4 Strompreiszonen ähnlich umgesetzt werden. 

 

Magdeburg, 5. Oktober 2023