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Eva von Angern zu TOP 13: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Sachsen-Anhalt / Reform des Bestattungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

Seit unserer Initiative hier im Parlament zur Reform des Bestattungsrechts reise ich durch Sachsen-Anhalt, diskutiere mit vielen Menschen, ich werde handschriftlich oder auch über Facebook angeschrieben, ich werde angerufen. Kurzum, der letzte Schritt auf Erden ist ein Thema, welches doch sehr viele Menschen bewegt und für das sehr wohl viele Menschen ganz konkrete Vorstellungen haben. Dabei wurde stets deutlich, dass viele Menschen ganz selbstverständlich selbst über ihr Schicksal nach dem Tod entscheiden wollen und Staat dort keinen bzw. so wenig Raum wie möglich einnehmen sollte. Und das ist gut so.

Heute liegen uns nun drei Beschlussempfehlungen vor. Ich möchte gleich zu Beginn sagen, dass wir der Ablehnung des Gesetzentwurfes von den GRÜNEN und unseres Antrages nicht zustimmen werden. Wir stimmen allerdings der Beschlussempfehlung zu, die sich grundsätzlich zur Reform des Bestattungsgesetzes bekennt. Der kleinste gemeinsame Nenner, aber immerhin.

Es ist gut, richtig und vor allem überfällig, dass wir als Landtag nach dieser sehr breiten öffentlichen außerparlamentarischen aber auch parlamentarischen Debatte uns zum Erfordernis einer Veränderung des Bestattungsgesetzes bekennen. Wir diskutieren über ein künftiges und hoffentlich modernes Einwanderungsgesetz; und da ist einfach niemandem mehr erklärbar zu machen, warum die ethnische Vielfalt in Deutschland/ in Sachsen-Anhalt einer Nivellierung im Tode weichen soll. Genauso wenig ist es zeitgemäß, diese Vielfalt relligionsungebundenen Menschen zu verwehren.

Warum kann ich in Prag (im vereinten Europa) die Urne meines Vaters auf meinem Grundstück begraben, aber in Deutschland meint der Staat, es mir verbieten zu können bzw. gar zu müssen? Mir konnte bisher auch niemand glaubhaft erklären, warum in Sachsen-Anhalt eine sarglose Bestattung bzw. eine Bestattung im Leichentuch nicht möglich/ nicht erlaubt sein soll. Beide großen Kirchen haben sich in der Anhörung für diese Möglichkeit ausgesprochen. Die BestattungsunternehmerInnen haben hier eigene wirtschaftliche Interessen zu vertreten. Sollte das für uns tatsächlich politischer Entscheidungsmaßstab sein?

Hinsichtlich des Umgangs mit den sogenannten Sternen- oder Schmetterlingskindern möchte ich ganz deutlich – vor allem in Richtung der CDU-Fraktion sagen: Ich bin erschrocken über Ihre Positionierung. Zum Glück sind die Kirchen, die KrankenhausmitarbeiterInnen, die BestattungsunternehmerInnen und viele sehr engagierte Ehrenamtliche Ihnen weit voraus. Für diese stehen nicht die Kosten im Vordergrund, sondern die würdige Bestattung eines kleinen Menschenwesens.
Und genau in solchen Momenten kann die kundige Beobachterin erkennen, wie human eine Gesellschaft ist. Ganz klar: die unsrige ist es. Deshalb möchte ich mich auch bei allen bedanken, die sich mit so viel Liebe und Zeit den Angehörigen widmen, die schmerzliches zu verkraften haben.

Da es keine Einigung hier im Hohen Hause trotz wahrscheinlicher Mehrheit für eine Änderung gibt, sind die Kliniken weiterhin qua Gesetz in der Pflicht, für die „hygienisch einwandfreie und dem sittlichen Empfinden entsprechende Beseitigung" zu sorgen.
Bei diesem Punkt hoffe ich sehr, liebe KollegInnen der SPD, dass wir in der nächsten Wahlperiode gemeinsam eine Gesetzesänderung realisieren werden.
Notwendig ist zudem, dass wir die allen Ortens beschworene Willkommenskultur in Sachsen-Anhalt nicht weiterhin an den Friedhofstoren „beerdigen“. Die Aufhebung der Sargpflicht muss also ebenfalls realisiert werden. Dass die Bevölkerung da weiter ist als einzelne KollegInnen der CDU-Fraktion, zeigte jüngst die problemlose Einrichtung muslimischer Gräber in Stendal.

Und ich hoffe auch sehr, dass wir beim Thema Qualifizierung der Leichenschau bzw. der gesetzlich fest geschriebenen verbindlichen Zweiten Leichenschau bei Erdbestattungen in der nächsten Wahlperiode einen wichtigen Schritt vorankommen.

Der Mörder der bulgarischen Studentin in Halle ist bis zum heutigen Tage nicht gefunden worden. Ein trauriger Moment nicht nur für die Angehörigen, sondern auch für den Rechtsstaat. Und es bleibt die Frage: Wäre der Täter nicht schon gefunden, wenn es nicht zu den gemachten Fehlern gekommen wäre? Hier ist dringend gesetzlicher und untergesetzlicher Handlungsbedarf geboten. Das Problem ist seit langem bekannt und Sie weigern sich zu handeln. Warum?

In allen Gesprächen, die ich zu diesem Thema geführt habe, ist eines deutlich geworden: Unsere Toten sind uns nicht egal. Unser eigenes Schicksal nach dem Tod ist uns nicht egal. Das empfinde ich als ein sehr positives Signal, weil es doch zeigt, dass der grundsätzliche Bedarf der Novellierung nun immerhin von allen Fraktionen anerkannt wird.
Menschen haben den Wunsch, ihren Weg nach dem Tod und ihren Weg der Erinnerung selbst zu wählen. Also haben auch wir den Mut, loszulassen und die Menschen für sich entscheiden zu lassen.

Bestattungskultur unterliegt einem ähnlichen Wandel wie eine Gesellschaft. Das sollte uns keine Angst machen, denn niemand wird gezwungen, mit alten, lieb gewonnen Traditionen zu brechen. Das sollte uns die Möglichkeit geben, neue Wege zu beschreiten. Das sollte uns die Chance geben, neue Traditionen zu entfalten.