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Eva von Angern zu TOP 13: Entwurf einer Neufassung des Maßregelvollzugsgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt

Anlass des heute vor uns liegenden Gesetzentwurfs waren die Diskussionen um die Vorkommnisse im Maßregelvollzug in Sachsen-Anhalt bezüglich des Fundes von kinderpornografischen Daten und der technische Fortschritt, dem natürlich auch unser Land anheim fällt.  

Diese Dinge, die dort geschehen sind, rechtfertigen politisch zunächst den heutigen Gesetzentwurf dem Grunde. Nun muss geprüft werden, ob all die Dinge, die in dem Gesetzentwurf eine Veränderung erfahren haben, auch tatsächlich rechtlich erforderlich sind. Wir müssen jede Veränderung, teilweise auch Verschärfung, des Gesetzes daraufhin prüfen, ob sie tatsächlich erforderlich und vor allem auch verhältnismäßig ist.

Wir haben es hier mit einem sehr sensiblen Bereich zu tun, und es ist, wenn man den Gesetzentwurf liest, schon auffällig, dass er verstärkt Vollzugcharakter hat.
Das ist bei dieser schwierigen Materie auch nicht einfach zu entscheiden.
Wir haben es mit verurteilten Straftätern zu tun, deren Straftat in einem engen Zusammenhang mit einer psychischen Störung steht. Das heißt, wir haben es auf der einen Seite mit Therapiemaßnahmen zu tun, die zu einer Heilung, einer Besserung des Zustandes der untergebrachten Person führen sollen, auf der anderen Seite aber auch mit dem Schutz der Allgemeinheit.

Meine Fraktion sieht im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einige offene Fragen. Diese Fragen werden wir vor allem im Rahmen der Ausschussberatung - ich hoffe, dass diese nicht nur im Sozialausschuss, sondern auch im Ausschuss für Recht und Verfassung stattfinden wird - zu beantworten versuchen. Dort müssen wir auch darüber beraten, in welcher Form dieser Gesetzentwurf das Haus verlassen wird.  

Ich möchte einige Punkte anreißen, die wir im Rahmen der Anhörung ansprechen werden. Da ist zum einen die Frage, ob all die Beschäftigten im Maßregelvollzug tatsächlich hoheitliche Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes durchführen müssen.

Eine Frage ist auch, ob es tatsächlich ausreichend ist, dass ein Behandlungsplan innerhalb von sechs Wochen nach der Unterbringung einzuführen ist, oder ob das auch schon eher möglich ist. Ich weiß, es gab vorher keine Regelung im Gesetz, das heißt, wir haben es schon mit einer Verbesserung zu tun. Nichtsdestotrotz würde ich diese Frage durchaus erörtern wollen.

Eine rechtlich andere Auffassung als die Ministerin haben wir zur Frage der Einholung von Prognosegutachten. Es gibt auf der Bundesebene jetzt die Regelung, dass dies nach der StPO alle fünf Jahre geschehen muss. Ich denke aber, dass wir als Land trotzdem entscheiden könnten, dies schon nach vier Jahren zu tun, weil das zugunsten der untergebrachten Personen, der Patienten ist, sodass dies eine Besserstellung wäre. Und dem würde an sich nichts im Wege stehen.

Wir müssen auch darüber diskutieren, ob der Umfang der besonderen Sicherungsmaßnahmen, womit sehr intensive Eingriffe bei den Patienten verbunden sind, tatsächlich erforderlich ist, ob es tatsächlich einer Fesselung im Maßregelvollzug bedarf. Aber das werden uns die Praktikerinnen und Praktiker im Rahmen der Anhörung sagen.

Des Weiteren ist in den Gesetzentwurf ein Disziplinarmaßnahmenkatalog aufgenommen worden. Wir müssen im Ausschuss über die Erfordernis eines solchen Kataloges sprechen und darüber, ob er, wenn er erforderlich ist, tatsächlich in diesem Umfang und Rahmen ausfallen sollte.

Hinsichtlich des Umgangs mit der neuen Technik müssen wir prüfen und hinterfragen, ob das momentan beschäftigte Personal tatsächlich ausreichend ist, um dieses hehre Ziel umzusetzen, ob es tatsächlich ausreicht für die Untersuchung, die Versiegelung von technischen Geräten und die dann folgende Überprüfung.  

Die Regelung zur Mobilfunkverhinderung ist nach wie vor fragwürdig. Wir hatten dazu gestern noch einmal eine Beratung im Rahmen des Mobilfunkverhinderungsgesetzes, das momentan parallel im Parlament ist. Dabei ging es um die Frage: Wird das Umfeld der Maßregelvollzugsanstalt tatsächlich nicht behindert und nicht beeinträchtigt? Ich mache darauf aufmerksam, dass uns die Mobilfunkanbieter darauf hingewiesen haben, dass sie eine Pflicht zum Vorhalt, zur Erreichbarkeit von Notrufnummern haben. Das dürfen wir natürlich nicht unterbrechen.

Zur Frage der optisch-elektronischen Überwachung zur Wahrnehmung des Hausrechts. Da stellt sich mir als Finanzpolitikerin natürlich die Frage, welche Kosten auf uns zukommen - das Hausrecht soll schließlich im gesamten Haus durchgesetzt werden -, also welche Notwendigkeit dafür tatsächlich besteht.

Ich möchte mit zwei positiven Punkten enden. Es ist sehr positiv, dass wir ein Probewohnen mit dem Gesetzentwurf initiieren. Das fördert das, was wir erreichen wollen, nämlich die soziale Reintegration in die Gesellschaft. 

Der andere Punkt betrifft die forensische Ambulanz. Wir haben darüber im Ausschuss für Recht und Verfassung sehr intensiv beraten. Das ist eine sehr sinnvolle Einrichtung. Die Frage ist, ob das, was wir dort momentan an Plätzen vorhalten, ausreichend ist. Es zeichnet sich ab, dass die Plätze sehr schnell besetzt werden.