Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Eva von Angern zu TOP 10: Ehe für alle

Als bekannt wurde, dass in Irland qua Referendum fast zwei Drittel der Wählerinnen und Wähler für die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare votierten, titelte eine überregionale Zeitung: „Hinter dem Mond liegt Deutschland“… Und spätestens seit in der letzten Woche nun auch der nicht gerade für immer moderne Urteile bekannte oberste Gerichtshof der USA sich für die Öffnung der Ehe für Homosexuelle in 50 Staaten ausgesprochen hat, kann man wohl sagen: Recht hat sie. Deutschland liegt hinter dem Mond.

Das Besondere und deshalb so politisch und rechtlich Bedeutende an beiden Entscheidungen ist, dass es sich um Entscheidungen mit Verfassungsrang handelt.
Irland ist damit das erste europäische Land, das sich für eine solche Verfassungsänderung entschieden hat. In den USA hat das höchste Gericht bestätigt, dass die amerikanische Verfassung landesweit - also in allen 50 Staaten - ein Recht auf gleichgeschlechtliche Eheschließungen garantiere und garantieren muss.
Und das Signal in alle Länder und natürlich damit auch nach Deutschland ist: Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung ist ein Auslaufmodell.

Und genau deshalb wird auch meine Fraktion, wird die Partei DIE LINKE unmissverständlich in die 7. Wahlperiode mit eben dieser Forderung nach einer Änderung der Landesverfassung Sachsen-Anhalts gehen. Auch in Sachsen-Anhalt bedarf es einer Ergänzung des Artikels 7, der die Gleichheit vor dem Gesetz“ manifestiert, namentlich um das Merkmal der „sexuellen Orientierung“.

Worüber reden wir eigentlich? Welche Regelungslücke besteht in Deutschland? Es geht tatsächlich - trotz der Einführung des Instituts der Eingetragenen Lebenspartnerschaft - „nur“ noch um den Titel der „Ehe“ und um das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare.
Gleichgeschlechtlichen Paaren ist bis heute die Ehe verwehrt, was eine konkrete und symbolische Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität darstellt.
Angesichts hinreichender Anhaltspunkte für einen gesellschaftlichen Wandel und der damit verbundenen Änderung des traditionellen Eheverständnisses gibt es jedoch absolut keine haltbaren Gründe, homo- und heterosexuelle Paare unterschiedlich zu behandeln und am Ehehindernis der Gleichgeschlechtlichkeit festzuhalten.

In der Bevölkerung wird heute schon im Alltagsgebrauch/ in der Alltagssprache nicht mehr zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft unterschieden. Die Eingehung einer Ehe und die Begründung einer Lebenspartnerschaft werden unterschiedslos als „heiraten“ bezeichnet.
Und meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, insbesondere der CDU-Fraktion: Einmal mehr zeigt sich, dass die Gesellschaft Ihnen weit voraus ist und ihre vermeintlichen Ängste und Vorbehalte eben nicht gesellschaftlich geteilt werden. Gut so.

Betrachten wir nun die Debatten hierzu im Bundestag, ist festzustellen, dass es gerade wieder die Krux der sogenannten Großen Koalition ist, die eine solche Gleichstellung verhindern will und leider wohl auch verhindern wird. Heiko Maas wird mit den Worten zitiert: „eine vollständige Gleichstellung sei in der Koalition leider nur schwer realisierbar.“
Die CDU verwies flink öffentlich auf den gemeinsamen Koalitionsvertrag, der eine Öffnung der Ehe nicht vorsehe… „Man wolle eine so hochpolitische Entscheidung breit in CDU und CSU diskutieren.“ Ich frage mich nur, wie lange Sie das noch tun wollen. Und wie nicht anders zu erwarten, schweigt die Kanzlerin zu einer solch „hochpolitischen Frage“. Wohl besser, als einem Bauchgefühl nachzugeben.
Doch klar ist: Eine rein rechnerische Mehrheit für eine tatsächliche Öffnung der Ehe und Gleichstellung existiert im Bundestag: Die SPD wäre gemeinsam mit der LINKEN und den GRÜNEN in der Lage, ihre Ankündigungen umzusetzen. Gleiches gilt für den heute hier zu entscheidenden Antrag.

Nun können Sie natürlich den Standpunkt vertreten, dass allein eine gesellschaftliche Mehrheit nicht rechtfertigt, dass eine bestimmte normative Handlung durch die Politik vorgenommen werden muss. Doch es gibt ein Argument für die Öffnung der Ehe. Ein Argument, das auch schon vor dem irischen Referendum galt: Wir reden hier über nicht mehr und nicht weniger als die Durchsetzung von Menschenrechten; nämlich die Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Transgender. Und Menschenrechte sind nicht an einem Tag schick und modern und deshalb durchsetzbar. Menschenrechte gelten immer und universal. Und da gebe ich dem Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion absolut Recht, der heute in der Volksstimme zitiert wird, dass es sich hier nicht um eine Gewissensentscheidung handelt.

Und nun erlaube ich mir noch ein Zitat aus der Süddeutschen von Carolin Emcke einzuführen: Im Grundgesetz ist festgeschrieben: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Und es heißt eben nicht: „Die Würde nur jener Menschen, denen auch die Mehrheit diese Würde zugesteht, ist unantastbar.“ Schöner hätte ich es nicht sagen können. Es geht ganz klar um eine Korrektur von Unrecht. Eine Korrektur, die schon längst überfällig ist.

Und zur Rolle der Familie: Kinder leiden nicht, wenn sie von zwei Vätern oder zwei Müttern liebevoll erzogen werden. Sie leiden darunter, wenn Eltern sich im Streit trennen; wenn sie zwei Mütter haben, die von der Gesellschaft ausgegrenzt werden; wenn sie bei ihrer alleinerziehenden Mutter in Armut leben müssen. Sie leiden unter einer kinderfeindlichen Gesellschaft. Hier kann und muss Politik gern aktiv werden und damit hätten wir schon genug zu tun. Lassen Sie uns nicht die Zeit damit vergeuden, Menschen Steine in den Weg zu legen, die in welcher Form des Zusammenlebens auch immer, bewusst und liebevoll für Kinder Verantwortung tragen wollen.

Das Abendland wird durch die Öffnung der Ehe nicht untergehen. Wir sollten dies mehr eine Chance als ein Risiko sehen und dies mit all unseren Möglichkeiten unterstützen. Trauen Sie sich.