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Eva von Angern zu TOP 04: Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Untersuchungshaft in Sachsen-Anhalt

DIE LINKE wird dem vorliegenden Gesetzentwurf, wie sie es auch schon im Ausschuss für Recht und Verfassung getan hat, zustimmen. Insbesondere die Tatsache, dass wir es hierbei mit einem gesonderten, vom Strafvollzugsgesetz unabhängigen Gesetz zu tun haben, werten wir als positiv.

Nichtsdestotrotz haben auch wir einige Kritikpunkte. Das betrifft insbesondere zwei Probleme, nämlich die Regelung in Bezug auf eine stärkere Verankerung von Hilfsangeboten und die Regelung zur Verpflichtung zu einer verbindlichen Angebotsstruktur bezüglich des allgemeinen und berufsbildenden Unterrichts.  

Es ist bedauerlich, dass das nicht aufgenommen wurde. Die Gründe dafür sind offensichtlich und sie waren auch im Ausschuss offensichtlich: Es mangelt an dieser Stelle vor allem am Geld. Der Ausbau der vollzuglichen Angebote stößt derzeit an die finanziellen Grenzen des Landeshaushalts.

Im Ergebnis ist jedoch festzustellen, dass das Gesetz einen Rahmen für den Vollzug der Untersuchungshaft bildet. Die Ausgestaltung dieses Rahmens liegt jeweils im Ermessen der Anstalten. Die Anstalten leisten momentan durchaus eine gute Arbeit, doch sie stoßen eben auch an ihre Grenzen.
Dazu möchte ich vor allem ein Stichwort nennen: das Problem des Fachkräftemangels, das wir im Land nicht nur bei Lehrerinnen und Lehrern sowie Erzieherinnen und Erziehern haben, sondern auch im Bereich der Justizvollzugsanstalten. Das ist nicht ein Thema der Zukunft, es ist ein momentanes Thema.
Vielleicht noch einmal als Erinnerung dazu die Worte der Justizministerin in der Enquetekommission: „An dieser Stelle ist zu bemerken, dass wir noch nicht in allen Anstalten das gewährleisten können, was verfassungsrechtlich eigentlich vorgeschrieben ist.“  

Über diese Dinge haben wir im Rechtsausschuss beraten. Und ich erwarte dazu eine offensivere Positionierung in der Öffentlichkeit und natürlich auch im Kabinett. Es wird nicht zur Geltung kommen, dass der, der am lautesten schreit, das meiste Personal bekommt, nichtsdestotrotz denke ich, dass auf die Gefahr des Fachkräftemangels hinzuweisen ist.  

Einen Dissens zu dem Wunsch im Änderungsantrag der FDP hat DIE LINKE hinsichtlich des Empfangs von Lebensmitteln. Es geht hier nicht allein um das Risiko der Fluchtgefahr, sondern auch um das Risiko der Selbstgefährdung. Dies ist aufgrund der Erfahrungen, die wir im Bereich der U-Haft haben, nicht zu unterschätzen.  

Was wir positiv bewerten, ist die Aufnahme der Taschengeldregelung. Es ist wichtig, dass hierbei eine Vorleistung durch die Anstalt gewährleistet ist, bis der Sozialhilfeträger entsprechende Zahlungen vornimmt. Das mindert nicht alle, aber einige Probleme der U-Häftlinge.

Für die Zukunft kann ich ankündigen, dass meine Fraktion die Umsetzung des Gesetzes durchaus kritisch verfolgen wird, insbesondere hinsichtlich der U-Häftlinge im Bereich der Jugendlichen und Heranwachsenden. Der DVJJ hatte in der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf ganz deutlich hervorgehoben, wie wichtig die Qualifikation des Personals in der U-Haft ist, gerade für jugendliche Straffällige. Er hat ganz deutlich eingefordert, dass es hierbei einer pädagogischen, psychologischen und sozialpädagogischen Betreuung bedarf. Dazu ist einfach zu konstatieren, dass unser Personal das eben noch nicht in vollem Umfange bietet.  

Es bleibt auch wichtig, dass wir die U-Haft-Vermeidungsprojekte, die wir im Land haben und die noch nicht gänzlich ausgeschöpft werden, intensiver einbeziehen und das auch in enger Zusammenarbeit mit den Jugendämtern vor Ort.  

Zusammenfassend stelle ich fest, dass der vorliegende Gesetzentwurf der momentanen Situation durchaus angepasst ist, dass er eine gute Regelung für den Vollzug der U-Haft hier in Sachsen-Anhalt darstellt. Es gibt sicherlich noch an der einen oder anderen Stelle Verbesserungsbedarf. Es wird auch während der Umsetzung in den nächsten Jahren noch zu weiteren Dingen kommen, die zu einer Verbesserung führen werden. Das können wir vielleicht auch in einer neuen Regierungskoalition besprechen und lösen.