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Einstellung von Lehrkräften im Seiteneinstieg läuft aus dem Ruder

Wegen der seit langem unzureichenden Ausbildung von neuen Lehrkräften sind die Lehrkräfte im Seiteneinstieg inzwischen für die Unterrichtsversorgung unverzichtbar geworden. Die Einstellung dieser Lehrkräfte, die keine pädagogisch-didaktische Ausbildung als Lehrkraft haben, ist aber auch mit vielen Problemen verbunden. Wenn der Anteil der Lehrkräfte im Seiteneinstieg inzwischen in einigen Schulformen lawinenartig anwächst, dann eskalieren auch die mit dem Einsatz verbundenen Probleme. Darauf weisen die Zahlen aus einem aktuellen Monitoring zum Seiteneinstieg in Sachsen-Anhalt hin, die im Rahmen einer Kleinen Anfrage erhoben wurden. Dazu erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecher, Thomas Lippmann:

„Die Arbeit als Lehrkraft im Seiteneinstieg ist kein Spaziergang. Wenn hier die Unterstützung durch erfahrene Mentoren sowie das behutsame Heranführen an die täglichen Herausforderungen zu wünschen übriglassen und es nur wenig Qualifizierungsangebote gibt, dann ist man schnell wieder aus dem Schuldienst ausgeschieden. Wenn im zurückliegenden Jahr 2023 nach einem erneuten kräftigen Anstieg allein 239 Lehrkräfte im Seiteneinstieg den Dienst wieder quittiert haben, dann ist das allarmierend und ein Verschleiß an personellen Ressourcen, den sich das Land nicht länger leisten kann.

Äußerst bedenklich sind auch weitere Entwicklungen. Von den am Stichtag 31.12.2023 beschäftigten 1.898 Lehrkräften im Seiteneinstieg verfügten nur noch 1.153 (61 Prozent) über einen wissenschaftlichen Hochschulabschluss. Die radikale Absenkung der Anforderungen für den Einstieg in den Schuldienst des Landes spült immer mehr Lehrkräfte in die Schulen, bei denen beim Unterrichten erhebliche Probleme zu erwarten sind.

Außerdem verteilen sich die Lehrkräfte im Seiteneinstieg höchst ungleich auf die einzelnen Schulformen. Während an den Gymnasien nur etwas mehr als 5 Prozent der Lehrkräfte keine vollständige Ausbildung als Lehrkraft haben (davon fast alle mit einem wissenschaftlichen Hochschulabschluss) sind es an den Sekundar- und Gemeinschaftsschulen viermal so viele (davon fast 40 Prozent ohne wissenschaftlichen Hochschulabschluss). Fast jede vierte Lehrkraft an den Sekundar- und Gemeinschaftsschulen (22,8 Prozent) ist heute schon keine ausgebildete Fachlehrkraft mehr – bei stark steigender Tendenz.

Letztlich steigt dadurch auch die Anzahl der Lehrkräfte mit schlechter Bezahlung. Ein erheblicher Anteil von ihnen ist bis zu drei Entgeltgruppen niedriger eingruppiert (E10 statt E13) als die vergleichbaren Lehrkräfte mit voller Ausbildung. Vor allem an den Grundschulen arbeiten Beschäftigte als Lehrkräfte für die Bezahlung von Schulsozialarbeiter:innen (E10) bzw. von pädagogischen Mitarbeiter:innen (E9). Diese niedrige Bezahlung entlastet zwar den Landeshaushalt erheblich, es ist aber auch einer der Gründe, weshalb Lehrkräfte in so großer Anzahl den Schuldienst nach relativ kurzer Zeit wieder verlassen.

Das System der Lehrkräfte im Seiteneinstieg ist extrem instabil und es bedarf wesentlich größerer Anstrengungen durch die Schulbehörden, wenn diese Kolleg:innen dauerhaft einen qualitativ hochwertigen Beitrag zum Bildungsangebot in unseren Schulen leisten sollen.

Die Linke fordert dringend mehr Unterstützung und Entlastung für den Erwerb von Unterrichtskompetenzen in den Einsatzschulen, mehr Qualifizierungsangebote insbesondere die Zulassung zum berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst auch mit nur einem Fach und realistische Aufstiegsmöglichkeiten für alle Lehrkräfte im Seiteneinstieg im Wege der Feststellung der Bewährung in der Tätigkeit.“

 

Anlage:

Schulform

Lehrkräfte insgesamt *) **)

Lehrkräfte im Seiteneinstieg ***)

Anteil der Lehrkräfte im Seiteneinstieg

Grundschule

4.004

390

9,7 %

Sekundar- und Gemeinschaftsschulen

3.606

823

22,8 %

Gymnasien

3.386

189

5,6 %

Gesamtschulen (mit Sportschulen)

508

71

14,0 %

Förderschulen

1.949

227

11,6 %

Allgemeinbildende Schulen

13.453

1.700

12,6 %

       

*) Antwort der Landesregierung auf die KA 8/1940 - Anlage 1 zu Frage 3

**) ohne langzeiterkrankte Lehrkräfte, Lehrkräfte an Behörden, beurlaubte Lehrkräfte und Sabbatical

***) Antwort der Landesregierung auf die KA 8/1962 - Frage 1

 

 

Magdeburg, 5. März 2024