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Doreen Hildebrandt zu TOP 8: Entwicklung der Bienen und Imkerei in Sachsen-Anhalt

Sehr geehrte Damen und Herren,


ein Biologe würde diese Rede folgendermaßen beginnen: Insekten und Blütenpflanzen verbindet eine Koevolution über Jahrmillionen hinweg. Insbesondere die Bienen spielen dabei eine große Rolle. Die gemeinsame Entwicklung in der Erdgeschichte bedingt dabei die große Abhängigkeit voneinander. Ohne Bestäuber werden die Blütenpflanzen nicht befruchtet – ohne genügend Blütenpflanzen können die Bestäuber nicht leben. Diese gegenseitige Abhängigkeit ist von hoher Bedeutung für den Schutz der Biodiversität, aber eben auch für die Nutzung von Pflanzen und besonders der Bienen in der Landwirtschaft. Der Mensch hat also durch seine intensive Nutzung der Natur eine hohe Verantwortung. Denn der Verlust von Biodiversität schlägt unmittelbar auf die eigene Existenz zurück.

Und spätestens nach dieser Einleitung müsste jedem das Problem klar sein: Die Antworten der Landesregierung auf die große Anfrage lassen daher kaum Grund zur Freude. Zwar steigen in den letzten Jahren die Zahl der Imkereien einerseits und die der Bienenvölker andererseits stetig an. Aber Sachsen-Anhalt ist mit 0,67 Bienenvölkern pro km² das Bundesland mit den wenigsten Bienen. Alarmierend ist auch, dass derzeit mehr Bienenvölker in Städten als auf dem Land leben. An dieser Stelle ein Dankeschön an die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für den Honig. Wenn Sie auf dessen Etikett schauen, stellen Sie fest, dass der aus Magdeburg kommt.

Was kann man also tun?

Ziel muss es zum einen sein, die Bienenvölker, die vorhanden sind, zu schützen. Und zum anderen muss die Population insgesamt erhöht werden.

Es gibt Lösungen, nämlich:

1. das Nahrungsangebot zu sichern, damit die Bienen nicht verhungern. Ich war überrascht, als ich zum ersten Mal gelesen habe, dass Imker ihre Bienen füttern müssen, weil sie nicht genug Nahrung in ihrer Umwelt finden. Das liegt daran, dass in der modernen Agrarlandschaft Blühpflanzenarmut herrscht, Beikräuter auf Äckern als Erntegutverunreinigung oder Konkurrenz rigoros beseitigt werden, bienenfreundliche Ackerkulturen oder Randstreifen fehlen und es noch immer zu wenig mehrjährige Hecken- und Blühstreifen gibt.

2. die Bienengesundheit zu fördern, dabei insbesondere die Bekämpfung der Varroa Milbe und den restriktiven Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft (nur als Randbemerkung: in Deutschland sind derzeit noch immer 31 Pflanzenschutzmittel zugelassen, die die Bienengesundheit massiv gefährden).

3. Das Bewusstsein für die Bedeutung der Bienen bei allen Menschen muss geschaffen werden. Dazu gehört eine offensive Öffentlichkeitsarbeit sowie Marketingaktivitäten, bessere Vermarktung von regionalem Honig aber auch Schulungs- und Beratungsangebote für Imkerinnen und Imker und die Neuimkergewinnung. Innerhalb der Agrarpolitik müssen Aspekte der Bienenhaltung bei der Gestaltung von Agrarumweltmaßnahmen besondere Beachtung geschenkt werden.

Diese 3 Lösungsansätze schaffen die Imkerinnen und Imker nicht allein, auch wenn im Bereich der Forschung das Länderinstitut für Bienenkunden Hohen Neundorf e.V. (LIB) sehr gute Arbeit leistet. An dieser Stelle ein Dank dafür. Wir sollten stärker auf unsere sehr gute Forschungsinfrastruktur zurückgreifen und die wissenschaftlichen Erkenntnisse einbeziehen. Dazu gehören neben dem LIB auch die Martin Luther Universität, das Umweltforschungszentrum und das iDiv.

Der Imkerverband Sachsen-Anhalt schlägt seit Jahren Alarm und fordert eine erfahrene Fachkraft, die den Imkerinnen und Imkern bei Problemen zur Seite steht, im Land unterwegs ist – so wie in anderen Bundesländern ein staatlicher Bienenzuchtberater üblich ist. Dieser könnte nicht nur im Rahmen der Verbesserung der Bienengesundheit und der Verhinderung der Bienenvölkerverluste unterstützen, sondern auch den Wissenstransfer vorantreiben. Der Bienenzuchtberater kann dann auch als Bindeglied zu den Landwirten fungieren und auch zur Sensibilisierung für die Bedeutung der Bienen beitragen. So wie es gute Gründe zur Zusammenarbeit zwischen Imkerei und Landwirtschaft gibt, gibt es auch schon Beispiele. Wenn Sie immer Sommer durch unsere schöne Börde fahren, sehen Sie vereinzelt Weizenfelder, die rot und blau von Mohn und Kornblumen umrandet sind. Vielleicht sind das die blühenden Landschaften, von der die CDU seit knapp 28 Jahren spricht.

Aber diese sind nicht die Regel, es gibt auch Felder, wo jegliche Feldbegleitflora im Keim erstickt wurde, und das ist für die Bienen tödlich. Kluge Landwirte haben es ja auch schon begriffen, dass mehrjährigen Hecken- und Blühstreifen zur Regel in unserem Land werden müssen. Das hat ja nicht nur Effekte für den Insektenschutz sondern bietet sich in Gewässernähe auch an, um den Schadstoffeintrag beim Düngen zu reduzieren. Wenn Landwirt und Imker Hand in Hand arbeiten, könnten sie sogar den Pestizideinsatz so absprechen, dass die Bienen in dieser Zeit eingesperrt bleiben oder zu Zeiten Schädlingsbekämpfungsmittel ausgebracht werden, zu denen Bienen gerade nicht fliegen.

Das Land kann nicht nur die Imker in den Bereichen Bienennahrung, Bienengesundheit und Öffentlichkeitsarbeit unterstützen. Das Land muss.

Einen positiven Nebeneffekt hat diese Unterstützung zusätzlich: Wo Hecken- und Blühstreifen entstehen, finden nicht nur unsere Honigbienen genug Futter. Auch Wildbienen und andere Insekten finden wieder eine Heimat. Für die Vogelwelt sind Insekten unentbehrlich. Selbst die Körnerfresser, wie Haus- und Feldsperling, benötigen Insekten, vor allem zur Aufzucht ihrer Jungen. Ich will die Gefahr eines stummen Frühlings nicht heraufbeschwören, aber die Lärche, die jedes Jahr vor meinem Fenster sang, hat sich schon dieses Jahr nicht zu Wort gemeldet. Nicht nur Vögel, auch Lurche, Kriechtiere, Fledermäuse und viele andere sind auf Insekten angewiesen. Das ganze biologische System, in dem wir leben, ist betroffen.

Darum ist es höchste Zeit, Imkerinnen und Imker deutlicher zu unterstützen und die gesamte Gesellschaft für das Problem zu sensibilisieren.

Die Natur zeigt uns doch die Möglichkeiten von Koexistenz und Zusammenarbeit – gerade bei Bestäubern und Blütenpflanzen. Warum lernen wir nicht von ihnen?

Danke.