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Doreen Hildebrandt zu TOP 5: Modellversuch zum "begleiteten Fahren ab 16"

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie wissen, waren wir damals für das Modell „Begleitetes Fahren ab 17“ und werden auch dem heute vorliegenden Antrag zustimmen. Im Punkt „Vision Zero“ ist es nämlich tatsächlich ein Unterschied, ob ein junger Mensch im PKW sitzt oder auf einem 125er Motorrad, bei dem es keine Knautschzone gibt.

Allerdings geht das Problem tiefer, was ich Ihnen an 2 Punkten verdeutlichen möchte:

1. Wirkliche Verkehrssicherheit entsteht durch gut ausgebauten ÖPNV und separate Radwege. Dass die Koalition das selbst weiß, lässt der letzte Satz in der Begründung erkennen.

Trotzdem an dieser Stelle ein Zitat aus der Unfallstatistik für 2017 vom statistischen Bundesamt: „Die Dominanz des Pkw im Straßenverkehr belegt der hohe Anteil der Pkw-Benutzer an den Unfallopfern: 45,1 % der Verkehrstoten sowie 56,0 % der Verletzten kamen in einem Pkw zu Schaden. 18,3 % der Getöteten waren Benutzer von Krafträdern mit amtlichen Kennzeichen, 15,2 % Fußgänger und 12,0 % benutzten ein Fahrrad.“ Zitat Ende. Nutzerinnen und Nutzer von Bus, Bahn und Straßenbahn leben deutlich sicherer.

Anstatt nun einen jungen Menschen also in einen PKW zu setzen, sollten wir den ÖPNV ausbauen und für mehr Radwege sorgen. Wir haben diesbezüglich schon mehrere Anträge gestellt, werden das auch weiterhin tun und die nächsten ausdrücklich mit der „Vision Zero“ begründen, vielleicht werden sie ja dann mehrheitsfähig.

2. In Sachsen-Anhalt ist Mobilität im ländlichen Raum ohne eigenes Fahrzeug kaum noch möglich. Das ist für Menschen, die aus ökologischen Gründen auf ein Fahrzeug verzichten wollen, für Menschen, die aus ökonomischen Gründen darauf verzichten müssen und für Menschen, die noch nicht oder nicht mehr ein eigenes Fahrzeug nutzen können, besonders bitter.

Die nun mit vorliegendem Antrag angebotene Lösung betrifft einen winzigen Teil dieser 3 Bevölkerungsgruppen, nämlich nur den der 16-jährigen, deren „Begleiter“ auch Zeit haben, tagsüber sich bei der Fahrt zum Sportplatz im Nachbardorf oder zur Musikschule in der nächsten Kreisstadt daneben zu setzen. Die 16-jährigen, deren „Begleiter“ keine Zeit dafür haben, werden weiterhin nach dem Führerschein AM auch den A1 machen, wenn in den Familien das Geld dafür da ist. Wenn das Geld nicht vorhanden ist, werden die 16-jährigen eben wie bisher auch auf soziale Kontakte außerhalb des eigenen Dorfes und der eigenen Schule verzichten müssen.

Das scheint der antragstellenden Fraktion aber ziemlich egal zu sein. Hauptsache, die Fahrschulen haben keine Einbußen und dafür ist ja mit Nummer 2 Ihres Antrages gesorgt.

Es ändert sich also aus sozialer, ökologischer und ökonomischer Sicht nicht viel. Gleichwohl gönnen wir dem kleinen Personenkreis, der dann in den Genuss des „begleiteten Fahrens mit 16“ kommt, die Chance, sein eigenes Unfallrisiko zu verringern.

Und: ja, ich wiederhole mich, aber vielleicht tritt dadurch bei dem einen oder anderem Angeordneten ein Lerneffekt ein:

Um die Mobilität für alle zu erhöhen, brauchen wir im Land einen gut ausgebauten, jugendgerechten ÖPNV und den am liebsten fahrscheinlos und umlagefinanziert.

Danke.