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Doreen Hildebrandt zu TOP 12: Infrastrukturgesellschaft stoppen

Es war einmal vor nicht allzu langer Zeit, nämlich am 10.12.2015, da diskutierte der Landtag der 6. Legislaturperiode hier über die Anträge „Bundesfernstraßengesellschaft stoppen“ und „bewährte Struktur der Bundesauftragsverwaltung beibehalten“.
Dabei fielen viele kluge Worte, z.B. von Frau Schiergott, CDU: „Mit der Bundesauftragsverwaltung wird sichergestellt, dass die Kompetenz und die Erfahrung bei der Straßenbauverwaltung vor Ort genutzt werden können. Daran wollen wir festhalten.“
Unser damaliger und jetziger Verkehrsminister wurde sogar philosophisch mit dem Satz -ich zitiere- „Verbessern kann man alles, aber man sollte das, was man verbessern kann, nicht unbedingt abschaffen.“ Herr Hövelmann, SPD, ging damals in die Tiefe und erklärte:  „Wenn man sich den Vorschlag, der auf der Bundesebene entwickelt worden ist, genau anschaut, dann stellt man fest, dass es um die Finanzierung von Straßenbauprojekten außerhalb öffentlicher Haushalte geht.“ Und auch Frau Berthold von den Grünen stellte fest: „Das Eigentum an einer möglichen Bundesfernstraßengesellschaft sollte weiterhin in öffentlicher Hand liegen“

Mein geschätzter Genosse Frank Hoffmann brachte es damals auf den Punkt – und das soll jetzt mein letztes Zitat aus dieser Landtagssitzung sein: „Mit der Bildung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft sind die öffentlichen Straßenbauverwaltungen der Länder in ihrer Existenz bedroht. Wenn die Bundesfernstraßen wegbrechen, dann ist eine effiziente Bewirtschaftung der Landesstraßen über alle Dienststellen und Landesteile nicht mehr gegeben. Folglich droht ein massiver Personalabbau.“

Der Antrag in der Drucksache 6/4623 mit dem Titel „bewährte Strukturen der Bundesauftragsverwaltung beibehalten“ wurde mit den Stimmen der Koalition und der Linken angenommen und die Abgeordneten leben glücklich und zufrieden – bis zum 14.10.2016.
 
Das sind immerhin 10,5 Monate. In dieser Zeit haben die Mitarbeiter der Landesstraßenbaubehörde neben ihren regelmäßigen Aufgaben für Erhaltung, Betrieb, Neu-, Um- und Ausbau auch alle Investitionsprogramme wie immer erfolgreich umgesetzt – dafür einen herzlichen Dank.

Es gilt auch weiterhin, dass es aus Sicht des Landes keinen überzeugenden Grund gibt, die gut funktionierende Straßenbauverwaltung durch eine zentralisierte Infrastrukturgesellschaft zu ersetzen. Außer einem: Die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab 2020. Das Ergebnis wird von allen Beteiligten gefeiert. Der Preis dafür wird nur am Rande erwähnt. Ich zitiere aus dem Beschluss der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern am 14.10.16 in Berlin: „Reform der Bundesauftragsverwaltung mit Fokus auf Bundesautobahnen und Übernahme in die Bundesverwaltung (übrige Bundesfernstraßen opt out). Es soll eine unter staatlicher Regelung stehende privatrechtlich organisierte Infrastrukturgesellschaft Verkehr eingesetzt und das unveräußerliche Eigentum des Bundes an Autobahnen und Straßen im Grundgesetz festgeschrieben werden.“

Das heißt nichts anderes, als die Negierung des eingangs erwähnten Landtagsbeschlusses, die massive Privatisierung öffentlichen Eigentums, einen Rückschlag für die nachhaltige Mobilität und den Verlust von Arbeitsplätzen im Land.


Auch wenn ich jetzt alle, die am 10.12.15 auch hier gesessen haben, langweile, bleibt mir nichts anderes als die immer noch richtigen Argumente zu wiederholen:


1. Infrastrukturbereiche mit Bundeszuständigkeit sind leider keine Erfolgsgeschichten,  im Gegenteil. Bei den Wasserstraßen gibt es massive Schwierigkeiten mit der Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, die zu einem Sanierungsstau bei den Schleusen geführt haben. Bei der Schiene fehlen ebenfalls Möglichkeiten der Steuerung und Einflussnahme auf die DB AG – ich erinnere nur an die Ohnmacht unseres Verkehrsministers bei den Schließungsplänen der Güterbahnhöfe in Land. An den Milliardenstreit mit Toll Collect, bei dem 11 Jahre nach Beginn noch kein Ende in Sicht ist, will ich gar nicht denken. 2. Die Klimawende im Verkehr erlebt mit einer Infrastrukturgesellschaft einen deutlichen Rückschlag. Bisher werden Mineralölsteuern, Maut und ähnliche Abgaben auch zur Förderung nachhaltiger Mobilität eingesetzt. Mit der Infrastrukturgesellschaft soll ein geschlossener Finanzkreislauf „Straße“ geschaffen werden. Das heißt schlechte Zeiten für Schiene und ÖPNV. Nur so lassen sich hohe Renditen erzielen, die im Zusammenhang mit der Umgehung der Schuldenbremse der Steuerzahler tragen wird. 3. Die Arbeitsplätze bei der Landesstraßenbaubehörde stehen damit vor einer unsicheren Zukunft. Die Verkehrsminister der Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen und NRW haben bereits die Mitarbeiter ihrer Landesbetriebe schriftlich darüber informiert, dass der Beschluss der Regierungschefinnen und Regierungschefs von den Ländern und dem Bund Auswirkungen auf ihre Arbeitsplätze haben wird und sich die Verkehrsminister dieser Länder intensiv mit den Veränderungen befassen und sich für die Wahrung der Interessen für die Beschäftigten einsetzen wollen. Ich bestreite nicht, dass es noch keine konkreten Pläne gibt. Aber aus dem Bundesfinanzministerium dringen Ideen, in denen es um den Übergang von Personal- und Sachmitteln“ geht, hier besonders um Löhne und Pensionen von Tausenden von Mitarbeitern von Landesstraßenbaubehörden, die auf den Bund übertragen werden müssten.


Auch wenn die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems insgesamt positiv zu bewerten ist, lassen sich diese Punkte nicht einfach vom Tisch wischen. Das verdeutlichen auch die Protokollerklärungen der Länder Thüringen und Niedersachsen zu dem Beschluss vom 14.10.2016. Darum bitte ich Sie, unserem Antrag zu folgen, damit den Beschluss vom 10.12.15 zu bekräftigen und den Fortbestand der Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen zu sichern.