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Das Problem ist nicht Herr Sellering – es ist der Kampfbegriff „Unrechtsstaat“

Zu Äußerungen des Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern Erwin Sellering zum Thema „Unrechtsstaat DDR“ und entsprechenden politischen Reaktionen erklärt der Vorsitzende der Fraktion Wulf Gallert

Zu Äußerungen des Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern Erwin Sellering zum Thema „Unrechtsstaat DDR“ und entsprechenden politischen Reaktionen erklärt der Vorsitzende der Fraktion Wulf Gallert:

„Ministerpräsident Sellering wird nun heftig gescholten, dies aber zu Unrecht, und dass regierungsamtlich. Das Mitglied des Deutschen Bundestages Gesine Lötzsch befragte im Oktober 2008 die Bundesregierung zum Thema „Unrechtsstaat“ und erhielt folgende bemerkenswerte Antworten: „Den Begriff ›Unrechtsstaat‹ gibt es im Völkerrecht nicht.“ Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags erklärte: „Eine wissenschaftlich haltbare Definition des Begriffs ›Unrechtsstaat‹ gibt es weder in der Rechtswissenschaft noch in den Sozial- und Geisteswissenschaften." Und weiter: „ … es (geht) zumeist darum, die politische Ordnung eines Staates, der als Unrechtsstaat gebrandmarkt wird, von einem rechtsstaatlich strukturierten System abzugrenzen und moralisch zu diskreditieren.“ (s. auch Neues Deutschland, 06.12.2008, S. 1)

Im Gegensatz zu anderen – auch und gerade der CDU – stellt sich DIE LINKE wie seinerzeit die PDS - der Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte. Und es wurde oft genug betont: Die DDR war kein Rechtsstaat, dies lässt sich hinlänglich und vielfach belegen.

Der Begriff „Unrechtsstaat“ allerdings taugt offenbar nicht zur Charakterisierung der DDR, schon, weil er jeglicher belastbarer Grundlage entbehrt. Es handelt sich um einen ideologischen Kampfbegriff, und er wird auch so verwandt. Hier ist Ministerpräsident Böhmer mit seinen heutigen Äußerungen in der Leipziger Volkszeitung ausdrücklich zuzustimmen.

Was immer sich die, die gerade jetzt, im Jahr 2009 durch die Lande und durch die Medien ziehen und alles auf die einfache Erklärung „DDR = Unrechtsstaat“ reduzieren wollen, von ihrem Tun versprechen mögen – sie argumentieren bewusst irreführend, wollen verschleiern statt aufklären.

Aber wem soll es nutzen, wenn jetzt der ideologische Klassenkampf á la CDU fröhliche Urständ feiert? Denkende Menschen in Ost und West schütteln die Köpfe und wenden sich ab. Auch so wird Politik diskreditiert.

Gerade das Jahr 2009 mit seinen vielen Jahrestagen sollte Anlass genug sein, mit diesem unseligen Treiben endlich aufzuhören und statt dessen die getrennte wie die gemeinsame Geschichte in Deutschland nach 1949 ernst zu nehmen, vor allem und zuerst der Menschen wegen, die hier leben und gelebt haben. Ihr Anspruch, dass ihnen Gerechtigkeit widerfahren möge, darf nicht mit kleinlichen ideologischen Attacken ad absurdum geführt werden.“

Magdeburg, 24. März 2009