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Dagmar Zoschke zu TOP 1a: Aktuelle Debatte „Dieselfahrverbot – undurchsichtig – lähmend – enteignend“

Anrede!

Wären wir jetzt in den Babelsberger Filmstudios, würde ich sage „Angstmache – Klappe die Zweite“. Bereits im Dezember des vergangenen Jahres haben wir uns hier, mit einem von ihnen beschworenen Szenario eines scheinbaren Verbotes von Dieselfahrzeugen beschäftigen müssen, jetzt versuchen wir es mit einer aktuellen Debatte. Na, gut!

Offenbar ist es dem Antragsteller sehr wichtig, zu untersetzen, dass am Horizont genau dieses generelle Dieselfahrverbot droht.

Das ist nicht der Fall, allerdings macht es im Gegensatz dazu aus unserer Sicht sehr deutlich, dass der Antragssteller nicht nur befürwortet, sondern gar einfordert, dass weiter unbegrenzt Diesel-Schadstoffe in die Luft geblasen werden.

Dabei soll und wird nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern exakt ausgeblendet, dass und welche gesundheitlichen Risiken mit dem unbegrenzten „Weiter- so an Dieselfahrzeugen“, verbunden sind.

Dabei hat das Leipziger Bundesverwaltungsgericht mit den nunmehr möglichen Fahrverboten, nicht das Abschaffen aller Diesel- Fahrzeuge verfügt, sondern einen Lösungsversuch aufgezeigt, der es den Städten selbst ermöglicht, in unseren Städten für saubere Luft zu sorgen. Aber dies hat ja heute schon Erwähnung gefunden.

Gemessen mit gesunden Menschenverstand kann auch ihnen nun wirklich nicht entgangen sein, dass die hauptsächlich von Diesel-PKW ausgestoßenen Stickoxide ungesund sind!

Meine Ausführungen speisen sich aus Quellen und Studien vom BUND, dem Umweltbundesamt, engagierten Ärzten und Forschungsstudien zum Thema.

Stickstoffdioxid ist ein ätzendes Reizgas, das die Schleimhäute im gesamten Atembereich angreift und schädigt und dass die Augen reizt. Es dringt tief in die Lunge ein und löst Entzündungsreaktionen aus, schädigt das Lungengewebe. Besonders gefährdet sind bereits an Asthma Erkrankte und Kinder.

Bereits geringe Mengen Stickstoffdioxid eingeatmet, führen zu gravierenden Behinderungen des Lungenwachstumes eines Kindes. Chronische Lungenkrankheiten können eine langfristige Folge sein.

Wissenschaftliche Studien weisen nach, dass eine zu hohe Konzentration an Stickoxiden in der eingeatmeten Luft zu einem höheren Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen führen. Wer dauerhaft schlechte Luft einatmen muss, hat ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko.

Ein Team der Universität von Edinburgh wertete über 90 Studien aus 28 Ländern aus. Dabei ermittelte das Team Tageswerte für Kohlenmonoxid, Sickstoffdioxid, Schwefeldioxid und Ozon sowie Feinstaubpartikel in der Größe unter 2,5 Mikrometer bzw. unter zehn Mikrometer.

Insgesamt wurden in diesen Studien 6,2 Millionen Krankenhauseinweisungen mit der Diagnose Schlaganfall sowie Todesfälle durch Schlaganfall registriert.

Stieg die Konzentration von Kohlenmonoxid um 1 Teil pro Million, nahm die Zahl der Schlaganfall-Krankenhauseinweisungen und -Todesfälle um rund 1,5 % zu. Eine um 10 Teile pro Milliarde höhere Stickstoffdioxid-Belastung war mit 1,4 % mehr Schlaganfällen verbunden, eine gleichermaßen erhöhte Schwefeldioxid-Konzentration mit 1,9 Prozent.

Der Zusammenhang mit den Ozon-Werten war deutlich schwächer. Beim Feinstaub waren jene Partikel unter 2,5 Mikrometer stärker mit einem Schlaganfall-Risiko verbunden, als die Partikel unter 10 Mikrometer. Die verschmutzte Luft führt zu einer Verengung der Blutgefäße, erhöht damit den Blutdruck und das Risiko für Blutgerinnsel steigt. Das ARD-Magazin „Report Mainz“ berichtete aktuell über eine noch unveröffentlichte Studie des Umweltbundesamtes, die auch Stickoxid-Konzentrationen unterhalb der Grenzwerte als gefährlich für die Gesundheit des Menschen ansieht.

Danach können selbst Stickstoffdioxid-Werte unterhalb des 40 Mikrogramm-Grenzwertes – wie z.B. in ländlichen Gebieten gegeben- gravierende gesundheitliche Folgen haben. Laut der schon seit Mai 2017 vorliegenden Studie sollen vorzeitige Todesfälle bereits ab einer längeren Stickstoffdioxid-Konzentration von rund 10 Mikrogramm je Kubikmeter auftreten.

Entsprechend der Studienergebnisse seien 6-8 Tausend vorzeitige Todesfälle pro Jahr allein auf Herz-Kreislauferkrankungen zurückzuführen, die durch Stickstoffdioxid ausgelöst wurden.

Dieselfahrzeuge sind die Hauptquelle für Stickoxide in unseren Städten.

Mit 64 % ist der lokale Kraftfahrzeugverkehr der größte Verursacher von Stickoxidemissionen in unseren Innenstädten, weitere 21 % sind durch einen Transport aus größerer Entfernung bedingt, sieben Prozent durch Gebäudeheizung und lediglich 3 % durch die Industrie.

Maßnahmen zur Minderung der innerstädtischen Stickstoffdioxid-Konzentration müssen daher hauptsächlich beim Kraftfahrzeugverkehr ansetzen.

Bei den Kraftfahrzeugen sind die Diesel-PKW mit 67 % mit Abstand die größten Verschmutzer. Nutzfahrzeuge, also z.B. LKW erzeugen etwa ein Fünftel, Busse fünf % und Mopeds 2 %. Weitere PKW (Benziner und Hybrid) verursachen vier % des Stickstoffdioxid-Ausstoßes.

Das sind belegbare Gründe dafür, dass sich die EU veranlasst sah, europaweit Grenzwerte für diese Schadstoffe festzulegen.

In der EU-Richtlinie 2008/50/EG – in deutsches Recht mit der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung umgesetzt- ist für den Schutz der menschlichen Gesundheit ein Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel festgelegt, der seit 2010 einzuhalten ist.

59 % der städtischen verkehrsnahen Luftmessstationen registrierten in 2016 Überschreitungen dieses Jahresgrenzwertes. In städtischen Hintergrundmessstellen wurden keine Grenzwertüberschreitungen festgestellt. Diese 59% sollten genug Grund zum Handeln liefern.

Hauptaugenmerk muss daraufgelegt werden, dass nicht noch mehr schmutzige Dieselfahrzeuge auf unsere Straßen kommen. Fahrzeuge also, die im Realbetrieb die gesetzlichen Grenzwerte nicht einhalten. Und dass nun selbst neue Diesel-PKW diese gesetzlichen Stickstoffdioxid-Grenzwerte nicht einhalten, das ist der eigentliche Skandal. Dafür sind gleichermaßen Autoindustrie und Bundesregierung verantwortlich.

Dass Bürgerinnen sich, eventuell im guten Glauben eine „relativ grüne“ Kaufentscheidung getroffen zu haben, getäuscht wurden und dies nun ausbaden müssen, ist ebenso skandalös wie ungerecht. Der schwarze Peter liegt hier bei der Industrie, sie muss dafür Sorge tragen, dass betroffene Fahrzeuge nachgerüstet, nachgebessert werden und damit dann die geforderten Grenzwerte in allen Betriebszuständen einhalten.

Hier gehört der Aufschrei hin: die Fertigung und der Verkauf dieser nach wie vor schmutzigen Diesel-Neuwagen muss gestoppt werden.

Hierzulande wird der niedrigere Grenzwert immer wieder überschritten. Der Luftqualitätsbericht der Europäischen- Umwelt- Behörde (EEA) zeigt, dass es im europäischen Vergleich um Deutschland am schlechtesten steht. Hier wurden die höchsten Werte im Jahresschnitt von allen 28 EU-Ländern gemessen.

Es ist gut und richtig so, dass Kommunen ohne bundeseinheitliche Gesetzgebung jetzt selbst und in den akuten Situationen tätig werden können. Darüber hinaus, können und müssen diese Prozesse weiter unterstützt und begleitet werden, deshalb plädieren wir zusätzlich für die Einführung einer Blauen Plakette mit konkreten Festsetzungen und einer regelmäßigen Kontrolle der Einhaltung dieser Festsetzungen.

Und mal noch so nebenbei, worin liegt denn eigentlich der Unterschied im Gesundheitsschutz bei Deponien und Ortsumfahrungen im Vergleich zu Schadstoffen durch Dieselfahrzeuge? Für ersteres schwingen sie sich zu einzig wahren Kämpfern auf und hier verschließen sie sich gegenüber wissenschaftlichen Fakten. Das verstehe wer will, ich, wir jedenfalls nicht!