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Dagmar Zoschke zu TOP 16: Werkstätten für Menschen mit Behinderungen bevorzugt berücksichtigen

Im Bericht der Bundesregierung zur Lage behinderter Menschen aus dem Jahr 2009 finden wir, dass es zurzeit bundesweit  ca. 700 Werkstätten für Menschen mit Behinderungen mit über 275.000 Plätzen gibt. Diese Werkstätten leisten seit vielen Jahren einen nicht hoch genug zu wertenden Anteil für die Entwicklung vieler Werkstattbeschäftigten und ihrer Familien.

Und sie erfüllen unter ihrem Dach vielfältige Arbeitsaufträge: Näharbeiten, Fertigungen von Kleinteilen für Zulieferer, Verpackungsarbeiten, Arbeiten in der Grünpflege, Druckereileistungen und Reparaturen. Sie betreiben unter ihrem Dach Fahrradwerkstätten, Holzwerkstätten, Elektrowerkstätten, Wäschereien und vieles mehr. In vielen Fällen sind die Werkstätten auch Bindeglied zwischen der Gemeinschaft und einzelnen Familien.

Wer von ihnen bereits eine Werkstatt für behinderte Menschen besucht hat, weiß um den Arbeitsauftrag, den Arbeitsalltag, die Fülle und Qualität der hier geleisteten Arbeit, die Schwierigkeiten der Träger Arbeitsaufträge für die Werkstätten zu erhalten und zu sichern und auch von so mancher Überbelegung.

Werkstätten erfüllen nicht nur einen alleinigen wirtschaftlichen Auftrag, sie folgen einem sogenannten ganzheitlichen Eingliederungsauftrag. Sie erbringen pädagogische, therapeutische, pflegerische, soziale und andere Leistungen, damit Werkstattbeschäftigte ihren Weg ins Arbeitsleben finden können.

So ist das Ergebnis dieser Eingliederungsleistung Teilhabe am beruflichen Leben und an dem der Gemeinschaft. Damit erweisen sich Werkstätten nicht nur als Arbeitsort wichtig, sondern auch als Teil eines von uns allen gewollten Inklusionsprozesses. Die Zielrichtig bleibt: allgemeiner Arbeitsmarkt.

Übrigens finden wir auch im „Nationalen Aktionsplan“ der Bundesregierung zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ein eigenes Kapitel: 3.1.4. Werkstätten für behinderte Menschen. Ich darf zitieren: „ Anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen sind nach dem geltenden Recht bei Aufträgen der öffentlichen Hand bevorzugt zu berücksichtigen. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, die derzeit noch unterschiedlichen     Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder     bei der Vergabe von Aufträgen durch eine einheitliche Regelung zu ersetzen, die für alle öffentlichen Auftraggeber gilt.“

Sie finden dies auf der Seite 39 des Nationalen Aktionsplanes und werden feststellen, dass der letzte Satz ganz fett gedruckt ist.

Dies erleichtert doch unser aller Entscheidung zu diesem Thema enorm. Die Bundesregierung selbst stellt sich dieser Aufgabe, wir wollen sie lediglich gemeinsam erinnern. Das eröffnet doch auch ihnen aus den Koalitionsfraktionen die Zustimmung zu diesem Antrag.

Auch zukünftig werden wir Werkstätten für Menschen mit Behinderungen benötigen, denn nicht für jeden Werkstattbeschäftigten wird eine Beschäftigung auf dem allgemeinen  Arbeitsmarkt erklärtes Ziel sein, viele von ihnen werden den Schutzraum Werkstatt für immer benötigen. Dafür brauchen wir Arbeitsaufträge für die Werkstätten. Dazu benötigen Werkstätten auch gesicherte Aufträge der öffentlichen Hand.

In der Anhörung des Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft zum Thema „Vergabegesetz des Landes Sachsen-Anhalt“  am 1. März diesen Jahres  ist von einigen Vortragenden auch auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, im diesem Gesetz auf alle Fälle auch Regelungen für die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen zu verankern. Auch die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderten Menschen in Sachsen-Anhalt hat in der Anhörung die Aufnahme der Werkstätten in das Vergabegesetz gefordert.

Mit dem vorliegenden Antrag kämen wir dieser Forderung nach. Und für unsere Fraktion kann ich Zustimmung signalisieren.

Allerdings denke ich, dass wir uns zugleich auch dafür einsetzen sollten, in den Werkstätten gleiche Arbeitnehmerrechte für die Werkstattbeschäftigten wie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erreichen. Dies beginnt bei einem ordentlichen Arbeitsvertrag und gilt auch für angemessene Entgelte.

Der uns vorliegende Antrag soll die Bundesregierung lediglich daran erinnern, dass seit dem Inkrafttretens des Sozialgesetzbuches IX – und  dies war immerhin am 1. Juli 2001- eine Aufgabe noch zu erfüllen ist, nämlich allgemeine Verwaltungsvorschriften zu erlassen, die es der öffentlichen Hand ermöglichen, Aufträge an anerkannte Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, soweit sie diese erfüllen können, bevorzugt zu vergeben.

Vielleicht sollten wir auch in Erwägung ziehen, bis zur Verabschiedung von bundesweiten Verwaltungsvorschriften ähnlich wie Nordrhein-Westfalen eine eigene „Bevorzugtenrichtlinie“ für Sachsen- Anhalt zu erlassen, damit für die öffentliche Hand in dieser Frage Klarheit herrscht.

Wir stimmen diesem Antrag zu.