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Dagmar Zoschke zu TOP 04: Die Vision einer inklusiven Gesellschaft – Einrichtung einer zentralen Koordinationsinstanz (Focal Point) zur Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention

Der erste Teil des Titels dieses Antrages spannt den thematischen Bogen so weit, dass man geneigt ist, einen Exkurs über den - in den letzten zwei/drei Jahren fast inflationär verwendeten - Begriff Inklusion zu beginnen. Ja, auch wir haben die Vision einer inklusiven Gesellschaft, einer Gesellschaft, in der jeder Mensch unabhängig von seiner Herkunft, seinem Geschlecht oder seinen speziellen körperlichen oder geistigen Eigenheiten willkommen und dazugehörig ist; in der jeder Mensch gleiche Chancen zur Entwicklung und Teilhabe hat. Darüber, was zu tun ist, besonders was in unserem Land zu tun ist, um diese Vision mit Leben zu erfüllen, sollten wir ein anderes Mal gesondert und in aller notwendigen Tiefe diskutieren. Dazu reicht ein „Focal Point“ wohl auch nicht aus.

Im heute vorliegenden Antrag geht es ja wohl vor allem um einen von vielen erforderlichen Schritten zu dieser Gesellschaft. Es geht um einen Teilbereich der Inklusion, um die Inklusion der Menschen mit Behinderung. Die Menschen mit Behinderung haben sich mit der UN- Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) eine gewichtige Grundlage für diesen Prozess erkämpft. Bisher haben 109 Staaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, dieses Dokument der Vereinten Nationen ratifiziert und damit zu geltendem Recht gemacht. Dem müssen wir alle Rechnung tragen.

Der Landtag hat sich mehrfach mit dem Inhalt, der Bedeutung und Fragen der Umsetzung der UN-BRK befasst. Ihr Anliegen, die Menschenrechte der Menschen mit Behinderung umfassend zu verwirklichen, geht alle an und es muss sich endlich in einem Landesaktionsplan mit konkreten Maßnahmen widerspiegeln.

Wir wissen, der Landesaktionsplan ist in Arbeit. Wir wissen aber auch, dass hauptsächlich das Sozialministerium den Hut auf hat. Aber die UN-BRK ist für alle Ressorts relevant und demzufolge sind alle für deren Umsetzung zuständig.

Insofern unterstützen wir den Ansatz des Antrages. Eine direkte Verantwortung des Ministerpräsidenten bzw. einer Instanz direkt bei ihm kann da hilfreich sein.

Allerdings: Wenn es Anliegen aller sein soll, birgt eine solche gesonderte staatliche Instanz möglicherweise die Gefahr, dass die Verantwortung nur auf diese abgewälzt wird und alle anderen Ressorts sich auf sie verlassen. Dem gilt es vorzubeugen.

In der Begründung wird ausgeführt, welche Aufgaben die zu schaffende staatliche Instanz, der „Focal Point“, erfüllen soll. An dieser Stelle die dringende Bitte: nennen wir das „Ding“ nicht „Focal Point“. Wir wollen uns um Barrierefreiheit auch in der Sprache bemühen, warum dann dieser englische Begriff, für den ich allein im Wörterbuch auch noch mindestens 7 verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten gefunden habe? Nennen wir es doch Zentrum oder Anlaufstelle.

Die im Antrag geforderte Anlaufstelle soll zur Umsetzung des vom Sozialministerium vorgelegten Aktionsplanes dienen. Wir meinen aber, dass zunächst einmal unser aller Augenmerk darauf gerichtet werden muss, diesen Entwurf tatsächlich zu einem Aktionsplan – also einem Maßnahmeplan - zu machen. Denn Maßnahmen sind dort noch gar nicht enthalten. Hierzu sollten alle Ressorts vor allem aufgefordert werden. Und es müssen dabei Formen der Zusammenarbeit zwischen den Landesbehörden und den Verbänden und Interessenvertretungen bestimmt und realisiert werden, damit in allen Phasen und bei allen Themen die Betroffenensicht präsent ist.

Dem LBB und den am Runden Tisch vertretenen Verbänden wurde die erste Fassung schon mal vorgelegt und die Betroffenenverbände wurden zur Mitarbeit aufgefordert. In dieser Fassung sind aber überhaupt noch keine Maßnahmen enthalten. Es ist also vor allem Bestandsaufnahme und teilweise ein Problemaufriss.

Stellt sich die Frage, wie der Prozess der Erarbeitung eines konkreten Maßnahmeplanes in den jeweiligen Ministerien und nachgeordneten Behörden laufen soll? Sollen sie dann nur auf die Forderungen der Verbände reagieren oder erwarten wir von ihnen eigene Ideen und Angebote? Sind die verschiedenen Ressorts bereits eingestellt auf die entsprechenden Anforderungen bzgl. konkreter Maßnahmen und wie beziehen sie die Menschen mit Behinderung selbst mit ein?

Wir sollten die Kräfte vor allem darauf orientieren und mobilisieren, das Bewusstsein für die Problematik in alle Bevölkerungsteile, in alle Ressorts der Verwaltung zu tragen und die Gesellschaft für diese Riesenaufgabe der Schaffung einer inklusiven Gesellschaft zu sensibilisieren.

Wir würden einer Überweisung in die Ausschüsse – in alle außer Petitionen - zustimmen.